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Nach "Verblendung" und "Verdammnis" ist "Vergebung" die Verfilmung des letzten Teils von Stieg Larssons "Millennium-Trilogie": Nachdem sie den Kampf gegen Zala knapp überlebt hat, wird Lisbeth Salander schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Aber auch Zala lebt noch, und sowohl er als auch der Geheimdienst möchten Lisbeth zum Schweigen bringen, koste es was es wolle. Denn die Verbindung zwischen Zala und der Regierung darf unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen. Zur gleichen Zeit setzt Mikael Blomkvist alles daran, Lisbeths Unschuld an den Morden an ihrem Vormund Niels Bjurman und zwei Journalisten zu beweisen. Dabei kommt er ganz allmählich den Geheimnissen von Lisbeths düsterer Vergangenheit auf die Spur – eine Vergangenheit, die gleichwohl der Schlüssel zum Beweis ihrer Unschuld sein könnte.
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Doch auch in der Stockholmer Klinik schwebt sie weiterhin in Gefahr. Denn auch Zala, ihr Vater Alexander Zalachenko, der seine Gattin mehrfach geschlagen und vergewaltigt hat und den Lisbeth – sozusagen in Notwehr – umbringen wollte, lebt noch. Der nach Schweden übergelaufene ehemalige sowjetische Spion scheint für die Behörden des Gastlandes so wichtig zu sein, dass eine geheime Organisation, die sich aus Angehörigen des schwedischen Geheimdienstes zusammensetzt, Lisbeth mundtot machen will – und dabei kein Mittel scheut.
Mikael Blomkvist setzt alles daran, Lisbeths Unschuld an den Morden an ihrem Vormund Niels Bjurman und zwei Journalisten zu beweisen. Denn die Verbrechen werden nach wie vor Lisbeth angelastet und Mikael, Redakteur des Magazins „Millennium“, dem schwedischen Pendant des deutschen „Spiegel“, weiß, dass es nur noch eine letzte Chance gibt, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Im Rahmen seiner Recherchen stößt Mikael auf immer mehr Details aus Lisbeths düsterer Vergangenheit, die sich allmählich vor seinen Augen Stück für Stück zu einem Puzzle zusammenfügen. Darin spielen mit Ronald Niedermann (Mikael Spreitz) ein 35-jähriger Deutscher, der sich als Halbbruder Lisbeths herausstellt, die zwielichtigen Geheimdienstleute Evert Gullberg und Frederic Clinton (Lennart Hjulström) ebenso gewichtige Rollen wie Peter Teleborian (Anders Ahlborn Rosendahl), der Leiter einer Psychiatrischen Klinik, in die Lisbeth nach ihrer zu erwartenden Verurteilung eingeliefert werden soll.
Währenddessen bereitet sich die inhaftierte Lisbeth zusammen mit ihrer Rechtsanwältin Annika Giannini, der hochschwangeren Schwester Mikaels, akribisch auf ihren Auftritt vor den Schranken des Gerichts und das Duell mit Staatsanwalt Richard Ekström (Niklas Hjulström) vor. Was sie nicht wissen kann: Ein mysteriöser Hacker, der sich Plague nennt (Thomas Köhler), leistet ihr wertvolle Schützenhilfe...
Kenner der beiden ersten Romane und/oder ihrer Verfilmungen werden begeistert sein und „Vergebung“ als tatsächlichen Höhepunkt der Trilogie ansehen, steuert Daniel Alfredsons Film über eines der ungewöhnlichsten Paare der Literatur- und Filmgeschichte, von Noomi Rapaces und Michael Nyqvist kongenial verkörpert, doch ganz auf die finale Gerichtsverhandlung hin. Neueinsteiger dagegen haben zunächst einige Probleme, die Figuren zuzuordnen in diesem erst auf den zweiten Blick hochspannenden, ja dramatischen Undercover-Schachspiel des schwedischen Geheimdienstes.
Trotz einiger brachialer Szenen der Gewalt auf offener Straße und sehr blutiger in der Klinik, die Peter Mokrosinskis Kamera gleich zu Beginn mit akribischem Naturalismus festgehalten hat, ist „Vergebung“ kein Action-Streifen amerikanischer Machart, sondern eher ein ruhiger, analytischer und letztlich auch politischer Film, der mit Tabus wie der Existenz von offenem Rechtsradikalismus, Totalitarismus und Faschismus in Skandinavien bricht.
Zweifellos sieht man „Vergebung“ wie seinen Vorläufern an, dass sie aus filmästhetischer Sicht in erster Linie Fernsehproduktionen sind. Ist das ein Makel, wie bisweilen in den Feuilletons zu lesen war? Kann ich nicht bestätigen, und wird sicherlich auch vom Publikum nicht so gesehen: Die Leinwand-Previews der „Tatort“-Produktionen des Rundfunks Berlin-Brandenburg im Berliner „Babylon“-Kino am Rosa-Luxemburg-Platz haben einen enormen Zulauf. Und Dominik Grafs TV-Zehnteiler „Im Angesicht des Verbrechens“ an zwei halbtägigen „Berlinale“-Vorführmarathons auf der größten Leinwand West-Berlins im „Delphi“ offenbarte seinerzeit absolute Kinotauglichkeit.
Ursprünglich gar nicht fürs Kino vorgesehen, kam eine auf 146 Minuten gekürzte Fassung am 27. November 2009 in die skandinavischen Lichtspielhäuser, noch bevor der Film in voller Länge von 178 Minuten am 4. Februar 2019 beim Int. Filmfestival Göteborg offizielle Uraufführung feierte. Dem deutschen Kinostart der gekürzten Fassung am 3. Juni 2010 folgte die Free-TV-Premiere der Originalfassung am 20. und 27. Februar 2011 als Zweiteiler im ZDF.
Pitt Herrmann