Wir können nicht anders

Deutschland 2019/2020 Spielfilm

Inhalt

Bei einem Ausflug nach Berlin lernt der Frankfurter Juniorprofessor Samuel die lebenslustige Edda kennen. Es funkt auf Anhieb, und nach einer romantischen Liebesnacht in Samuels Wohnmobil brechen die beiden zu einem Trip in die brandenburgische Provinz auf. Eigentlich wollen sie dort in Eddas Heimatort Friedberg ihren Vater besuchen. Doch unglücklicherweise werden sie unterwegs Zeugen, als der Provinzgangster Herrmann einen Verehrer seiner Freundin Katja umbringen will. Zwar kann Samuel den Mord vereiteln, wird aber von Herrmann entdeckt und muss fliehen. Unterdessen sucht Edda Hilfe bei einem alten Schulfreund, der inzwischen Polizist ist - doch anstatt ihr zu helfen, wird er zudringlich – in Notwehr schießt sie auf ihn und sucht das Weite. So nimmt für das frischverliebte Paar Edda und Samuel eine wilde Jagd durch die brandenburgische Provinz ihren Lauf.

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Heinz17herne
Heinz17herne
Aus dem Off erklingt die Stimme des Filmemachers Detlev Buck – und damit, wie sich freilich erst später herausstellt, die des Friedberger Bürgermeisters Siggi Köhler. Er erklärt, dass es sich bei der jungen Frau, die heulend in einer Berliner Bar hockt, um seine Tochter Edda handelt. Die offenbar vergeblich versucht hat, in der Stadt klarzukommen – gegen seinen Rat versteht sich. Edda lädt ihren Tresen-Nachbarn zum Wettkampf ein: wer leert zuerst fünf Wodka-Pinnchen? Der Verlierer zahlt. Es ist Sam, ein offenbar noch kindlich-naiver Literatur-Juniorprofessor aus Frankfurt, der sich von Edda gern anmachen lässt. Nach einer gemeinsam verbrachten Nacht in seinem Camper kann sie ihn dazu bringen, statt direkt an die Oder zu fahren einen kleinen Umweg ins Brandenburgische zu unternehmen, wo Edda nach längerer Zeit ihre Eltern besuchen möchte: der Geburtstag ihres Vaters steht bevor und wenig später auch das Weihnachtsfest. Beim Knutschen an einer roten Baustellenampel werden sie von einem SUV-Proll angemacht, dem sie noch mehrfach begegnen werden – als Wolf, Mitglied einer ganz speziellen Feuerwehr-Brigade.

Zunächst aber, die letzte Nacht hat beide auf den Geschmack gebracht, geht’s ins nächstgelegene Waldstück. Ein markerschütternder Hilfsschrei veranlasst Sam, sein Fahrzeug zu verlassen und er wird Zeuge, wie Herrmann Völkel zusammen mit seinen Kumpanen Thoralf, Steffen und Ronny einen vierten, vor ihn knieenden Mann erschießen will. Wozu es nicht kommt, da Sam entdeckt wird und zusammen mit dem Opfer auf einen Bauernhof fliehen kann: Rudi hatte es gewagt, mit der aufregend-exotischen, da nicht aus dieser Gegend stammenden Gattin des Bosses Herrmann, der superblonden Femme fatale Katja, welche im Pick Up ihres Mannes ungerührt auf den Ausgang der Racheaktion wartet, anzubandeln. Als Sam nicht zurückkehrt, verlässt auch Edda das Wohnmobil – und trifft auf einen früheren Klassenkameraden. Frank ist nicht an den Verbrechern sondern nur an Edda interessiert. Statt die Fahndung nach dem Quartett einzuleiten, beklagt er sich wortreich über sein hartes Schicksal als Dorfpolizist: „Auf vier Männer kommt hier eine Frau, findest du das fair?“. Edda widersetzt sich seinem Vergewaltigungsversuch, dabei löst sich aus der Pistole des Beamten ein Schuss, welcher Frank tödlich verwundet.

