Inhalt
An einem der letzten Tage vor den Schulferien kommt es zwischen dem sechsjährigen Armand und seinem gleichaltrigen Freund Jon zu einem Vorfall, dessen genaue Umstände unklar bleiben. Die Schulleitung stuft den Vorfall als so gravierend ein, dass die Eltern der beiden Jungen zu einem klärenden Gespräch einbestellt werden. Doch was als Austausch über das Geschehene beginnen soll, entwickelt sich schnell zu einer eskalierenden Auseinandersetzung zwischen der alleinerziehenden Elisabeth und Jons Eltern Sarah und Anders. Auf der verzweifelten Suche nach der Wahrheit geraten die Erwachsenen in einen Strudel aus Eitelkeiten, Eifersucht und Begierden.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Es wird viel um den heißen Brei herumgeredet, Jon soll Armand beschuldigt haben, ihn verletzt zu haben. Was genau vorgefallen ist, bleibt im Unklaren. Aber Armand habe schon mehrfach ein rücksichtsloses Verhalten gegenüber Mitschülern gezeigt und Anders bestätigt, bei seinem Sohn blaue Flecken gesehen zu haben. Nachdem sich Anhaltspunkte für einen möglichen sexuellen Übergriff ergeben, sucht sich die unerfahrene Lehrerin Unterstützung bei ihrer älteren, mit dauerndem Nasenbluten kämpfenden Kollegin Ajsa.
Frühkindliches sexuelles Interesse ist schließlich normal, sog. Doktorspiele im Kindergarten zumindest juristisch kein Problem, später in der Schule möglicherweise aber ein Straftatbestand. Sodass der Direktor Jarle alles daransetzt, den Vorfall möglichst unter der Decke zu halten, damit nichts an die Öffentlichkeit dringt. Zumal er und die beiden Lehrerinnen hoffen können, dass sich die ganze Sache in Wohlgefallen auflöst unmittelbar vor den Schulferien zum Jahreswechsel.
Faizal, von Sunna mit dem komplizierten Stand der Dinge vertraut gemacht, komplettiert das Kollegium. Doch die Gemüter der Lehrer wie der Eltern erhitzen sich zunehmend. Die Gesprächsrunde droht zu eskalieren, als persönliche Details wie der vermutete Selbstmord von Sarahs Bruder Thomas, die mit dem Vorfall in der Schule nichts zu tun haben, erörtert werden. Sodass sie immer häufiger unterbrochen werden muss, damit sich die Beteiligten auf den langen Fluren und im großen Treppenfoyer des Schulzentrums abkühlen können. Und das in wechselnden Konstellationen, wobei die offenbare Vertrautheit zwischen Armands Mutter und Jons Vater schon auffällig ist…
Messerscharf und mit satirischem Grundton blickt der 1990 geborene norwegische Regisseur Halfdan Ullmann Tøndel, Enkelsohn von Ingmar Bergman und Liv Ullmann, auf das als friedlicher Austausch zur Wahrheitsfindung ausgerufene Elterngespräch. Schonungslos deckt er die vermeintlich an der Schule gelebten skandinavischen Grundwerte als Konstrukt aus falscher Loyalität und Boshaftigkeit auf: Direktor Jarle hat Angst vor der Öffentlichkeit und davor, zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Sunna hat aus der besten Absicht heraus zum klärenden Gespräch geladen, verliert aber jegliche Objektivität, indem ihre Gefühle für die von ihr bewunderte Elisabeth Überhand nehmen. Die wiederum legt mit der Reinigungskraft Emmanuel eine von der Choreografin Sigyn Åsa Sætereng entwickelte ausdrucksstarke Tanzszene aufs Parkett, welche nicht nur an ihrer mentalen Verfassung zweifeln lässt, sondern den ganzen realistisch angelegten Film zu sprengen droht. Zu dem der norwegische Kameramann Pål Ulvik Rokseth Bilder beigesteuert hat, die, gerade was die kühle Architektur des Schulgebäudes betrifft, beim Zuschauer Gefühle der Unsicherheit, ja der Angst hervorruft.
Halfdan Ullmann Tøndel im Pandora-Presseheft: „Ich habe viele Jahre lang in einer Grundschule gearbeitet und dabei erlebt, wie wir den Eltern das Verhalten ihrer Kinder spiegeln können, im Guten wie im Schlechten. Und wie jedes Verhalten von Kindern oder ihren Eltern, das auch nur ein bisschen außerhalb der Norm lag, fast schon verpönt war und sehr genau beobachtet wurde. Irgendwann wurde mir klar, dass daraus ein Filmstoff werden könnte. Ein Stoff, in dem ich etwas über unsere Gesellschaft und den Umgang mit Konflikten erzähle. Und, das ist vielleicht noch wichtiger, in meinem Film untersuche ich, welche Grenzen es in einer Gesellschaft innerhalb eines definierten Normbereichs gibt und wie wir uns zu ihnen verhalten.“
Pitt Herrmann