Inhalt
Die Freunde Benno und David leben in Aschleben, einer trostlosen Kleinstadt im Osten Deutschlands und träumen von einer besseren Zukunft. Der romantische David möchte Fotograf werden, während der Draufgänger Benno sich vornimmt, mit amerikanischen Autos zu handeln. Als sie eines Tages die Pfarrerstochter Anna kennen lernen, verlieben sich beide Freunde in die hübsche junge Frau. Anna entscheidet sich für Benno. Nach einer Schauspielausbildung in Berlin kehrt sie nach Aschleben zurück, wo ihr Freund Benno inzwischen einen Autohandel betreibt, allerdings ohne großen Erfolg. Der berufliche Frust lastet auf schwer auf der Beziehung des Paares. Die ständigen Streitereien führen schließlich dazu, dass Anna sich immer mehr dem sensiblen David zuwendet – und damit die Freundschaft zwischen Benno und David auf eine schwere Belastungsprobe stellt.
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Als Anna, die Tochter des neuen Pfarrers, in die Stadt zieht, ist es mit der beschaulichen Idylle vorbei. Zwar scheint sie sich für den draufgängerischen Benno entschieden zu haben, der nach Ableistung des Wehrdienstes eine Kfz-Werkstatt eröffnet und darauf hofft, Amischlitten verkaufen zu können. Aber so ganz geklärt ist das „Dreieck“ nie.
Denn David ist wie Anna, die in Berlin die Schauspielschule absolviert, ein eher musischer, vielfach interessierter Mensch, der von einer Karriere als Berufsfotograf träumt. Nach Ableistung des Zivildienstes in einer Vogelschutzwarte auf Rügen, wo ihn die beiden Freunde einmal für ein Wochenende besuchen und Anna Gelegenheit hat, einen „anderen“ David kennenzulernen, kommt er jedoch nur bei einem kleinen Fotogeschäft in Aschleben unter, das die „Wende“ denn auch nicht lange überlebt.
David ist arbeitslos. Hinzu kommt, dass sein Vater („Polizeiruf 110“-TV-Star Andreas Schmidt-Schaller) nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist und sein jüngerer, ebenfalls arbeitsloser Bruder in die Neonaziszene abdriftet. Reichlich viel auf einmal! Keine guten Voraussetzungen also, um bei Anna zu landen. Zumal Benno, der längst zum unausgesprochenen Rivalen geworden ist, mit dubiosen Autoschiebereien nach Polen materiell reüssiert.
Die innere „Wende“ im „Dreieck“ kann sich erst vollziehen, als David, inzwischen Fischverkäufer in einem Supermarkt und mit einer einfach gestrickten Kollegin von der Parfümabteilung liiert, für Benno einspringt und Anna zu einem Synchronstudio chauffiert. Dort stellt sich heraus, dass aus der erhofften Schauspielerkarriere nichts geworden ist: Anna muss sich in Ermangelung anderer Rollenangebote als Sprecherin in Pornostreifen verdingen. Und nun kommt die beste Szene des Films: David macht Anna „körperlich“ bewusst, dass sie sich für nichts zu schämen braucht – und beide kommen sich, endlich, nahe.
„Vergiss Amerika“ ist ein Ost-Film über zerbrochene Träume, ungestillte Lebenslust und dem scheinbar unerfüllbaren Wunsch, aus der Kleinstadt auszubrechen in die große weite Welt. Am Ende, als Benno ein Opfer seiner dunklen Machenschaften geworden ist, besteigen Anna und David unabhängig voneinander den gleichen Vorortzug nach irgendwo. Ein Neuanfang, so hat es jedenfalls den Anschein, ist doch noch möglich...
Vanessa Jopps Abschlussfilm an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), erntete bei der Uraufführung völlig zu Recht positive Kritiken, weil er nicht nur gängige Ost-West-Klischees bedient, sondern das Thema einer Freundschaft unter Jugendlichen in vielfältigen Facetten ausleuchtet.
Pitt Herrmann