Transpapa

Deutschland 2011/2012 Spielfilm

Inhalt

Maren steckt mitten in der Pubertät, als sie von ihrer alleinerziehenden Mutter erfährt, dass ihr Vater schon seit ein paar Jahren eine Frau ist. Heimlich macht sie sich auf den Weg in die spießige Vorstadtidylle Nordrhein-Westfalens, um ihn zu suchen. Sie findet Sophia, die genau wie sie hormongesteuert und pubertär ist - und eigentlich lieber ihre Mutter wäre. Nach einer schwierigen Annäherung bekommt Maren für einige Augenblicke das, was sie sich immer gewünscht hat: eine ganz normale Familie.

Quelle: Filmfestival Max Ophüls Preis 2012

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Heinz17herne
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„Na dann, ich glaube, wir passen ganz einfach nicht zusammen, also, sexuell jetzt“: Die junge Liebe, die doch mehr ein hilfloses Gerammel war auf dem wackeligen Hochbett in Marens sturmfreier Bude, hat ein abruptes Ende gefunden und Benny ergreift Hals über Kopf die Flucht. Sozusagen im letzten Moment, bevor Marens Mutter Ulrike und ihr erheblich jüngerer Lover zurückkommen. Bei denen dann wenig später so richtig die Post abgeht.

„Ich kann euch übrigens hören“: Die 15-jährige Maren steckt mitten in der Pubertät und hat mit sich selbst schon genug zu tun. Da kann sie weder unsensible, allein ichbezogene Jungs gebrauchen noch einen fremden Mann in Mamas Bett: „Ich freu' mich schon so darauf, auszuziehen.“ Als sie erfährt, dass ihr leiblicher Vater, den sie auf einem Selbstfindungstrip in Nepal wähnt, sich längst gefunden hat und nach Deutschland zurückgekehrt ist, macht sie sich heimlich auf den Weg, ihn zu suchen.

Obwohl Ulrike es ihr erzählt hat, dass ihr Vater ein Transsexueller ist, das Geschlecht gewechselt hat und nun irgendwo in Nordrhein-Westfalen lebt, ist es kein geringer Schock für Maren, dass sie am Bahnsteig von einer Frau empfangen wird, die sich Sophia nennt. Ihr Name nimmt Bezug auf die hl. Sophia, die rumänische Märtyrerin: „Ich fand einfach, er klingt so schön.“ Sie will auf gar keinen Fall mit „Papa“ angeredet werden.

„Früher sind wir immer in den Zoo gegangen“: Papa im Rock mit weiblichen Rundungen im Gesicht und irgendwie auch unter der Bluse, mit Handtäschchen und üppiger Haarpracht, das will Maren nicht in den Kopf. Schließlich hat sie bereits eine Mutter und kann keine zweite gebrauchen. Sie will einen Vater, ihren Vater, einen gestandenen Mann, bei dem sie sich anlehnen, vielleicht gar ausweinen kann. Aber nicht einen, der mit der Kittelschürze in der Küche steht und ihr früheres Lieblingsgericht zubereitet, gefüllte Gans mit Rotkraut und Knödeln: „Ich esse keine toten Tiere mehr.“

„Maren, deinen Vater gibt es nicht mehr“: Sophia gibt sich alle Mühe. Vergeblich: „Du bist trotzdem nicht meine Mutter.“ Mit Engelsgeduld wirbt Sophia um Verständnis: „Vater hat Geige gespielt, ich nicht.“ Und: „Vater war ein sehr egoistischer Mensch, alles hat sich nur um ihn gedreht. Ich bin froh, dass er weg ist.“ „Ich nicht“ repliziert Maren trocken. Die bald noch einen weiteren Schock verkraften muss: Das Haus gehört ihrem Vater gar nicht, sondern einem wesentlich älteren, schwer kranken Mann, um den sich Sophia mit großem persönlichem Engagement kümmert: Wolfgang.

Er könnte ihr Opa sein. Und kümmert sich sogleich reizend um Maren – wie ein leiblicher Großvater. An Wolfgangs Seite erlebt sie die Vielfalt des Lebens. Lernt mit Zora und dem herzlichen Öko-Freak Silke zwei sehr gute Freundinnen ihres Vaters kennen. Und muss schließlich akzeptieren, dass Sophia „die“ Frau in Wolfgangs Leben ist. Der sie als freieste, selbstbestimmteste Person, die er je in seinem langen Leben kennengelernt hat, schätzt. Sehr viel auf einmal bricht auf Maren ein, mit dem sie so schnell nicht fertig wird. Was niemandem verborgen bleibt, weshalb Sophia es für richtig hält, Marens Aufenthaltsort preiszugeben.

