Inhalt
Arme Prinzessin Roswitha. Aus diesem erbärmlichen Haufen von Dummen, trinkenden Dickbäuchen, waffenklirrenden Rittern und eitlen Pfauen, soll sie sich ihren zukünftigen Mann aussuchen? Nichts da! Mit schnippischem Stolz nimmt sie die Parade ab und beleidigt jeden so gut sie kann. Und da sie einmal in Fahrt ist, bekommen auch die ihr Fett, die es eigentlich besser verdient hätten. Da reißt ihrem Vater der Geduldsfaden, und er schwört, daß sie den erstbesten Bettler heiraten muß, der vor das Schloß kommt. Schon am nächsten Morgen ist es soweit. Vor dem Schloßtor erscheint ein armer Spielmann, und bevor die nächste Nacht anbricht ist die Prinzessin seine Frau. Ihre prunkvollen Gemächer muß sie verlassen und in eine ärmliche Hütte ziehen, keine Diener und keine Zofen mehr, alles muß sie selber machen. Doch nach harten Zeiten der Prüfung...
Quelle: Kinderfilm online
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Prinzessin Roswitha kann unter den versammelten und zumeist äußerst eitlen Prinzen, Herzögen und sogar Königen wählen. Alle haben sich herausgeputzt, sind von ihrem Aussehen, aber auch von ihrer Persönlichkeit überzeugt, einer speziell von seinen lyrischen Fähigkeiten. Aber die Prinzessin zieht sich lieber in ihre Gemächer zum Malen zurück, will gar keinen sehen. Denn aus Erfahrung, immerhin haben sich zuvor schon 67 potentielle Gatten aus den vornehmsten Familien vorgestellt, weiß sie, dass keiner ihr gut genug ist, auch nicht der letzte in der langen Reihe, jener Reiter aus dem Wald – weil er einen Bart wie eine Drossel hat. Roswitha ist derart verletzend, dass die Geduld ihres Vaters nun ein Ende hat, zumal sie auch seinen Favoriten, den so reichen wie mächtigen König Heinz Eduard, arg vor den Kopf gestoßen hat. Dabei entstünde bei der Zusammenlegung beider benachbarter Reiche nach erfolgter Eheschließung ein mächtiges Imperium. Die Prinzessin bleibt die reinste Spottdrossel, hat aber auch entsprechende Objekte als dankbare Adressaten ihres Hohns vorgesetzt bekommen. So beschließt ihr Vater, König Löwenzahn, seiner unverschämten Tochter den nächsten Bettler zum Mann zu geben, der aufs Schloss kommt.
Es ist ein Spielmann, der das vermeintlich große Los gewinnt und die Königstochter freit. Die abgelehnten Freier bestehen schadenfroh darauf, dass sie das Schloss verlassen und ihrem Mann in seine ärmliche Hütte folgen muss. Ohne Dienerinnen, ohne ihr rosafarbenes Lieblingskleid mit weißer Schärpe und großer Halskrause, ohne Kutsche. Was für ein Leben erwartet Roswitha an der Seite dieses Habenichts! Und sie bereut: „Ach, ich armes Mädchen, zart, hätt' ich genommen König Drosselbart.“ Der Widerspenstigen Zähmung: Drosselbart gibt sein Inkognito so rasch nicht auf. Roswitha gelüstet es auf dem Markt nach einem Apfel, ihr Gatte verdient sich ihn auf Spielmanns Art – und singt von der Verderblichkeit des Reichtums, der Überheblichkeit und des Hochmutes. Er trägt sie gemäß dem Brauch über die Schwelle seiner kärglichen Hütte, in der ein gefüllter Wassereimer als Spiegel herhalten muss: „Sei willkommen, liebe Frau.“ Und lehrt sie Demut: „Was du getan haben willst, musst du schon selber tun. Du bist die Hausfrau.“
Und mehr noch als das, nachdem sie gelernt hat, seine Lieblingsspeise zuzubereiten: Fleischklößchen mit Petersiliensoße. Zunächst versucht er ihr, das Korbflechten beizubringen, was aber nichts für zarte Prinzessinnenhände ist. Auch das Fadenspinnen aus Wolle ist nicht nach Roswithas Geschmack. Da hat sie schon mehr Spaß an der Bemalung von Steinzeug, das sie allerdings auch selbst auf dem Markt verkaufen soll. Doch wer die Hilfe erfahrener Marktweiber wie der Zuckerbäckerin verschmäht und auch sonst keinen Rat annimmt, sondern hochmütig von der Qualität der eigenen Waren überzeugt sich weigert, diese auch lautstark anzupreisen, verdient weder Brot noch gar die Butter darauf. Sie muss noch reichlich Erfahrungen sammeln und die Langmut ihres Mannes auf harte Proben stellen, bis der Bann gebrochen ist.
Als ein scheinbar betrunkener Landsknecht ihren kompletten Warenbestand zu Bruch reitet, traut sich Roswitha nicht mehr nach Hause. Sie heuert vielmehr, vermittelt durch den gewitzten Küchenjungen Hans, den sie auf dem Markt kennengelernt hat, in der Küche des Herrschers an und wird bald vom Küchenchef hofiert: So gut wie die Neue hat noch niemand des Königs Leibspeise zubereitet. Was natürlich auch dieser bemerkt und heimlich einen Blick in die Katakomben seines Schlosses wirft. So kann eine richtige Hochzeit gefeiert werden – mit ganz viel Musik und Tanz: Roswithas Widerborstigkeit ist angesichts der Güte ihres Mannes, der ihr einige sehr heilsame Lehren erteilt hat, schon längst verflogen. Nun gibt sich der Spielmann als König Drosselbart, den sie einst verspottete, zu erkennen und aus beiden wird nach exakt 73 Minuten ein glückliches Paar...
„König Drosselbart“, von Günter Kaltofen und Walter Beck nach dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm im Stil einer Kinderbuch-Illustration verfilmt (Kamera: Lothar Gerber), ist ein enormer Kassenschlager gewesen, was natürlich auch am unvergleichlichen Charme „Manni“ Krugs liegt - und weniger an seinen hier arg schmalzigen Sangeskünsten. Wie überhaupt laut Statistik des staatlichen Progress-Verleihs die Märchen- und Indianerfilme die Besuchsstatistiken der 1960er und 1970er Jahre dominierten. Was natürlich einiges sagt über die Qualität der Defa-Produktionen für Erwachsene in dieser Zeit, in der die Verbreitung des Fernsehens ohnehin für spürbare Einbrüche an den Kassen der DDR-Bezirksfilmdirektionen gesorgt hat.
Pitt Herrmann