Pugowitza

DDR 1980/1981 Spielfilm

Pugowitza



Fred Gehler, Sonntag, Berlin/DDR, 19.4.1981
Aus den Anfängen des Tonfilms, stammt die Sentenz von René Clair, er wolle gundsätzlich alles mit dem Bild ausdrücken und betrachte das Wort als "Reservemotor", um übermäßige visuelle Erklärungen zu vermeiden.

Ich mußte bei dem Regiedebüt eines unserer profiliertesten Kameramänner an diese Worte denken. Wie zu hoffen und zu erwarten war, ist "Pugowitza" ein Film geworden, der auf das Bild setzt. Zeitliche Abläufe werden über die Veränderungen eines Bildinhaltes transparent, meist mit einem Übergang von der Ruhe zur Bewegung. Ein wie erstarrtes Bild beginnt sich zu beleben, ein leerer Platz, eine leere Straße, der ruhende Heinrich. Die Bildveränderungen bringen dabei nicht einfach nur den Fluß des Erzählens ins Strömen, die Ikonographie historischer Veränderungen tut sich auf: die Flucht der Geschlagenen, die Trecks, das Umherirren des neuen Simplicissimus. Die Bilder seiner Phantasie stoßen den Film vorwärts, Alpträume lassen ihn innehalten, Tagträume verändern die Realität, lichte Träume von einem harmonischen Morgen, Das Märchen von einer weltkommunistischen Utopie.


Es fällt mir leicht, diesem Bildanspruch zuzustimmen, dem erkennbaren Primat eines Kunst-Sinns. Bekanntlich ist dies wahrlich nicht die Regel in unserer Kinematographie, wie oft dominieren da Beiläufigkeit, Ungefähres. Da ist das Wort nicht "Reservemotor", sondern Zuflucht. Deshalb ein Ja zu diesen Ambitionen in "Pugowitza", auch wenn ich mir manches weniger angestrengt gewünscht hätte. Da wird das "Machen" noch allzu sieht- und spürbar, da wird der Zuschauer (als Polemik verständlich) zu sehr in die Bilderschule genommen. Da steht eben öfter unter dem Strich auch schöne Leere. Zu kämpfen hat diese Bildkonzeption mit der inhaltlichen Strukturierung des Stoffes (Buch: Margot Beichler). Immer dort, wo das assoziative Moment der Erinnerung oder der Vorstellung dominiert, die Überhöhung, scheint mir die Synthese gelungen. Veristische Einbrüche und naturalistische Alltagsbildchen wirken in dieser Konzeption fehl am Platze: Das Schwanken zwischen Märchen, Legende, Zeitbild und psychologischem Entwicklungsroman bekommt "Pugowitza" – je länger der Film dauert, um so weniger. Das ist bedauerlich, da ja der Stoff keine einfache Wiederholung schon auf die Leinwand gebrachter Geschichten darstellt, sondern eine Fülle origineller Momente aufweist, die ihn kostbar macht: Vor allem und immer wieder das besondere individuelle Prisma auf das Jahr des Umbruchs 1945, die Reflexion dieses Jahres in den Vorstellungen des simplicianischen Heinrich, genannt "Pugowitza".

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