Inhalt
Deutschland, Sommer 2006. Von Berlin bis München herrscht eine Art Ausnahmezustand, denn im ganzen Land ist das Fußball-WM-Fieber ausgebrochen. Während die Fans auf den Rängen feiern, begleitet Regisseur und Fußballfan Sönke Wortmann ("Das Wunder von Bern") die deutsche Nationalmannschaft mit seiner Kamera durch das Turnier. Von Trainer Jürgen Klinsmanns anfeuernden Ansprachen in der Kabine über die Freudenfeiern nach jedem Sieg bis zur Enttäuschung nach dem verlorenen Halbfinale zeigt der Film alle wichtigen WM-Stationen der deutschen Elf. Die Spieler und ihre Betreuer kommen dabei ebenso zu Wort, wie die Fans auf der Straße.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Und keiner war näher dran an der Mannschaft als der Filmregisseur Sönke Wortmann („Das Wunder von Bern“), der schon zuvor exklusiven Zugang zu Spielern und Trainerstab hatte. Bis in die Kabine (und unter die Dusche) folgte er den WM-Helden, filmte Klinsis suggestive Ansprachen, die Freudenfeiern und auch die Enttäuschung nach dem verlorenen Halbfinale. So bringt Sönke Wortmanns Dokumentarfilm „Deutschland. Ein Sommermärchen“ noch einmal den Zauber dieses Sommers zurück, zeigt in bisher nie gesehenen Bildern die Begeisterung der Menschen – und ermöglicht gleichzeitig eine singuläre Innenansicht dieses Fußballmärchens, die nicht nur für in der Wolle gefärbte Fußballfans einige saftige Überraschungen auf Lager hat. So lüftet er das Geheimnis um den Zettel, den Torwart Jens Lehmann vor dem Elfmeterschießen gegen Argentinien zugesteckt bekam...
Der Film beobachtet die Spieler bei der Vorbereitung auf Sardinien, folgt ihnen ins Berliner Schlosshotel im Grunewald, wo ein frecher Nationalelf-Kicker „Steuern runter“ rief, als Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert in sichtlich aufgeräumter Stimmung vorbeischauten, zeigt Ganz-Nah-Aufnahmen vom Abschlusstraining vor dem Eröffnungsspiel, die knisternde Spannung in der Kabine, die Rituale der Stadionkatakomben, das Elfmeterschießen gegen Argentinien, das bittere Aus und die triumphale Jubelfeier auf der Berliner Fanmeile.
Sönke Wortmann, der zusammen mit Frank Griebe auch hinter der Kamera stand, lässt uns die emotionalen Höhepunkte noch einmal durchleben – aber mit der Subtilität eines Dokumentarfilms. Wenn „Schweini“ und „Poldi“ im Kabinengang einmal einer jungen Frau nachblicken und sie sich hinterher sofort erwischt vorkommen von Sönke Wortmanns ansonsten scheinbar völlig unsichtbarer Kamera, dann gehört diese Szene zu den ganz wenigen, die überhaupt Kenntnis nimmt vom Entstehungsprozess. Wortmann und Griebe haben offenbar zur „Familie“ gehört, und das ging bisweilen schon sehr weit.
Etwa bei Oliver Neuvilles Dopingkontrolle auf dem prompt gar nicht mehr stillen Örtchen oder bei Thorsten Frings grundehrlicher Rückschau auf seine eigene Dummheit unmittelbar nach Abpfiff des Argentinien-Spiels. „Poldi“ und „Schweini“ durften einige Male sogar selbst die Kamera führen, Sönke Wortmann lässt aber auch Co-Trainer und Betreuer zu Wort kommen und man hat nicht den Eindruck, das sei nur die Folge der Teamgeist-Vorgaben des Trainer- und Managerstabes. Und auch hier „menschelt“ es enorm. Vorbild für „Deutschland. Ein Sommermärchen“, uraufgeführt am 3. Oktober 2006 in den WM-Städten Berlin, Stuttgart, Hamburg und Kaiserslautern, war im übrigen Stephane Meuniers Dokumentarfilm „Les Yeux dans les Bleus“, der die französische Nationalmannschaft auf dem Weg zum WM-Titel 1998 begleitet hatte.
Der 1959 in Marl geborene Sönke Wortmann, der sein Handwerk an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film sowie am Royal College of Art in London gelernt hat, trat selbst einmal vor den Ball – mit Siebzehn in der Dritten Liga bei der SpVg. Erkenschwick. Der Regisseur im Kinowelt-Presseheft: „Die Deutschen wollten eine schöne Zeit haben, für sich und für die Gäste. Gleichzeitig wollte die Mannschaft auch gut spielen. Was sie ja auch getan hat, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Plötzlich haben viele Leute in unserem Land zwei Sachen gemerkt: Sie können stolz auf diese Mannschaft sein und sich aber auch selbst mögen. Das war eine neue Erfahrung.“
Pitt Herrmann