Die Reise nach Tilsit

BR Deutschland 1969 TV-Film

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

Falk Schwarz
Eine ostpreußische Tragödie
Es gehörte schon Mut dazu, in den späten 60er Jahren sich an eine Neuverfilmung eines Sudermann Werkes zu machen, das mit alttestamentarischer Wucht Schicksale mit Pathos, exzessivem Naturalismus und Konvention abrollen lässt. Ansas (Karl Michael Vogler) ist mit Indre (Ruth-Maria Kubitschek) verheiratet, verfällt aber der aufreizenden Magd Busze (Violetta Ferrari). Indres Vater Jakstat hört von dieser Affäre, züchtigt die Magd, erniedrigt seinen Schwiegersohn und will so den ehelichen Frieden wieder herstellen. Doch Ansas kann von Busze nicht lassen. Eine Scheidung kommt nicht infrage, also beschliessen Ansas und Busze Indre umzubringen. Auf einer Kahnreise auf der Memel nach Tilsit (heute Sowetsk) soll es geschehen. Doch in Tilsit verstehen sich die Eheleute besser denn je, entdecken erneut ihre Liebe und segeln glücklich wieder heim. Auf dieser Heimfahrt soll das Boot kentern, Indre ertrinken und Ansas wäre frei für seine Beziehung. Doch es kommt anders. - Sudermanns Tragödien sind fest verwoben mit der ostpreußischen Landschaft. Das Haff, das Wasser, das sumpfige Moor, das bäuerliche Leben prägen die Charaktere. Sudermanns Geschichten sind schwer, lastend, sein Menschenbild ist pessimistisch. Insofern hat Regisseur Günter Gräwert sich wirklich etwas zugetraut. Sein Kameramann Karl Schröder fängt die Landschaft in all ihrer Unerbittlichkeit ein. Eine schöne Baumallee kann zu einem Albtraum werden, das Meer wirkt bedrohlich. Gustav Knuth gibt dem unbeugsamen Jakstat, der Busze die Reitpeitsche durchs Gesicht zieht (offenbar eine ostpreußische Spezialität) grobes Profil. Paul Dahlke beherrscht den ostpreußischen Dialekt (wie schon in "Menschen in Gottes Hand"), erklärt in einem langen Monolog, warum das Haff seinen Filmsohn "geholt" hat und wird allerdings dann vergessen. Peter Lühr als der karge, schweigsame Lehrer, der auch keinen Rat weiß, wie sich Indre aus diesen elementaren Verstrickungen lösen kann. Die Frauen haben es insgesamt eher schwer - Kubitschek mischt der betrogenen Bäuerin etwas zuviel Damenhaftes bei. Violetta Ferrari kann die dumpfe Sexualität der Magd nur andeuten. Der Film verliert an Momentum, als die Eheleute in Tilsit ankommen und nun durch die kleine Stadt bummeln. Da wird zuviel Anlauf genommen für die letztendliche Tragödie. Haften jedoch bleibt das Gesicht der Indre, als sie mit ihrem Mann die verhängnisvolle Bootsfahrt antritt und ahnt, dass er ihr etwas antun wird. Trotzdem bleibt sie im Boot und fügt sich in die Unentrinnbarkeit ihres Schicksals.

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Drehbuch

Bauten

Kostüme

Schnitt

Musik

Darsteller

Redaktion

Produktionsleitung

Produktionsleitung Sonstiges

Länge:
120 min
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 16.11.1969, ZDF

Titel

  • Originaltitel (DE) Die Reise nach Tilsit

Fassungen

Original

Länge:
120 min
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 16.11.1969, ZDF