Summary
Sequel to "Kirschblüten – Hanami" ("Cherry Blossoms") from 2007. Ten years after the death of Trudi and Rudi, the life of their son Karl is a disaster area: He is unemployed and an alcoholic, he no longer has any contact with his wife and child. In this desperate situation, Yu suddenly stands at his door, his father's wise Japanese girlfriend, who once helped him in his grief. Now she prepares to lead Karl out of his emotional low as well. Together they visit his abandoned parental home, where Karl confronts the demons and ghosts, who persecute him so tortuously to finally come to terms with his life.
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Widerwillig fährt Karl mit ihr aufs Land, aber er kann sich dem Charme von Yu nicht entziehen. Das Elternhaus, ein idyllisch gelegenes Anwesen im Ostallgäu, steht schon lange leer, die Geschwister Klaus und Karolin sind zerstritten. Yu ruft in den Brunnen vor dem Haus und erklärt Karl, dass dort in der Tiefe die Toten wohnen. Sie übernachten im Haus und Karls Dämonen kehren zurück. Aber Yu weiß, wie man mit ihnen umzugehen hat. Immer mehr wird Karl bedrängt von bedrückenden Erinnerungen an seine Kindheit, die Geschwister, die toten Eltern. Sie sind wieder da und fragen Karl: Was machst du mit deinem Leben? Warum bist du nicht glücklich?
Karl beginnt mit Unterstützung von Yu, in die er sich immer mehr verliebt, um sich selbst und seine Familiengeschichte zu ringen. Um herauszufinden, ob er selbst schon ein Gespenst oder noch am Leben ist, muss er fast sterben und bis nach Japan gehen. Wo er in einem alten Ryokan auf Yus Großmutter (die japanische Kino-Legende Kiki Kirin) trifft und lernt, dass Dämonen auch hilfreich sein können, dass man sich aber von bösen Dämonen trennen muss. Auf der Veranda des Ryokan mit Blick auf einen zauberhaften Garten singt sie das berühmte Lied „Gondola No Uta“ aus Akira Kurosawas Film „Ikiru“: „Verliebe dich jetzt, Mädchen, bevor deine Lippen blass werden und deine Wangen nicht mehr rot sind, denn das Leben ist kurz, und wer weiß, ob es ein Morgen gibt.“
Doris Dörries knapp zweistündige, arg verzwickte und unter dem Strich sehr düstere japanisch-deutsche Gespenstergeschichte „Kirschblüten und Dämonen“ ist zehn Jahre nach ihrem großen Erfolg „Kirschblüten-Hanami“ 2019 herausgekommen. Keine Fortsetzung, obgleich einschließlich Hannelore Elsner als Rudis Gattin Trudi die Protagonisten des überaus erfolgreichen Vorläufers wieder vor Hanno Lentz' Kamera stehen. Mit der Ausnahme, dass Maximilian Brückner als Muttersöhnchen Karl nicht zur Verfügung stand und durch den Münchner Golo Euler ersetzt worden ist: für ein halbes Jahr drehte er für eine Serie im fernen Lappland. Man muss die Geschichte von Trudi und Rudi, die ihre Kinder besuchen und feststellen müssen, dass diese keine Zeit für sie haben, weil sie nur an sich selbst denken, nicht kennen, um die Umkehrung der Perspektive, die Sicht des verlorenen Sohnes Karl auf die mittlerweile verstorbenen Eltern, verstehen zu können.
Entstanden ist die Idee zu „Kirschblüten und Dämonen“ 2015 beim Drehen des eindrucksvollen semidokumentarischen Schwarzweiß-Films „Grüße aus Fukushima“, der 2016 auf der Berlinale uraufgeführt worden ist: Darin begibt sich die junge Deutsche Marie (Rosalie Thomass) in einer Lebenskrise nach Japan, um mit der Organisation „Clowns4Help“ die Opfer der atomaren Katastrophe von 2011 zu unterhalten. In Fukushima begegnet sie Satomi (Kaori Momoi), einer eigenwilligen älteren Geisha, die trotz aller Warnungen zu ihrem in der Sperrzone gelegenen, verwüsteten Haus zurückkehren will. Gemeinsam machen sie sich daran, es wieder halbwegs bewohnbar zu machen und erkennen dabei auf wundersame Weise, dass sie in mancher Hinsicht von ähnlichen Ängsten und Sorgen getrieben werden…
In „Kirschblüten und Dämonen“ geht es um die Dämonen der Familie Angermeier, um Trudis schwere Depressionen, die in einem Selbstmordversuch gipfelten, und um Rudis wortlose Erstarrung, als er von der SS-Vergangenheit seines Vaters erfährt. In der Familie ein striktes Tabu, dass erst Karls junger Neffe Klaus bricht, indem er sich ein Hakenkreuz auf die Stirn tätowieren lässt. Und es geht um japanische Gespenster, die wie gute Hausgeister zum Lebensalltag dazugehören. Im Grunde genommen aber kreist der Film um stets wiederkehrende Themen im Werk der Regisseurin Doris Dörrie: Es geht um Liebe, Verlust und Familienbeziehungen sowie die Schönheit, Grausamkeit und Poesie des Lebens.
Doris Dörrie im Presseheft über ihre vom Osten inspirierte, aber im Westen stattfindende Geschichte: „Die Vermischung der Elemente soll stilistisch ähnlich wie in ‚Kirschblüten – Hanami‘ sein, beweglich, quasi dokumentarisch, leicht und von großer Poesie. Ich möchte durch große Nähe die innere Wahrheit der Figuren erforschen, der Kinder wie der Eltern, ihre ihnen ganz unverwechselbar eigene Schönheit und Hässlichkeit, ihre Widersprüche, die sie menschlich machen und als Motor der Geschichte dienen – bis hin zur Frage, woher man eigentlich weiß, ob man tot oder lebendig ist. Dadurch bekommt diese Geschichte etwas Schillerndes, Abgründiges und rührt an sehr tiefe Gefühle, die wir alle kennen: die Angst, unserer eigenen Identität nicht zu genügen, uns selbst nicht wirklich gefunden zu haben, nicht wirklich zu leben. Gleichzeitig, wie in all meinen Filmen, entbehrt das nicht der Komik, und die radikale Verwandlung von Karl hat, wie all unser Ringen um Wahrheit, absurde und komödiantische Züge. Eine tieftraurige Komödie also – ganz wie das Leben.“ Free-TV-Premiere ist am 4. November 2020 auf Arte.
Pitt Herrmann