Der Golem, wie er in die Welt kam

Deutschland 1920 Spielfilm

Der Golem, wie er in die Welt kam



Fritz Olimsky, Berliner Börsen-Zeitung, 23.10.1920, zit. nach Film und Presse, Nr. 17, 6.11.1920


Paul Wegener hat mit diesem Werk seinem bisherigen Schaffen auf dem Gebiete des Kunstfilms die Krone aufgesetzt. Was wir zu sehen bekamen, war nicht nur bisher absolut unübertroffen, sondern auch für lange Zeit hinaus unübertreffbar, es sei denn, daß Wegener späterhin über sein Meisterwerk hinauswächst. Alles war so gewaltig, diese Bildersprache von einer so eindringlichen Wucht, daß Worte hier eigentlich viel zu schwach sind, um den Eindruck wiederzugeben, den der "Golem" auf einen macht. Ich habe auch nicht einen einzigen gehört, der es gewagt hätte, das eine oder andere daran kleinlich zu bekritteln, und das will immerhin schon allerhand heißen, wenn man bedenkt, daß bekanntlich die liebe Konkurrenz besonders bei allen auch nur halbwegs guten Filmen sich nur zu gern in der lieblichen Tätigkeit des Miesmachens übt.

Die Geschichte jenes rätselvollen Wesens, Golem genannt, das auf Grund von in uralten Schriften gefundenen Angaben von Menschenhand geschaffen, den Prager Juden durch ein Wunder die Befreiung, die Gleichberechtigung bringt. Es ist unerhört, wie Paul Wegener diesen Stoff zu gestalten wußte, und vor allen Dingen, wie er die Hauptfigur selbst spielte. Das ist schauspielerisches Können, wie es ihm keiner nachmachen dürfte, eine ganze Welt mit ihren Höhen und Tiefen liegt in dem Mienenspiel dieses Golemgesichts, man muß diesen Golem gesehen haben, wie er mit breitem Grinsen seines irdischen Schöpfers lacht, muß ihn gesehen haben, wie er gigantisch im Kaisersaal den Deckeneinsturz aufhält, muß ihn gesehen haben, wie er mit übernatürlicher Kraft den Blasebalg in Bewegung setzt, wie er die Liebenden in der Kammer überrascht, wie er fackelschwingend Brand und Verheerung verbreitend die Straßen hindurcheilt und gleich darauf, wie er sich mit mildem freundlichen Lächeln zu den Kindern neigt u.a.m. All das sind schauspielerische Glanzleistungen, die schlechthin vollendet sind.



Einen einzigartigen Rahmen für diese Handlung schuf Prof. Poelzig. Diese malerischen Gassen und Gäßchen mit ihren krummen Stiegen, den verräucherten Häusern, die in ihrem ganzen Ausmaß mit den kleinen Fensterchen und den winkligen Ziegeldächern etwas wiedergeben von der Gedrücktheit, in dem ihre Bewohner lebten, all das war schlechthin der Rahmen für diese Handlung, in jedem anderen wäre sie beinahe unmöglich gewesen, hier wirkte sie wie selbstverständlich, alles zerschmolz in eine einzige große Einheit, die gewaltige Szene der Erschaffung des Golem mit ihrem übernatürlichen Höllenspuk ebenso wie die Vision der Erzväter, die Synagogenszenen wie überhaupt die ganze Ausmalung des Prager Ghetto. Nicht zuletzt war es aber auch die Kunstphotographie von Karl Freund, die in Verbindung mit wundervollen Beleuchtungseffekten (so z. B. gleich im ersten Akt der besternte Himmel und die Synagogenbeleuchtung) eine bis dahin unerreichte Stileinheit schuf. Störend wirkten die zwar stilvollen (soweit deutsche gotische Schrift als stilvoll jüdische Schrift bezeichnet werden kann) aber dafür sehr oft völlig unleserlichen Titel. – Dieser Film ist eine Errungenschaft, die uns mit freudigem Stolz erfüllen kann.

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