Das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt am Main präsentiert vom 14. November bis zum 28. April in Zusammenarbeit mit der Academy of Motion Picture Arts and Science, Los Angeles, die Ausstellung "And the Oscar® goes to... – 85 Jahre Bester Film".
Herausragende Exponate beherbergen die Archive der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in unglaublicher Fülle: Tausende Kostümentwürfe, Produktionsskizzen, Storyboards, Casting-Kommentare, Original-Plakate, Drehbücher, Briefe und nicht zuletzt Millionen von Fotos. Für die Ausstellung "And the Oscar® goes to... - 85 Jahre Bester Film" im Deutschen Filmmuseum hat die Academy erstmals ihre Archive großzügig geöffnet und gestattet dem Frankfurter Haus für den Film die weltweit erste umfangreiche Schau zum Thema Oscar®. Die Ausstellung untersucht die enorme Bedeutung der faszinierenden Trophäe, und sie stellt die Academy als Institution hinter den goldenen Statuetten vor. Im Fokus steht dabei die Kategorie "Bester Film" - die einzige, in der alle rund 6000 Academy-Mitglieder über Nominierung wie Gewinner entscheiden. Besucher der Schau finden hier interessante Hintergrundinformationen rund um das Phänomen Oscar® und Exponate zu den fast 500 Filmen, die seit Gründung der Academy 1927 in der Königskategorie nominiert wurden.
Ein Glanzstück der Ausstellung ist beispielsweise ein Kostümentwurf für Marlene Dietrich in ihrer späten Paraderolle als mysteriöse Zeugin der Anklage im US-Film "Witness For the Prosecution" (1957, R: Billy Wilder). Die Kostümdesignerin und achtmalige Oscar®-Gewinnerin Edith Head sah Marlene lange vor dem Publikum in dieser Rolle, denn sie entwarf das berühmte Kostüm, in dem die Zeugin später vor Gericht auftreten würde. Mit elegantem Schwung legte sie die schmale Linie des strengen, und doch die Kurven betonenden Kleidungsstücks fest und notierte dazu: "Marlene likes this one very much". Theadora Van Runkles Design für Faye Dunaways Outfit als verbrecherische Bonnie in Arthur Penns "Bonnie and Clyde" von 1967 beschwört ganz ähnlich intensive Filmbilder herauf - wie auch Richard Days Szenenbildentwurf zu Elia Kazans "On the Waterfront" von 1954. Beim Blick darauf erwartet man unwillkürlich, gleich das jugendlich-schöne Gesicht Marlon Brandos zu sehen.
Schirmherr der Ausstellung "And the Oscar® goes to... - 85 Jahre Bester Film" ist der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland, Philip D. Murphy. "Das ist eine große Ehre für das Deutsche Filmmuseum", sagte Direktorin Claudia Dillmann. Unter den Exponaten seien viele herausragende Dokumente: "Wir sind der Academy ausgesprochen dankbar, dass sie sie uns so großzügig zur Verfügung stellt", betonte Dillmann: "Besonders freuen wir uns natürlich, dass wir zehn Original-Oscar®-Statuetten, von Stars wie Bette Davis, Billy Wilder und John Huston nach Frankfurt holen."
Viele Hollywood-Schauspieler heben immer wieder hervor, dass schon die Nominierung durch die Kollegen aus der Filmbranche eine große Ehre sei. Der Gewinn der Trophäe sei dann die höchste Auszeichnung. So sagte Karl Malden, der einen Oscar® für seine Rolle in "A Streetcar Named Desire" (USA 1951, R: Elia Kazan) bekam: "Es ist ein unvergleichlicher Thrill, wenn deine Leistung von den Kollegen der Filmbranche anerkannt wird."
Seit 1982 wird einige Wochen vor der Verleihung zum alljährlichen Nominierten-Lunch eingeladen. Abseits der Hysterie der Verleihung erhalten die Teilnehmer hier in festlich-kollegialer Atmosphäre ihre offiziellen Nominierten-Zertifikate. Eine Party, auf der sich die Filmkunst selbst feiert. Steven Spielberg schwärmte: "Es war wunderbar. Sie gaben dir das Gefühl, dass alle Nominierten Gewinner sind, und so sollte es auch sein."
Die herausragenden Exponate in der Ausstellung stammen fast alle aus der Margaret Herrick Library der Academy, die Sammlungen unzähliger Oscar®-Gewinner und -Nominierten bewahrt: Alfred Hitchcock, John Huston, George Stevens, Fred Zinnemann, George Cukor, Sam Peckinpah, Sydney Pollack, Mary Pickford, Gregory Peck, Katharine Hepburn und Steve McQueen sind nur einige darunter. Die wunderbaren Dokumente, Entwürfe und Bilder gewähren Einsichten in die Welt des Filmemachens, das ja immer ein kollektiver Prozess unter Beteiligung unzähliger Kreativer ist. Sie laden ein zu einem Blick über die Schulter dieser Handwerker und Künstler und geben Hinweise darauf, wie ein Film wirklich entsteht, vom ersten Konzept bis zum finalen Kunstwerk.
