Das "Haus für den Film" am Frankfurter Museumsufer verdankt Hilmar Hoffmann nicht weniger als seine Existenz. Der 1970 zum neuen Kulturdezernenten der Stadt gewählte Filmhistoriker, zuvor Gründer der "Westdeutschen Kurzfilmtage" in Oberhausen, hatte am Main als eine seiner ersten Amtshandlungen das Kommunale Kino durchgesetzt, das 1971 eröffnet wurde.
Seinen Anspruch, das Kino den anderen Künsten gleichzustellen und deshalb mit öffentlichen Mitteln zu subventionieren, wusste Hilmar Hoffmann auch gegen Widerstand aus der Filmwirtschaft zu verfechten. Der Erfolg führte schließlich dazu, dass sich in der Bundesrepublik mehr als 150 Kinos in kommunaler Trägerschaft bildeten und am Frankfurter Vorbild orientierten. Und dabei blieb es nicht.
Bis zuletzt, bis zu seinem Buch "Generation Hitlerjugend" (2018), wollte Hilmar Hoffmann der auch manipulativen Kraft von Filmen auf den Grund gehen, die Strategien der Verführung durch bewegte Bilder analysieren und verstehen, was ihn als Jugendlichen am NS-Kino fasziniert hatte. Aus diesem Bedürfnis hatte er nach 1950 ein kulturpolitisches Programm entwickelt, das ihn zum Pionier der Filmkultur im Nachkriegsdeutschland werden ließ: es beruhte auf Vertrautheit mit der Filmgeschichte, Analyse von filmsprachlichen Ausdrucksmitteln, filmkultureller Vermittlung und Bildung.
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Nicht von ungefähr war eines der ersten neuen Häuser, die Hilmar Hoffmann dem CDU-Oberbürgermeister Walter Wallmann für ein künftiges Museumsufer nahelegte, ein "Haus für den Film". In seinem bahnbrechenden, bis heute vielzitierten Werk "Kultur für alle" (1979) hatte Hoffmann die Institution Museum als Bildungseinrichtung ohne gesellschaftliche Schranken definiert. Mit der Eröffnung des Deutschen Filmmuseums verwirklichte er 1984 gemeinsam mit Gründungsdirektor Walter Schobert schließlich eine neue institutionelle Form. Damit waren unter einem Dach versammelt: das Museum mit vielfältigen Ausstellungen, das Kino mit ambitioniertem Programm und das Deutsche Filminstitut mit herausragenden Archiven. 2006 sollte aus Dreien Eins werden.
Wann und wo auch immer Filmkultur unter Beschuss stand, meldete sich Hilmar Hoffmann zu Wort. Entschieden griff er ein, als seine Nachfolgerin Linda Reisch 1993 das Kommunale Kino schließen wollte, und orchestrierte dank seiner Beziehungen den nationalen und internationalen Protest. Kurzerhand gründete er einen Freundeskreis, sammelte Spenden und brachte eine Pressemitteilung zur Rettung des Kinos heraus, in der zu lesen stand: "Denn es wäre (...) eine Bankrotterklärung für die Kunst des 20. Jahrhunderts. Filmmuseum und Kommunales Kino, dessen Idee - zuerst in Frankfurt am Main realisiert - eine Signalwirkung für eine weitreichende Filmkultur in Deutschland und Europa hatten, sind beispielhafte Vorgriffe auf die Zukunft: als Präsenzbibliothek und Gedächtnis der filmischen Bilder und Töne."
Die Integration des Deutschen Filmmuseums samt seines Kommunalen Kinos in das Deutsche Filminstitut - DIF (2006) begleitete Hilmar Hoffmann als dessen Verwaltungsratsvorsitzender überaus aktiv. In der Folge unterstützte er Claudia Dillmann, bis Herbst 2017 Direktorin des DIF, darin, den kompletten Umbau des Hauses zu finanzieren. Im August 2011 konnte sein rundum erneuertes "Haus für den Film" im Beisein des damaligen Kulturstaatsministers Bernd Neumann und zahlreicher prominenter Filmschaffender strahlend wiedereröffnet werden. DIF-Vorstand Nikolaus Hensel erinnert an die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Verwaltungsratsvorsitzenden Hilmar Hoffmann und ihm als Vorstand des Instituts: "Ich werde ihn vermissen. Frankfurt verliert mit ihm einen Kulturpolitiker und Menschen von außergewöhnlichem Format."
Die neue Direktorin des Deutschen Filminstituts, Ellen Harrington, hatte kurz nach ihrem Amtsantritt im Januar dieses Jahres Hilmar Hoffmann zu Hause besucht. Ellen Harrington: "Ich habe größten Respekt vor den Leistungen dieses Mannes; seine visionären kulturpolitischen Ideen haben dazu geführt, dass Frankfurt international als Standort für Filmkultur und -bildung bekannt ist. Hilmar Hoffmanns Tod ist ein ausgesprochen schwerer Verlust für die deutsche Filmkultur. Er wird mir wie auch dem gesamten Team des Deutschen Filminstituts - DIF sehr fehlen."
Quelle: www.deutsches-filminstitut.de