Sommerfest

Deutschland 2016/2017 Spielfilm

Inhalt

Verfilmung des gleichnamigen Romans von Frank Goosen: Zehn Jahre sind vergangen, seit Stefan seine Heimatstadt Bochum verlassen hat, um nach München zu ziehen. Seither hält er sich in der Bayernmetropole als Theaterschauspieler mehr schlecht als recht über Wasser. Als sein Vater stirbt, muss Stefan zurück ins Ruhrgebiet, um sich um den Nachlass zu kümmern, darunter auch das elterliche Haus. Was als unkomplizierter Wochenendtrip geplant war, wird für Stefan jedoch zu einer Reise in die eigene Vergangenheit. Denn nicht nur trifft er eine ganze Reihe Bekannte und Verwandte wieder, die alle irgendetwas von ihm wollen, sondern auch seine große Jugendliebe Charlie – jene Frau, wegen der er sich so lange nicht in seinem alten "Revier" hatte blicken lassen.

 

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
„Solche Schtories die liegen hier praktisch auffe Straße“ sagt Thorsten „Toto“ Starek in Frank Goosens Ruhrpott-Kultroman „Sommerfest“. In Sönke Wortmanns Verfilmung spielt Nicolas Bodeux, gebürtiger Wanne-Eickeler des Jahrgangs 1967, besagten Toto, der sich wie eine Klette an seinen alten Kumpel Stefan hängt. „Muss ich dich kennen?“: Stefan Zöllner, mäßig erfolgreicher Mime in München, steht gerade in Friedrich Schillers „Die Räuber“ auf der Bühne des Residenztheaters, als ihn ein Anruf aus Bochum erreicht: Sein Vater ist gestorben (im Roman: Onkel Hermann, der in Stefans Elternhaus gewohnt hat). Noch im punkigen „Räuber“-Kostüm setzt sich Stefan in den ICE, um nach zehn Jahren erstmals in seine Heimatstadt zurückzukehren zwecks Beerdigung und Haushaltsauflösung.

Drei Tage, dann will er wieder zurück sein. Zumal das „Resi“ seinen Vertrag nicht verlängert hat und er zum Casting für eine TV-Vorabend-Arztserie an die Isar zurückkehren muss. Aber da sind sie wieder alle, die Kumpel von früher, sämtlich Ruhrpott-Originale aus der Welt seiner Kindheit und Jugend. Als erstes rennt er Omma Änne (76-jährige Debütantin: „Haus Fey“-Wirtin Elfriede Fey) die Bude ein (im Roman lebt Omma Luise im Heim und Tante Änne ist die Büdchenbesitzerin), wo er auf ihren Urenkel Toto trifft. Der ihn sogleich für eine Spritztour in Beschlag nimmt zu Dirk „Diggo“ Decker, um in seinem Schrebergarten eine Kommode abzuliefern. Wo eine heiße Blondine ein kühles Blondes serviert und Stefan zum gefühlt hundertsten Mal mit der Frage konfrontiert wird: „Haste eigentlich schon Charlie angerufen?“ So sehr er sich auch vor der Begegnung mit seiner großen Jugendliebe drücken will, irgendwann steht Charlotte „Charlie“ Abromeit neben ihm am Tresen der Stammkneipe Haus Rabe.

Sie weiß zumal als Alleinerziehende eines Fünfjährigen genau, wo es im Leben langgeht – und liest dem sich vor Entscheidungen drückenden Dauer-Jugendlichen Stefan wenig später die Leviten: „Woanders weißt Du selbst, wer Du bist – hier wissen es die anderen: Das ist Heimat.“ Der sitzt kurz nach der Beerdigung seines Vaters, der übrigens vom Vater von Lucas Gregorowicz verkörpert wird, schon im ICE nach München, als er (abweichend von der Romanvorlage) die gute Nachricht erhält, die TV-Soap-Rolle auch ohne Casting bekommen zu haben. Der Zug düst nur mit seinem Gepäck gen Süden: Stefan rennt...

Mit „Kleine Haie“ schickte Regisseur Sönke Wortmann seinen Helden vor 26 Jahren aus dem Ruhrgebiet nach München auf die Schauspielschule – nun geht die Reise in „Sommerfest“ zurück nach Hause: Warmherzig und mit lakonischem Humor erzählt Wortmann die Geschichte einer Jugendliebe, die die Zeit überdauert hat und jung geblieben ist. Basierend auf dem gleichnamigen, 2012 erschienenen Erfolgsroman des Bochumers Frank Goosen, bringt der im nördlichen Ruhrgebiet geborene und aufgewachsene Regisseur und Drehbuchautor den Witz und die Wehmut der literarischen Vorlage kongenial auf die Kinoleinwand.

Dabei hat Wortmann größere Romankapitel wie die Sperrung der A 40 (B 1) zum Kulturhauptstadtjahr 2010 ganz ausgespart und Nebenstränge wie die brutal verkürzte Profilaufbahn des Dönerbuden-Sohns Murat zusammengestrichen. Hier ist Frank Goosen kurz als Stadionsprecher zu sehen. Dafür sind andere Nebenhandlungen aufgewertet und mit durchaus sehr bekannten Schauspielern besetzt worden. Allen voran der gebürtige Dortmunder Peter Jordan, der als Industriemuseums-Direktor auf Zeche Hannover in Bochum-Hordel ein paar Sätze zum Strukturwandel der arg gebeutelten Kohle- und Stahlregion zum Besten geben kann. Sowie die gebürtige Mülheimerin Sandra Borgmann als seine Gattin Karin, einer Ärztin, die sich ihr Leben auch hätte aufregender vorstellen können, vielleicht gar an Stefan Zöllners Seite. Schließlich gibt die viel gefragte Jasna Fritzi Bauer als Sängerin Mandy alles andere als eine „Provinzsirene“. Und so'n gänzlich Namenloser ist das langjährige Bochumer Schauspielhaus-Ensemblemitglied Bernd Rademacher als arbeitsloser Henrichshütten-Stahlwerker Jürgen nun wirklich nicht.

Während im Roman die Königskinder nicht zusammenkommen, hat Frank Weiß in seiner Bühnenadaption, die Romy Schmidt am 3. Juni 2016 am Bochumer Prinzregenttheater mit dem begnadeten Trio Jost Grix, Nermina Kukic und Thomas Kemper urinszenierte, ein Happy End verpasst. Sönke Wortmann hält das Ende etwas in der Schwebe, aber Stefans Zöllners Lauf durch Bochum, Kameramann Michael Wiesweg hat überhaupt eine Menge Lokalkolorit eingefangen, geht in die Richtung eines versöhnlichen Schlusses: Wenn Stefan nicht gerade als Dr. Heidenreich vor der TV-Kamera steht, wird er im Haus Rabe das Kleinkunstprogramm auf die Beine stellen. Free-TV-Premiere war am 17. Mai 2019 auf Arte.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • 18.05.2016 - 30.06.2016: Ruhrgebiet
Länge:
92 min
Format:
DCP, 1:2,39
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 29.05.2017, 168394, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Aufführung:

Kinostart (DE): 29.06.2017

Titel

  • Originaltitel (DE) Sommerfest

Fassungen

Original

Länge:
92 min
Format:
DCP, 1:2,39
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 29.05.2017, 168394, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Aufführung:

Kinostart (DE): 29.06.2017

Auszeichnungen

FBW 2017
  • Prädikat: besonders wertvoll