Inhalt
Der Prinz von Guastalla verliebt sich in Emilia Galotti, die bereits dem Grafen Appiani versprochen ist. Von Guastallas Kammerherr Marinelli soll die bevorstehende Hochzeit verhindern.
Nachdem die Abschiebung des Grafen Appiani in den diplomatischen Dienst nicht gelingt, wird die Hochzeitskutsche überfallen, Appiani ermordet und Emilia mit ihrer Mutter auf das Schloss des Prinzen gebracht. Gräfin Orsina, die eifersüchtige Geliebte des Prinzen informiert Emilias Vater von den Absichten des Prinzen. Dieser versucht vergeblich, seine Tochter aus der Gewalt des Prinzen zu befreien. Da Emilia lieber sterben will, als dem Prinzen zu Willen zu sein, tötet Odoardo Galotti seine Tochter.
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An diese Geschichte erinnert Lessings Emilia ihren Vater, den Oberst Galotti, als ihr Landesherr, der Prinz von Guastalla, sie von ihren Eltern trennen und in seine Obhut nehmen will. Ein Gerichtsverfahren steht an: der gewaltsame Tod ihres Bräutigams soll untersucht werden. Emilia weiß, dass in der „besonderen Verwahrung“, die ihr der Prinz angedeihen lassen will, ihre Unschuld bedroht ist. Aber mehr als die physische Gewalt fürchtet sie die eigene Verführbarkeit: „Ich habe Blut, mein Vater, so jugendliches, so warmes Blut als eine.“
In Gotthold Ephraim Lessings fünfaktigem Trauerspiel „Emilia Galotti“ von 1772 ist der Prinz zwar ein absolutistischer Fürst, aber zugleich ein verzweifelt Liebender. Er hatte nur Mätressen gekannt, bevor ihn Emilias Anblick ins Herz traf. Nur deswegen hat er dem Komplott seines Kammerherrn, der Entführung Emilias, zugestimmt – und diese zugleich vereitelt. Denn er hatte Emilia zuvor seine Liebe gestanden und sie damit in tiefe Verwirrung gestürzt. Er hatte ihre Sinne erregt, doch ihre Tugend, ihre Frömmigkeit gebieten Emilia, sich nicht nur vor ihm, sondern auch vor sich selbst zu retten. Ihr Vater ersticht sie: Der Römer Virginius löste durch seine Tat einen Volksaufstand aus, der die Decemvirn hinwegfegte.
In Martin Hellbergs Leinwand-Adaption verliebt sich ein so lüsterner wie tyrannischer Hettore Gonzaga, Prinz von Guastalla, in Emilia Galotti, Tochter des Obersten Odoardo Galotti, die bereits dem Grafen Appiani versprochen ist. Gonzagas Kammerherr Marinelli soll die bevorstehende Hochzeit verhindern. Nachdem sein Plan, den Grafen Appiani in den diplomatischen Dienst abzuschieben, gescheitert ist, dingt Marinelli Banditen, welche die Hochzeitskutsche überfallen. Dabei wird Appiani ermordet, Emilia und ihre Mutter Claudia werden auf das mit offenherzigen Gemälden ausgestattete Lustschloss des Prinzen gebracht. Claudia Galotti ahnt die Zusammenhänge und ist in ihrer Eitelkeit gar nicht abgeneigt, einer unter Zwang zustande kommenden Verbindung zuzustimmen.
Doch Gräfin Orsina, die eifersüchtige Geliebte des Prinzen, informiert Emilias Vater von den Absichten Gonzagas. Odoardo begibt sich sofort auf das Schloss des Prinzen, versucht aber vergeblich, seine Tochter aus dessen Händen zu befreien. „Verführung ist die wahre Gewalt“: Da Emilia lieber sterben will, als dem Prinzen zu Willen zu sein, bittet sie ihren Vater, sie zu töten. Odoardo Galotti ersticht Emilia…
Martin Hellbergs „Emilia Galotti“ geriet wie seine Klassikerverfilmung „Der Richter von Zalamea“ zuvor in die Schusslinie der Partei. Auf der 2. Filmkonferenz Anfang Juli 1958 in Berlin wetterte Alexander Abusch, Staatssekretär und 1. Stellvertreter des Ministers für Kultur, gegen Filmschaffende, die ihren parteilichen Standpunkt verwischt haben und ins „Zwielichtige, Undeutliche, Ungenaue, ins politisch Unverbindliche“ abgedriftet seien. Den beiden genannten Adaptionen Hellbergs etwa unterstellte Abusch eine klerikal-religiöse Propaganda. Weil in „Emilia Galotti“ eine katholische Messe zelebriert wird?
Hellbergs Adaption, ein vor allem in Babelsberg und Sanssouci in Schwarz-Weiß gedrehter Spielfilm mit gewaltigem Aufwand an Ausstattung und Personal, beginnt beim Fest im „Haus der Freude“. Die Gastgeber, der Kanzler Crimaldi und seine Gattin, geben ein Fest mit großem höfischem Prunk, um ihre Töchter in die Gesellschaft einzuführen. Steifes Zeremoniell, Kameramann Günter Eisinger nimmt die formatierte (Tanz-) Gesellschaft aus der Froschperspektive auf, gepuderte Perücken, ausgestellte Höflichkeit – von „Freude“ kann hier nicht die Rede sein.
„Unser gnädiger Herr, der Prinz, will die Gnade haben“: der Kammerdiener des Prinzen bittet Emilia zum Tanz mit dem ganz verzückten Gonzaga. Selbstverständliche blaublütige Promiskuität trifft auf selbstbewusste ehrliche Haut. Über allem schwebt Marinelli, eine total überkandidelte Kunst-Figur: die Dekadenz des Adels ist bereits in den ersten der insgesamt knapp einhundert Minuten nicht mehr zu überbieten. Einzige Ausnahme ist der prinzliche Ratgeber Camillo Rota, ein aufrechter Charakter, dem die Oberflächlichkeit seines Herren und die der ihn umgebenden Speichellecker zuwider ist.
Mit Lessing hat das ebenso wenig zu tun wie das Verhalten von Emilias Mutter Claudia auf dem Ball der Crimaldis, mehr als nur klammheimliche Freude für das Interesse des Prinzen an ihrer Tochter zu empfinden. Obwohl diese hier ganz offen ihre Verlobung mit dem Grafen Appiani bekannt gibt. Auch der Maler Conti („Die Kunst geht nach Brot“) bekundet, Emilia, die ihm einmal Modell gesessen hat, zu vergöttern. Am Ende erklingt die Marseillaise…
Pitt Herrmann