Bundesweite Kinoinitiative 27. Januar - 80 Jahre Befreiung Auschwitz-Birkenau

Seit 1996 gibt es den Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und rettete die überlebenden Gefangenen. Das Haus des Dokumentarfilms hat eine BUNDESWEITE KINOINITIATIVE 27. JANUAR ins Leben gerufen. 

 

Zusammen mit mehr als 50 Kooperationspartnern werden zum Holocaust-Gedenktag 2025 in Kinos und anderen Einrichtungen Filme gezeigt, die sich mit der Shoah beschäftigen, begleitet von Diskussionsveranstaltungen.

Zum Partnernetzwerk gehören in Stuttgart das Haus der Geschichte Baden-Württemberg, in Berlin die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz, die Deutsche Kinemathek, Das Bundesarchiv, die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und zahlreiche im Bundesverband kommunale Filmarbeit e.V. organisierte Kinos. Die Initiative steht unter der Schirmherrschaft von Mutherem Aras, Präsidentin des baden-württembergischen Landtages, und Dr. Michael Blume, BW-Landesbeauftragter gegen Antisemitismus. Konzipiert wurde die Initiative von Eric Friedler und Ulrike Becker vom Haus des Dokumentarfilms.

"Die Shoah soll nicht als etwas Vergangenes betrachtet werden, sondern ihre Gegenwärtigkeit im heutigen politischen und gesellschaftlichen Leben befragt und als eine dauernde Verantwortung demonstriert und manifestiert werden", so Eric Friedler, Geschäftsführer des Hauses des Dokumentarfilms.

Zum Auftakt zeigt das HDF am 26.01.2025 im Stuttgarter Haus der Geschichte "Die Ermittlung" (2024), Rolf Peter Kahls Kinoadaption des gleichnamigen Bühnenstücks (1965) von Peter Weiss. Peter Weiss hatte als Zuschauer an den Frankfurter Auschwitz-Prozessen (1963 bis 1965) teilgenommen und schrieb sein Stück "Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen" (1965) auf der Grundlage von Gerichtsprotokollen und eigenen Notizen während der Verhandlungen. Der Eintritt ist frei. 

Hochkarätige Gäste auf dem Podium

Gäste sind der Schauspieler Wilfried Hochholdinger, der im Film die Rolle des Hauptangeklagten Robert Mulka spielt. Mulka war in Auschwitz der Adjutant des Lagerkommandanten Rudolf Höß und verantwortlich für die Beschaffung des Giftgases Zyklon B und den Transport der Gefangenen in die Gaskammern. Vor Gericht behauptete Mulka, von den Vergasungen im Lager nichts gewusst zu haben.

Der Schauspieler und Künstler Hochholdinger bezeichnet den Dreh des Gerichtdramas als den emotionalsten und intensivsten seiner bisherigen Laufbahn. Über die Arbeit am Set und die Herausforderungen des Textes von Peter Weiss wird Hochholdinger im Haus der Geschichte berichten. 
Der baden-württembergische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, Dr. Michael Blume, wird zum heutigen Antisemitismus und zum frühen Wirken des Richters Fritz Bauer, dem maßgeblichen Initiator der Frankfurter Auschwitz-Prozesse, sprechen. Die juristischen und gesellschaftlichen Hintergründe der Frankfurter Prozesse wird Frau Dr. Katharina Stengel vom Fritz Bauer Institut beleuchten.

Moderation: Ulrike Becker, Haus des Dokumentarfilms
Wann: Sonntag, 26.01.2025
Wo: Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Otto-Borst-Saal 
Uhrzeit: 11:00 Uhr

Filmreihe in Berlin

In Berlin zeigt das Haus des Dokumentarfilms in Kooperation mit der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz an insgesamt vier Tagen im Bundeplatzkino Dokumentarfilme, die sich mit der Shoah und Überlebenden der Shoah beschäftigen:

26. Januar 2025 / 15:00 Uhr
"German Concentration Camps Factual Survey"
GB 1945, Produzent: Sidney L. Bernstein / Treatment, Beratung: Alfred Hitchcock, 70 Min.
Im Februar 1945 initiierte das britische Ministry of Information einen Film, der die Gräuel der deutschen Täter in den Konzentrations- und Vernichtungslagern dokumentieren sollte: Auschwitz-Birkenau, Majdanek, Bergen-Belsen. Federführend war der Produzent Sidney L. Bernstein. Alfred Hitchcock, um Hilfe bei der Realisierung gebeten, willigte ein, als Berater an Treatment und Schnitt mitzuwirken. Doch wurde der Film letztlich nicht fertiggestellt. Wohl auch, weil den Machern die Bilder als zu grausam erschienen. So verschwand das Drehmaterial im Archiv. 2008 restaurierte das Londoner Imperial War Museum die Filmrollen unter dem Titel "German Concentration Camps Factual Survey".

