Die Kurzfilmtage Oberhausen zeigen drei Auftragsarbeiten internationaler Künstler

Die 60. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen (01.-06.05.2014) konnten drei international renommierte Künstler bzw. Künstlerduos gewinnen, im Rahmen des Themenprogramms "Memories Can’t Wait – Film without Film" jeweils eine Arbeit eigens für das Festival zu produzieren. 

Somit entstanden "Negative Inspection" von Tobias Putrih, "Museum of Loneliness Presents Lee Harvey Oswald’s Last Dream" von Chris Petit (mit Emma Matthews) sowie "Stations of Light" des Künstlerduos Sandra Gibson und Luis Recoder.

Mit insgesamt über 30 historischen und neuen Arbeiten untersucht das von Mika Taanila kuratierte Themenprogramm, was ohne das Schlüsselelement der Bewegtbildprojektion im und mit dem Kinoraum geschieht.

Der narrative Rahmen dieses Projekts sind die Ereignisse des 22. November 1963 in Dallas, insbesondere die Bewegungen von Lee Harvey Oswald kurz nach seiner Flucht vom Schauplatz der Ermordung des Präsidenten; er soll danach einen Polizisten erschossen und sich in einem Kino versteckt haben, in dem gerade eine Doppelvorstellung lief: "Cry of Battle“ und "War Is Hell“. In diesem Kino wurde Oswald schließlich verhaftet. Chris Petit und Emma Matthews stellen mit Hilfe von Überwachungstechnologie eine post-kinematische Erfahrung für das Publikum von heute her und kehren die Kinoerfahrung um: Infrarottechnologie und eine eigens produzierte Soundcollage wirken zusammen in einem Werk, das Ton projiziert und dem Publikum sein eigenes Bild auf der Leinwand zeigt – und an jeder Stelle die Zuschauer zur Reaktion herausfordert.

Chris Petit ist ein Filmemacher, Journalist, Kritiker und Schriftsteller. Nachdem er zwischen 1973 und 1978 als Filmredakteur gearbeitet hatte, stellte er 1979 seinen Debutfilm "Radio On" vor, den er in Zusammenarbeit mit Wim Wenders schuf. Es folgten zahlreiche Filmarbeiten und Präsentationen auf internationalen Filmfestivals, darunter in New York, Osnabrück, San Francisco und Locarno.

Stations of Light ist eine ortsspezifische Filminstallation für zwei angrenzende Kinosäle, ein Publikum und eine Partitur für Cello und Elektronik. Das Publikum bewegt sich während der Vorstellung zwischen den Sälen hin- und her. Mika Taanila, der Kurator des gesamten Themenprogramms, hat die Auswahl der Filme übernommen, die das Rohmaterial für die Vorführung liefern – deren Titel aber weder den Künstlern noch dem Publikum verraten werden. Dieses Material wird live bearbeitet, indem es durch einen speziellen Refraktor geschickt wird, der sich genau in der Bahn des projizierten Lichts befindet. Dabei wird die "Black-Box“-Architektur des klassischen Filmtheaters durch aktive Zuschauerbeteiligung in Bewegung versetzt. Nachdem das Publikum zunächst eine Weile in einem Kinosaal zugebracht hat, wechselt es in einen wenige Meter weiter gelegenen zweiten Saal. Den Einsatz für diesen Kinogang gibt ein Musiker, der das Publikum im Dunkeln von Saal zu Saal geleiten wird. Die gesamte Performance wird von einer Komposition von Douglas J. Cuomo begleitet, die für die Kurzfilmtage von dem Cellisten Dirk Wietheger eingespielt wird.

Sandra Gibson und Luis Recoder zeigen seit 2001 ihre gemeinsamen Filminstallationen und Performances auf Festivals, in Museen und Galerien auf der ganzen Welt. Darunter sind das Whitney Museum of American Art (NYC), das Images Festival (Toronto, Canada), das International Film Festival Rotterdam (Niederlande), der Hartware MedienKunstVerein (Dortmund, Deutschland), La Casa Encendida (Madrid, Spanien), das Youkobo Art Space (Tokyo, Japan), das Östereichische Filmmuseum (Wien) sowie das Image Forum Festival (Yokohama & Kanazawa, Japan).

In seiner Arbeit "Negative Inspection" spielt Tobias Putrih mit den Erwartungen des Kinopublikums an eine Filmvorführung. Negative Inspection besteht aus einer Reihe von Einstellungen, in denen eine Kamera einer Gruppe von Personen vom reinen Weiß eines schneebedeckten Hangs ins schwarze Dunkel einer Höhle folgt. Dort stoppt die Filmprojektion, doch geht das Licht im Auditorium nicht an. Der fragmentarische, in der Höhle aufgezeichnete Sound bleibt im Dunkel des Zuschauerraums zurück…

Tobias Putrih wurde 1972 in Slowenien geboren, studierte an den Kunstakademien Düsseldorf und Ljubljana und lebt und arbeitet in Cambridge, Massachusetts, und Ljubljana, Slowenien. Seine Arbeiten sind unter anderem im Museum of Modern Art, im Centre Georges Pompidou in Paris und im MACBA in Barcelona zu sehen. 2002 wurde er mit dem Preis der Vordemberge-Gildewart Stiftung ausgezeichnet.

Alle drei Projekte werden von der Kunststiftung NRW gefördert.

Quelle: www.kurzfilmtage.de