Die beiden Online-Retrospektiven des Filmmuseums zeigen vom 1. bis 8. Mai 2020 täglich Werke des Avantgarde-Filmemachers Klaus Wyborny sowie eine Woche lang einen Film aus der Reihe "Restaurierungen des Filmmuseums München".
Der Filmemacher und Autor Klaus Wyborny, der am 5. Juni 2020 75 Jahre alt wird, ist einer der international profiliertesten Avantgardefilmer und hat ein umfangreiches und vielfältiges Werk geschaffen. Er war 1968 Mitbegründer der Hamburger Filmmacher Cooperative, hat zeitweise in den USA gearbeitet und gelehrt und war seit den 1970er Jahren mehrmals im Filmmuseum zu Gast. Da er sein Gesamtwerk selber digital überarbeitet und in die Sammlungen verschiedener Filmmuseen und Kinematheken gegeben hat, kann das Filmmuseum ihm seine erste Online-Retrospektive widmen, die bewusst einen eigenwilligen künstlerischen Akzent in der Menge der Streaming-Unterhaltungsangebote setzt.
Mittwoch, 29. April bis Freitag, 1. Mai 2020
"The Ideal (Extasy and Beauty)"
BRD 1976 | R+B+K: Klaus Wyborny | 28 Minuten
Musik und Einzelbilder im Stakkatoschnitt, in Erinnerung an Paul Sharits.
"Auf der Suche nach dem verlorenen Schlachtfeld"
DE 1994 | R+B: Klaus Wyborny | 42 Minuten |
Video-Studie von Klaus Wyborny, in der nach dem Ort, der von Plutarch beschriebenen Schlacht Aquae Sextiae gesucht wird, wo der Römische Konsul C. Marius im Jahre 102 BC die Teutonen und Ambronen besiegte.
Fernsehinterview mit Klaus Wyborny
DE 1994 | 24 Minuten | Klaus Wyborny im Gespräch mit Robert Buchschwenter in der Filmsendung "Oktoskop", als Gast der Viennale, mit seinem Film "Auf der Suche nach dem verlorenen Schlachtfeld"
"Drei Miniaturen nach Melanie Klein"
BRD 1981 | R+B+K: Klaus Wyborny | 14 Minuten
Richard / Die Decke der Welt / Elementare Schnitt-Theorie.
Freitag, 1. Mai bis Montag, 4. Mai 2020
"Syrakus"
DE 2012 | R+B+K: Klaus Wyborny | 77 Minuten
"Wyborny mischt Gedichte von Durs Grünbein mit Bildern aus Resten der römischen und griechischen Antike: Statuen, Ornamente, Wandmalereien, Säulen, Höhlen, ganze Gebäude. Aber er zeigt auch die Wirklichkeit der Jetztzeit und da vor allem Natur: Blumen, Bäume, Seen, Flüsse, das Meer. Es ist ein verwirrender Blick auf die Welt. Eine totale Synthese. Voller Poesie und Melancholie. Ich war todmüde, als ich mich ins Kino setzte und dachte, ich würde sofort einschlafen. Aber ich habe keine Sekunde die Augen zugemacht, sondern wurde immer wacher." (Rudolf Thome)
Syrakus auf der Viennale
DE 2012 | 44 Minuten | Gespräch mit Hans Hurch, Klaus Wyborny, Durs Grünbein und Olaf Möller zur Präsentation von "Syrakus" auf der Viennale im Stadtkino.
"Durs Grünbein liest Juvenal"
DE 2012 | R+K: Klaus Wyborny | B: Durs Grünbein, Klaus Wyborny | 26 Minuten
Durs Grünbeins Übersetzung der dritten Satire von Juvenal, gedreht im August 2009 in der Villa Massimo in Rom.
Montag, 4. Mai bis Mittwoch, 6. Mai 2020
"Eine andere Welt"
DE 2005 | R+B+K+M: Klaus Wyborny | 98 Minuten
Ein aus fünf Gesängen bestehender lyrischer Film über die Entdeckung Amerikas, mit drei Gedichten von Durs Grünbein. In Erinnerung an die dritte Reise des Cristobal Colon, in deren Verlauf er die Insel Trinidad und die Nordküste Südamerikas entdeckte.
"Zwischen den Bildern – Über die Trägheit der Wahrnehmung"
BRD 1982 | R+B: Klaus Feddermann, Helmut Herbst | K: Helmut Herbst | 17 Minuten (Ausschnitt) Gespräch mit Klaus Wyborny über patriarchalische Strukturen, die Behandlung von Raum und Zeit und die Kastration des Filmschnitts.
Mittwoch, 6. Mai bis Freitag, 8. Mai 2020
"Dämonische Leinwand"
BRD 1971 | R+B+K: Klaus Wyborny | Mit: Sybille Nabel, Susanne Nabel, Elna Doce, Peter Flak, Jörn Voss | 100 Minuten
"Ein Bündel Science-Fiction-Filme des damals frisch vom Physiker zum Filmamateur konvertierten Wyborny. Der Fiction-Anteil des Wortes steht nicht für die Extrapolation einer gelackten Oberfläche, für die Weiterrechnung repräsentativer Glätte, sondern für die erfrischend schäbigen Wege des Privaten in einer ausgezirkelten Welt. Renewal durch Pathos könnte das Programm lauten." (Heinz Emigholz)
Interview Klaus Wyborny
DE 2016 | 115 Minuten
Im Interview mit Anja Ellenberger und Joan Bleicher spricht Klaus Wyborny über seinen Werdegang als Filmemacher und Autor.
Restaurierungen des Filmmuseums München
Freitag, 1. Mai bis Donnerstag, 7. Mai 2020
"Mutter Krausens Fahrt ins Glück"
DE 1929 | R+K: Piel Jutzi | B: Willy Döll, Jan Fethke | M: Joachim Bärenz | D: Alexandra Schmitt, Holmes Zimmermann, Ilse Trautschold, Gerhard Bienert, Vera Sacharowa | 133 min
"Im Zentrum steht eine Witwe, die dem sozialen Elend lange trotzt, aber keinen Ausweg mehr weiß, als ihr Sohn auf die schiefe Bahn gerät. Die eindringliche Milieuschilderung aus dem Berliner Stadtteil Wedding weitet sich zur Beschreibung der Arbeiterbewegung Ende der 1920er-Jahre, wobei der Einfluss der Umwelt auf das Verhalten der Menschen in eindringlichen Bildern verdeutlicht wird." (filmdienst)
Dieser Klassiker des proletarischen Films ist dem kurz zuvor verstorbenen Zeichner Heinrich Zille gewidmet, Käthe Kollwitz hat beratend mitgewirkt. Stil und der Gesinnung orientieren sich stark an sowjetrussischen Vorbildern. Sinnbildlich steht hier die Demonstration zum 1. Mai für den Kampf der Arbeiterklasse. Das Filmmuseum München hat den verbotenen und von der Zensur geschnittenen Film 2012 auf Basis des Originaldrehbuchs rekonstruiert und die fehlenden Sequenzen mit erklärenden Zwischentiteln überbrückt.