„Wer liebt, der kann nicht verlieren“: Rudi kommt vom Regen in die Traufe, denn der Hof stellt sich als Relikt eines stillgelegten Stahlwerkes heraus. Immerhin die Sauna funktioniert noch, Lieblings-Rückzugsort für Herrmanns schwerbewaffneten Vater Rainer, der dort einst gearbeitet hat und kurzerhand den Lover seiner Schwiegertochter unter Dampf setzt. Aber dann doch nichts dagegen hat, dass Sam diesen aus dem hölzernen Schwitzkasten erlöst. Weil Herrmann noch auf der Liege bei der Ärztin und Voodoo-Priesterin Dr. Ojewolo liegt zur Bluttransfusion für seinen Kumpel Steffen, kommt die „Brigade“ zu spät zur Geburtstagsfete des im Rollstuhl sitzenden Bürgermeisters im Dorfgasthaus. Wo deren Boss erfährt, dass er sein 15 Hektar großes Bauland, mit dem er seinen insolventen Betrieb retten wollten, doch nicht an einen Logistikkonzern verkaufen kann, weil dieser sich für einen anderen Standort entschieden hat. Der Alkohol fließt reichlich und Rudi hat, aus Liebe zu Katja, seinen Nebenbuhler Wolf mit einem Degen durchbohrt, als Edda eintrifft, um nach „ihrem“ Professor zu suchen. Ihre Mutter Antje ist derweil beim „Eichhörnchen-Töter“ genannten Haselnuss-Schnaps angelangt und macht sich Gedanken übers Weihnachtsmenü daheim, zu dem traditionell deftiger Grünkohl gehört. Nach weiteren blutigen Auseinandersetzungen versammelt sich der ganze Ort zum Weihnachtsgottesdienst und aus dem Off ist Detlev Bucks Schlusskommentar zu hören: „Wir können auch anders, wenn wir wollen.“

Womit wir beim Vorläufer dieser vogelwilden deutschen „Fargo“-Version wären, Detlev Bucks Ossi-Ballade „Wir können auch anders“ mit Horst Krause und Joachim Król aus dem Jahr 1993, übrigens ein Jahr vor Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“ herausgekommen. Heimatfilm, Thriller, absurde Komik – das alles trifft wie beim Oscar-gekrönten Streifen der Coen-Brüder auch auf „Wir können nicht anders“ zu, einem Ende 2019 in Brandenburg gedrehten gut hundertminütigen Kinofilm, den die beiden Berliner Produktionsfirmen DCM und Bucket (Buck ohne Boje) coronabedingt nicht in die Kinos bekamen und daher im Dezember 2020 dem Streamingdienst Netflix überließen. Es besteht aber noch Hoffnung, dass der Film vor der im Winter 2021/22 geplanten ZDF-Ausstrahlung auf die große Kinoleinwand kommt.

Trotz des für Detlev Buck typischen lakonischen Wortwitzes und einer stimmigen Besetzung, etwa noch zu nennen „Rammstein“-Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz als Chorleiter, schleppt sich diese fürchterlich verwickelte Story „nach vielen wahren Begebenheiten“, wie es im Vorspann heißt, ohne eigentlichen Roten Faden dahin. Immerhin geht es dreißig Jahre nach der „Wende“ um ganz reale Ossi-Befindlichkeiten wie die des abgebauten Stahlarbeiters Rainer Völkel, der sich immer noch als Sozialist versteht, insbesondere wenn er sich über die Versuche seines Sohnes, sich als kleiner Kapitalist zu etablieren, mokiert. Herrmann ist ein Loser, einerseits. Andererseits hat er nicht Unrecht, wenn er dem Frankfurter Akademiker, Vorlesung mit Vorlesen verwechselnd, an den Kopf wirft: „Was, du kriegst fürs Vorlesen viereinhalbtausend Euro im Monat? Und ich reiß mir hier den Arsch auf und verschulde mich!“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Kamera

Steadicam

Standfotos

Titelgrafik

Kamera-Bühne

Set Dresser

Außenrequisite

Innenrequisite

Spezial-Maske

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Ton-Assistenz

Stunt-Koordination

Stunts

Sprecher

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Produktions-Koordination

Dreharbeiten

    • 19.11.2019 - 19.12.2019: Oderberg, Hohenfinow, Bralitz, Neuenhagen und Niederfinow
Länge:
102 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 15.10.2020, 201375, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Veröffentlichung (DE): 04.12.2020, Netflix

Titel

  • Originaltitel (DE) Wir können nicht anders
  • Arbeitstitel (DE) Hatz

Fassungen

Original

Länge:
102 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 15.10.2020, 201375, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Veröffentlichung (DE): 04.12.2020, Netflix