Fallada - Letztes Kapitel
Internationales Spiel. Jörg Gudzuhn als Fallada
Die Szene verlangt einen betrunkenen Mann, einen Verzweifelten, der sich einreden will, es wird schon gehn, wir werden schon durchkommen, wir sind ja immer durchgekommen, schlecht und recht – bis zum heutigen Tage. Böse Zeiten. Und die Mitschuld sitzt tief. Sie ist sogar dingfest. Ein Toter liegt auf dem Gewissen. Der Mann hat in Jugendzeiten einen Schulfreund während eines Duells erschossen, er selber trug nur eine Narbe davon – direkt unter dem Herzen. Der Mann ist ein erfolgreicher Schriftsteller, und er ist wieder einmal ein Versager. Gerade haben die Kulturbehörden ein Filmszenarium von ihm abgelehnt. Doch er will es ihnen zeigen. (…)
Ich stand am Rande und schaute beim Drehen zu, sah, wie Jörg Gudzuhn bei
Wenn ich Gudzuhns Spiel beschreiben sollte, würde ich es in seinen besten Augenblicken international nennen. Damit würde ich nicht nur andeuten wollen, dass er ein sehr guter Schauspieler ist und welche Vergleiche er aushalten könnte, sondern damit möchte ich vor allem die Art seiner Darstellungskunst beschreiben. Er, so meine ich, handelt nicht mit Gesten, die er auf der Straße aufgelesen hat. Beobachten und Nachmachen sind ihm gleichsam nur Material. So wie ihm die genaue Kenntnis der Hans Fallada-Biographie und die Lektüre seiner Romane nur eine selbstverständliche Voraussetzung waren, um das Spiel zu beginnen. Bei Gudzuhn gesellen sich zu Menschenkenntnis, Beobachtungsgabe und Lesefleiß vor allem noch Mut und Talent. Talent aber bleibt zum großen Teil Geheimnis, und so fange ich an zu spekulieren. Vielleicht ist es der doppelt und dreifache Sinn hinter einer Geste – wenn er die Hände hebt, wenn er eine Umarmung haargenau zwischen Abwehr und Entschuldigung enden läßt. Vielleicht ist es bei aller Fertigkeit seine Ausstrahlung, seine Natur – vielleicht sind es seine Hände, zum Beispiel, wenn er mit dem Rest einer Zigarette die nächste anzündet. Immer scheint mir sein Spiel aus der Zeit und aus der Provinz hinauszuführen.