Silkes Hochzeit ist der letzte gemeinsame Abend von „Vater“ und Tochter, bevor sie von ihrer Mutter Ulrike mit dem Auto abgeholt wird. Beide sind sich näher gekommen und erstmals hat sich Maren gegenüber einem Dritten zu ihrem Vater als „Transe“ bekannt. Ein Licht am Ende des Tunnels wird sichtbar – für Maren und für Sophie...

Sarah Judith Mettke hat in ihrem Regiedebüt „Transpapa“, ihrem Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg, ein hoch spannendes Thema angepackt, das so in Deutschland wohl noch nicht verfilmt wurde. Sie erzählt das Identitätsdrama des pubertierenden Mädchens ruhig, behutsam, mit leisen gesellschaftskritischen Untertönen und trockenem Humor. Ein intelligenter und für ein Debüt sehr reifer deutscher Arthousefilm.

Der zudem mit einer Klasse-Besetzung aufwartet. Um mit dem prominenten Protagonisten zu beginnen: Devid Striesow spielt Sophia als eine Frau, die im neuen Geschlecht selbst noch nicht ganz angekommen ist und daher über die gesellschaftliche Problematik hinaus viel Verständnis für die privaten Schwierigkeiten Marens hat. Striesows bei aller bisweilen auch unfreiwilligen Komik berührende Interpretation eines Vaters, der keiner mehr sein will, lässt stets die Tragik der Figur eines Transsexuellen durchscheinen.

Sarah Judith Mettke verrückt in „Transpapa“ die Sicht eines Teenagers auf Geschlechterrollen und erweitert sie radikal. Luisa Sappelt ist eine Entdeckung: Maren wird nach der zunächst nicht geglaubten, dann aber selbst erlebten Realität, dass ihr Vater inzwischen als Frau lebt, regelrecht aus dem Gleis geworfen. Die Wirklichkeit eines so noch nicht einmal erahnten Lebens zwingt sie, über ihren Horizont viel weiter hinaus zu blicken, als sie zunächst akzeptieren will. Denn die eigene Rolle als Frau zu finden wird nicht einfacher dadurch, dass gleichzeitig der eigene Vater im selben Prozess steckt.

Sarah Judith Mettke erzählt zart und mit viel Zuneigung zu beiden, wie Marens Festhalten an einer bisher so selbstverständlichen Normalität aufweicht, wie sie allmählich lernt zu akzeptieren, dass ihr Vater keine andere Wahl hatte, als sich unter Mühen von einem Mann in eine Frau zu verwandeln. Und dass es Menschen wie Wolfgang, Zora und Silke gibt, die das für ganz normal halten.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera-Assistenz

Standfotos

Licht

Beleuchter

Szenenbild

Außenrequisite

Innenrequisite

Maske

Spezial-Maske

Kostüme

Schnitt

Ton-Design

Synchron-Ton

Geräusche

Produzent

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Post-Production

Geschäftsführung

Dreharbeiten

    • 18.01.2011 - 25.02.2011: Köln, Kerpen
Länge:
93 min
Format:
DCP, 16:9
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 03.04.2013, 138089/V, ab 12 Jahre

Aufführung:

Uraufführung (DE): 19.01.2012, Saarbrücken, Max Ophüls Preis - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 22.11.2012;
TV-Erstsendung (DE): 05.12.2012, Südwest 3

Titel

  • Originaltitel (DE) Transpapa

Fassungen

Original

Länge:
93 min
Format:
DCP, 16:9
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 03.04.2013, 138089/V, ab 12 Jahre

Aufführung:

Uraufführung (DE): 19.01.2012, Saarbrücken, Max Ophüls Preis - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 22.11.2012;
TV-Erstsendung (DE): 05.12.2012, Südwest 3

Auszeichnungen

Max Ophüls Preis 2012
  • Preis des Saarländischen Ministerpräsidenten
Ahrenshooper Filmnächte 2012
  • Bester Film
Sehsüchte, Berlin 2012
  • Publikumspreis
FIPRESCI 2012 2012
  • Preis der Deutschsprachigen Filmkritik
Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern 2012
  • NDR-Regiepreis