Einführung: Wolfgang Jacobsen, Filmhistoriker, Berlin
Im Anschluss an den Film Gespräch mit Dr. Elke Gryglewski, Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten und Dr. Julia Schumacher, Haus des Dokumentarfilms
Moderation: Dr. Ruth Preusse, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

27. Januar 2025 / 18:00 Uhr  
"Ein einfacher Mensch"
BR Deutschland 1987, Regie: Karl Fruchtmann, 103 Min.
Ein Film über die Last des Überlebens der nach Israel geflohenen Auschwitz-Häftlinge und über eine zweite Befreiung aus der Einsamkeit des Schweigens durch die erzählende Erinnerung an die Schreckenswelt des Lagers.

Einführung: Prof. Dr. Karl Prümm, Literatur- und Medienwissenschaftler
Im Anschluss an den Film Gespräch mit Prof. Dr. Karl Prümm 
Moderation: Wolfgang Jacobsen, Filmhistoriker

2. Februar 2025 / 15:00 Uhr
"Zeugen. Aussagen zum Mord an einem Volk (I)"
BR Deutschland 1981, Regie: Karl Fruchtmann, 117 Min.
Karl Fruchtmanns "Zeugen – Aussagen zum Mord an einem Volk" war der erste Dokumentarfilm im deutschen Fernsehen, der Überlebende der Shoah in Interviews ausführlich zu Wort kommen lässt. Ästhetisch puristisch, direkt. 1981 ein radikaler Gegenentwurf zu fiktionalen Dramatisierungen und dominanten Täterperspektiven gleichermaßen.

Im Anschluss an den Film Gespräch mit Dr. Lea Wohl von Haselberg, Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf.
Moderation: Dr. Julia Schumacher, Haus des Dokumentarfilms

3. Februar 2025 / 18:00 Uhr
"Lagerstraße Auschwitz"
BR Deutschland 1979, Regie: Ebbo Demant, 60 Min.
Im Auftrag des SWF (heute SWR) drehte Ebbo Demant für die Sendereihe "Menschen und Straßen" die Dokumentation "Lagerstraße Auschwitz". Ausgestrahlt wurde der Film am 22. April 1979 in der ARD. Demant befragte in ihrer Haft die drei SS-Männer Josef Erber, Oswald Kaduk und Josef Klehr, die im Frankfurter Auschwitz-Prozess wegen tausendfachen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt waren und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden. Ein nüchterner Zeugenbericht vom Alltag der Täter im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Morden nach Dienstplan. Demants Film ist ein Dokument der Bedrohung des Menschen durch sich selbst.

Einführung: Eric Friedler, Haus des Dokumentarfilms

PAUSE

"Sklaven der Gaskammer – Das jüdische Sonderkommando in Auschwitz"
BR Deutschland 2000, Regie: Eric Friedler, 45 Min.
Wie ging der Massenmord in Auschwitz-Birkenau vor sich? Die Arbeitssklaven der Häftlings-"Sonderkommandos" waren, außer den Tätern, die einzigen Augenzeugen. Shlomo Venezia (1923-2012) und Henryk Mandelbaum (1922-2008) berichten von der erzwungenen 'Spurenbeseitigung' der Morde in Auschwitz-Birkenau. Nach ihrer Befreiung sagten sie vor den Alliierten oder in Prozessen über die Grausamkeiten der SS aus. Im Film sprechen sie auch über den Aufstand der "Sonderkommandos" gegen die SS-Wachmannschaften. Ihren Familien jedoch verschwiegen sie die Ereignisse. In dem Film geben sie zögernd Auskunft über ihre traumatischen Erlebnisse, die sie lebenslang bedrückten.

Im Anschluss an die Filme Gespräch mit Eric Friedler, Haus des Dokumentarfilms
Moderation: Wolfgang Jacobsen
Wo: Bundesplatz-Kino, Bundesplatz 14, 0715 Berlin

Quelle und weitere Informationen: www.hdf.de