Der Golem, wie er in die Welt kam

Deutschland 1920 Spielfilm

Ein Gespräch mit Paul Wegener

Einführendes zum "Golem"


Film-Kurier, Nr. 244, 29.10.1920


(...) "Es ist nicht Prag," sagt Wegener, "was mein Freund, der Architekt Poelzig aufgebaut hat. Nicht Prag und nicht irgendeine andere Stadt. Sondern es ist eine Stadt-Dichtung, ein Traum, eine architektonische Paraphrase zu dem Thema "Golem". Diese Gassen und Plätze sollen an nichts Wirkliches erinnern; sie sollen die Atmosphäre schaffen, in der der Golem atmet.

Riesenhaft, machtvoll, plump beinahe wie der halbgegliederte Block des Bildhauers: halb Fels noch, halb Mensch: so ragt die hünenhafte Gestalt Wegeners vor uns. Sein Gesicht, einer mongolischen Maske ähnlich, starkknochig, breit, scharf-ziseliert: erstaunlich dieser winklige, eckige Basaltschädel über einem einfachen Baumstamm von Menschenkörper. Ein wenig preußisch im Auftreten, und preußisch von der edelsten Art: knapp, ornamentlos, anti-schwindlerisch; nüchterne Noblesse; weitherzige Gutmütigkeit ohne Sentimentalität; sozusagen: Sachliche Jovialität. Er spricht die Sprache Menzels, Fontanes, Schinkels ...

So steht er in seiner Bücherei: im bunten, langen Schlafrock, zwischen den geschnitzten und bemalten Fratzen Ostasiens, den Dschinnen mit drei Köpfen und zwanzig Armen, den Bronzebuddhas, den Waffen, Kriegsmasken, Truhen, Gemälden, Wandschirmen ... (...)

"Die Geschichte vom Golem kenne ich seit Kindstagen. Ich habe sie zuerst irgendwo im Heine gefunden. Es war das Stumme, Große, Dienende, was mich zuerst ergriffen hat. Der Hohe Rabbi hatte ihn aus Ton geformt; der "Schem", der "geheime Name", ausgeschrieben, sternförmig verschlossen (– nach dem Sinnbilde Davids –) und in seine Brust gelegt, hat den Lehmklumpen belebt. Am Freitagabend nahm ihm der Rabbi den Schem immer aus dem Mund: und den Sabbath hindurch stand der Lehmklumpen als Lehmklumpen, ohne Leben. Einmal vergißt der Rabbi. Schon in der Synagoge, erinnert er sich mit Schrecken. Er eilt nach Hause; die Gemeinde wartet mit den Tempelgesängen, die dem Sabbath nach altem Glauben die Tore öffnen; damit keine Sünde geschehe. Aber der Golem war, mit Sonnenuntergang, wahnsinnig geworden, stürzt durch die Gassen und reißt mit übermenschlichen Kräften ganze Straßenzeilen zusammen. Der Rabbi rennt ihm nach, atemlos, reißt ihm den Schem aus der Brust: ein Haufen Tonerde liegt vor ihm – der Golem ist vernichtet ...

Das war alles, was an Material vorlag. Daraus habe ich meinen Golem geschrieben ..." (...)

"Der Film ist nicht Erzählung; der Film ist auch nicht Drama; der Film ist bewegtes Bild vor allem", sagt Wegener.

"Das Bild ist die eigentliche Keimzelle des Filmes: aus dem starken Bild heraus entwickelt sich immer die starke Handlung. Und ich glaube: der "Golem" ist ein starker Film, mein stärkster vielleicht ..." (...)

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