Zu bestaunen ist etwa, wie der Designer Saul Bass den Vorspann von "West Side Story" (USA 1961, R: Jerome Robbins, Robert Wise) auf einem Storyboard in 24 liebevoll gemalten Szenen Bild für Bild ersann. Man kann nachvollziehen, wie der stotternde König George VI. von England aus "The King's Speech" (GB/USA 2010, R: Tom Hooper) sich vor seiner Ansprache ans Volk fühlen muss: Die Szenenbildnerin Eve Stewart hat ihre klaustrophobisch anmutende Produktionsskizze mit Kommentaren versehen, die seine Emotionen widerspiegeln - "The weight of the world", "Duty", "God". Anrührend ist der handgeschriebene Brief von Audrey Hepburn an George Cukor, in dem sie deutlich macht, wie sehr sie sich auf die Rolle in seinem Film "My Fair Lady" (USA 1963) freut - und ihm ganz nebenbei abtrotzt, dabei ihren eigenen Schuhmacher beschäftigen zu dürfen.
Die Ausstellung unternimmt eine Zeitreise durch die ersten 85 Jahre der Oscar®-Verleihung und erinnert an alle Filme, die je in der Kategorie "Bester Film" nominiert wurden. Jedes Verleihungsjahr wird auf einer Zeitleiste gewürdigt. Hier erfahren die Besucher, welche Filme in jedem Jahr nominiert waren und welcher zum "Besten Film" wurde. Highlight ist jeweils ein Exponat aus dem Produktionsprozess eines der nominierten Filme sowie ein Ausschnitt von der Verleihung.
Neun Themenblöcke, jeweils gekrönt von einer Oscar®-Statue runden die Schau ab, darunter: "Oscars® vergessene Filme", "Oscars® Rekorde", "Oscar® im Krieg", "Oscars® Wirkung" und "Oscars® Show". Hier tauchen die Besucher in die Geschichte der Academy ein, erhalten Einblick in die erste Oscar®-Verleihung von 1929 oder lesen ein Schreiben, in dem Gary Cooper die Zahlung seiner Mitgliedsgebühr erwähnt. Jener blamierte sich Jahre später, als er prophezeite, "Gone With the Wind" (R: Victor Fleming), der spätere Oscar®-Gewinner von 1939, würde der "größte Flop der Geschichte" werden und noch mehr, als er ergänzte: "Ich bin nur froh, dass Clark Gable auf die Schnauze fällt und nicht ich."
Welche Bedeutung der Oscar® für Filmschaffende hat, dokumentieren viele Zitate der Geehrten. "Es ist, als wenn man die Super Bowl gewonnen hätte - Dein Name ist mit den Großen der Filmgeschichte verbunden", schwärmte etwa Mark Johnson, Produzent von "Rain Man" (USA 1988, R: Barry Levinson). Und der Schauspieler Javier Bardem bekannte: "Es ist, als ob deine Kollegen dir um den Hals fallen, und dir sagen: Mach' weiter so!"
Eine Filmreihe mit wertvollen restaurierten Kopien bedeutender Oscar®-Filme, die in dieser Qualität selten zu sehen sind, begleitet die Schau. Acht Filmkopien stammen direkt aus dem Academy Film Archive, darunter "All About Eve" (USA 1950, R: Joseph L. Mankiewicz), "All the King's Men" (USA 1949, R: Robert Rossen), "Oliver!" (GB 1968, R: Carol Reed) sowie der kaum gezeigte "Cavalcade" (USA 1933, R: Frank Lloyd). In Aussicht gestellt hat die Academy den Verleih von zwei herausragend restaurierten 70mm-Kopien: "The Sound of Music" (USA 1965, R: Robert Wise) und "Patton" (USA 1970, R: Franklin J. Schaffner). In einer Veranstaltungsreihe zur Ausstellung sprechen deutsche Filmschaffende über ihren Oscar®-Gewinn und seine Wirkung auf ihre Karriere. Ein umfangreicher Katalog mit Texten namhafter Autoren rund um den Oscar® und zahlreichen Fotos ergänzt das Angebot zur Schau.
Die Ausstellung wirft außerdem einen Blick auf die 85. Oscar®-Verleihung im Februar 2013. Sobald im Januar die Nominierten feststehen, organisiert das Deutsche Filmmuseum daher eine "Oscar®-Poll" und lädt alle Filmfreunde zum Tippen ein: Welcher Film wird im Jahr 2013 Bester Film? Dazu gehört natürlich auch eine lange Oscar®-Nacht am Sonntag, 24. Februar, wenn die Verleihung der Academy Awards im Dolby Theatre in Hollywood über die Bühne geht und es wieder heißt "And the Oscar® goes to...".
Die Arbeit der Kuratoren Jessica Niebel und Michael Kinzer hat die Academy of Motion Picture Arts and Sciences so überzeugt, dass sie die einmalige Ausstellung im kommenden Sommer dann auch selbst in Los Angeles zeigen will - als Vorgeschmack auf das geplante Museum der Academy, das derzeit auf dem Campus des Los Angeles County Museum of Art entsteht.