Inhalt
Seit kurzem besucht Yusuf, 6, die Grundschule, wo er Lesen und Schreiben lernt. Sein Vater Yakup ist Bienenzüchter. Seinem Beruf geht er tief im Wald nach, wo er seine Bienenkörbe in die obersten Wipfel der größten Bäume hängt. Der Bergwald ist für Yusuf ein Ort großer Geheimnisse; seinen Vater dorthin zu begleiten, bereitet ihm großes Vergnügen.
Eines Morgens erzählt Yusuf seinem Vater den Traum, den er in der Nacht zuvor hatte. Yakup reagiert barsch: Niemals solle er anderen Leuten seine Träume erzählen. Am selben Tag soll Yusuf vor der Klasse einen Text vorlesen. Plötzlich beginnt er dabei zu stottern und wird dafür von den Mitschülern ausgelacht.
Als die Bienen überraschend aus der Gegend verschwinden, ist die Lebensgrundlage der Familie in Frage gestellt. Yakup bricht deshalb ins entfernte Gebirge auf. Yusuf stellt daraufhin das Sprechen ein. Seine Mutter Zehra, die auf einer Teeplantage arbeitet, leidet sehr unter dem Sprachverlust des Jungen, aber auch sie kann ihn nicht zum Reden bewegen.
Die Tage vergehen, ohne dass Yakup zurückkommt. Mutter und Sohn bereitet das Sorge. Die magische Nacht, in der die Ankunft des Propheten gefeiert wird, verbringt Yusuf bei seiner Großmutter in einem Nachbardorf. Als er die Geschichte des Propheten vernimmt, ist er überzeugt, dass der Vater, den er in dem heiligen Mann wiedererkennt, zurückkommen wird.
Als Yusuf und die Mutter sich jedoch vergeblich auf die Suche nach Spuren seines Verbleibs machen, entschließt sich Yusuf, die Suche nach seinem Vater allein fortzusetzen. Es ist eine Reise ins Unbekannte. Wird der Traum, den er hatte, Wirklichkeit werden?
Quelle: 60. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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„Bal – Honig“, nach „Yumurta – Ei“ (2007) und „Süt – Milch“ (2008) der dritte Teil von Semih Kaplanoglus Yusuf-Trilogie, ist ein für die große Kinoleinwand gedrehter, mit zahlreichen Preisen ausgezeichneter Film vor einer spektakulären, malerischen Landschaftskulisse von archaischer Wucht und atemberaubender Schönheit. Der 1963 in Izmir geborenen Regisseur Semih Kaplanoglu hat erneut unter Beweis gestellt, dass er neben Nuri Bilge Ceylan und Yesim Ustaoglu der bedeutendste türkische Filmemacher der Gegenwart ist.
Aber auf ganz andere, völlig unspektakuläre Weise. Es sind nicht grandiose Landschaften, welche die völlig zu Recht preisgekrönte Arbeit des Kameramannes Baris Özbicer ausmachen. Sondern stille, beinahe dokumentarisch zu nennende Momente, exakte, aber stets distanzierte Beobachtungen, immer wieder auch aus größerer Entfernung. Das beginnt mit der einleitenden Sequenz im Wald und setzt sich im minutiös geschilderten häuslichen Dorfleben fort. Wenn der Vater mit dem Sohn spielt, dann steht die Kamera zwei Räume weit entfernt, filmt durch einen dunklen Raum und den Türrahmen hindurch ins Helle des Außenbereichs.
„Bal“ verzichtet vollkommen auf Musik, um sich ganz auf die Atmosphäre, die Klänge der Natur und die wenigen, markanten Geräusche in der Stille des Waldes zu konzentrieren. Dieser so außergewöhnliche wie zunächst, zumal im Popcorn-Kino, gewöhnungsbedürftige „Soundtrack“ bildet die kongeniale Grundlage für das ausdrucksstarke Spiel des beim Drehen siebenjährigen Bora Altas, der im wahren Leben das genaue Gegenteil seiner verspielt-verträumten, introvertiert-schüchternen Filmfigur ist, nämlich äußerst aufgeschlossen, lebendig und kontaktfreudig.
Semih Kaplanoglu, der seinen so poetischen wie nüchtern-dokumentarischen Filmstil „Spirituellen Realismus“ nennt, im Piffl-Presseheft: „Ich erklärte ihm den Yusuf, Szene für Szene, so gut es mir möglich war. Wir entwickelten eine starke Bindung, die auf Vertrauen beruhte. Ich kann sagen, dass ich letztlich so mit ihm gearbeitet habe, wie ich es mit erwachsenen Schauspielern tue. Bora war mutig genug, sich darauf einzulassen; und ich habe das Vertrauen und die Erwartungen, die ich in ihn hatte, niemals überzogen. Ich habe selbst viel gelernt bei dem Versuch, bei einem so kleinen Kind die Konzentration auf seine Rolle herzustellen.“ Die TV-Erstausstrahlung erfolgte am 13. November 2012 auf Arte.
Pitt Herrmann