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Über 2000 Jahre ist der prächtige Olivenbaum alt, der auf dem Grundstück von Almas Familie wächst. Nun aber wird er innerhalb weniger Stunden ausgegraben, nach Deutschland verschifft und zu einem vermögenden Käufer gebracht: Im Foyer eines Energiekonzerns soll der "Ölbaum" fortan als symbolstarke Dekoration dienen. Der Familie bringt der Verkauf des Baums zwar viel Geld ein, aber Almas geliebter Großvater wird von dem Verlust so getroffen, dass er einfach aufhört zu sprechen. Kurz entschlossen reist die junge Frau nach Deutschland, um den traditionsreichen Baum durch einen trickreichen Coup wieder in ihren Familienbesitz zu bringen.
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„Ihr wollt mir mein Leben nehmen“: Vergeblich wehrte sich Ramón gegen den Verkauf. Nun erinnert ein „Grab“ aus aufgehäuften Natursteinen an das „Monster“, wie die kleine Alma den gewaltigen Baum getauft hatte, von dem es heißt, er sei zu Zeiten des antiken Roms gepflanzt worden. Seit Jahren hat Ramón aufgehört zu sprechen, nun verweigert er sogar sämtliche Nahrungsaufnahme.
30.000 Euro brachte der über eintausend Jahre alte Baum damals ein, genug, um sich die Zustimmung des Bürgermeisters zum Bau eines Restaurants direkt am Strand zu erkaufen. Heute sind die Träume des Booms, der 2007 in einen Immobilien- und Finanzcrash globalen Ausmaßes mündete, längst geplatzt, das Restaurant eine Ruine. Alma jobbt an der Seite des ihr treu ergebenen Kollegen Rafa auf einer Geflügelfarm, während ihr Vater Luis in den wenig einträglichen Olivenanbau zurückgekehrt ist und wieder, was er als besondere Schmach empfindet, wieder im Elternhaus in seinem alten Kinderzimmer wohnt.
Almas schräger Onkel Alcachofas, in den fetten Jahren unermüdlich arbeitender Spediteur mit fünf eigenen Fahrzeugen, schuftet nun schlecht bezahlt als selbständiger LKW-Fahrer. Und von dem geringen Einkommen geht auch noch ein Teil ab zur Tilgung der enormen Schulden der Familie. Als der nun auch körperliche Verfall des Großvaters immer bedrohlicher wird, beschließt Alma zu handeln. Sie will den Olivenbaum zurückholen – das, was ihrer Wahrnehmung nach dem Großvater so sehr fehlt und womit ihre schönsten Kindheitserinnerungen verbunden sind.
Doch der Baum steht in seiner beeindruckenden Mächtigkeit längst eingetopft im Atrium eines großen Düsseldorfer Energiekonzerns und ist als allseits beliebtes Symbol für Nachhaltigkeit sogar Teil des Firmenlogos geworden. „Du hast den Verstand, ich habe den Mut. Manchmal muss man eben springen – mit dem Kopf voran“: Hals über Kopf stürzt sich Alma in eine Reise, die Don Quijote alle Ehre machen würde. Umso mehr, als ihre beiden Sancho Pansas, ihr schräger Onkel Alcachofa und ihr still verliebter Kollege Rafa, keine Ahnung davon haben, wie schwierig die Unternehmung ist, auf die sie sich eingelassen haben. Ganz abgesehen davon, dass ihnen auch der LKW für die 1649 Kilometer lange Fahrt nach Deutschland nicht ganz freiwillig überlassen wurde.
Zuhause bemühen sich derweil die Freundinnen Wiki, Spezialistin in Sachen Internet, und Adelle, als Vegetarierin nur sehr unwillige Vertretung des Jobs auf der Hühnerfarm, Unterstützung für Alma zu finden. Tatsächlich scheint die Nachricht vom verkauften Olivenbaum, vom Großvater im Hungerstreik und der zu allem entschlossenen Enkelin romantisch genug zu sein, um in Windeseile die Runde durch die sozialen Netzwerke Europas zu machen.
Und noch ehe Alma, Alcachofa und Rafa in Düsseldorf sind, hat sich dort eine illustre „Free The Tree“-Bewegung formiert. Zumal die Düsseldorfer RRR Energy vor allem im Braunkohle-Tagebau tätig ist und dafür ganze Wälder abholzt. So ist es nur ein schlechter Witz, dass ausgerechnet Almas „Monster“ das Logo für den weltweit tätigen Konzern abgibt. Aber wird der Protest der jungen Umweltaktivisten reichen, um den Baum aus dem Atrium eines deutschen Großkonzerns in den Olivenhain der Familie zurückzuholen?
Drehbuchautor Paul Laverty hat erstmals mit der spanischen Regisseurin Iciar Bollain zusammengearbeitet. Dabei herausgekommen ist ein bei allem sozialkritischen Realismus so unterhaltsam-humorvoller wie berührender Film, dessen versöhnliches Ende die keineswegs auf Spanien begrenzten Konflikte zukleistert. Den ersten Anstoß zu „El Olivo“ gab eine Zeitungsmeldung über den Verkauf uralter Olivenbäume aus dem Bajo Maestrazgo, im Grenzgebiet zwischen Valencia und Katalonien. Anna Castillo ist für ihre Rolle als eigensinnige Enkelin mit dem spanischen Filmpreis ausgezeichnet worden. Free-TV-Premiere war am 26. September 2018 auf Arte.
Iciar Bollain im Piffl-Presseheft: „Mit dem Verkauf der Bäume geht eine Form des Lebens verloren, wir verlieren ein einzigartiges Erbe. Aber man kann niemandem allein die Schuld daran geben, am wenigsten denen, die dort leben. Die Arbeit in den Oliven ist sehr hart. Und es kann nicht sein, dass nur sie dafür kämpfen, dass dieser Reichtum nicht verloren geht und aufgegeben wird.“
Pitt Herrmann