Ikarus

DDR 1974/1975 Spielfilm

Summary

Icarus

Matthias dreams of one day becoming a pilot. He's longing for his ninth birthday, because that's when his dad has promised to take him on a sightseeing flight. His father has told him the story of Icarus, who flew too close to the sun and crashed to the earth. Mathias, who lives with his mother, is heartbroken when his dad fails to turn up on his birthday. He wanders through the town, talks things over with his friend and eventually decides to visit his dad who's an editor at a newspaper. On his own on the roof of a block of flats, Mathias arrives at the conclusion that Icarus didn't crash because he didn't listen to his father, but because his dad had forgotten him.

Source: 64. Internationale Filmfestspiele Berlin (Catalogue)

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Mathias Wagner (eindrucksvolles Debüt des elfjährigen Treptower Fünftklässlers Peter Welz) liebt die Geschichte von Dädalus und Ikarus. Weil sie eine Vater-Sohn-Geschichte ist und beide sich Flügel gebaut hatten, um über das Meer zu fliegen. So etwas ähnliches hat sich Mathias von seinem vielbeschäftigten Vater, einem Journalisten des SED-Zentralorgans „Neues Deutschland“, an seinem neunten Geburtstag gewünscht: einen Rundflug über die Hauptstadt.

Vor allem aber wünscht sich Mathias, dass seine geschiedenen Eltern endlich wieder zusammenkommen, eine Familie bilden. Denn seine Mutter, ebenso stark geforderte Brigadierin in einem großen Betrieb, hat einen Neuen, den er Onkel Jochen nennen soll. Was ihm aber nicht so recht über die Lippen will, denn dieser Herr Keller ist keine Alternative für den Papa, den Mathias häufiger heimlich besucht. Andererseits: statt des versprochenen Rundflugs über Berlin hat Papa eine Modelleisenbahn als Geburtstagsgeschenk mitgebracht. Und neuerdings trifft Mathias häufiger auf eine fremde Frau in der Wohnung seines Vaters, die ihn mit plumpen Annäherungsversuchen nervt...

„Ikarus“, Heiner Carows erster Film nach seinem Mega-Erfolg „Die Legende von Paul und Paula“, erzählt die Geschichte eines neunjährigen Scheidungskindes, ist aber alles andere als ein Kinderfilm. Es ist die Opfer-Perspektive des Jungen, die Carow in den Mittelpunkt stellt: beide Eltern stellen ihre berufliche Karriere über die familiären Pflichten, die Ehe wird geschieden, er wächst in erster Linie bei den Großeltern auf. Und das durchaus mit Glücksmomenten, die hauptsächlich mit seinem Rückzugsrefugium zusammenhängen, einem Bretterverschlag auf dem Dachboden: nicht ungefährlich, aber herrlich zum Spielen und zum Träumen, manchmal zusammen mit seinem besten Freund Kater.

Aber unter dem Strich ist „Ikarus“ ein Appell an die DDR-Gesellschaft, bei allen positiven Errungenschaften der Emanzipation – von der vergleichsweise zum Westen hohen Quote arbeitender Frauen bis hin zur Rundumversorgung des Staates mit Krippenplätzen – nicht die Kinder zu vergessen, die Opfer einer – vergleichsweise – sehr viel höheren Scheidungsrate gerade unter jungen Eheleuten. Was in der offiziösen Kritik sehr wohl registriert wurde. So kritisiert die (Ost-) „Berliner Zeitung“, dass die Eltern „keine Vitalität in ihrem legitimen Lebensanspruch gewinnen“.

„Wenn der Mensch spürt“, so Regisseur Carow, „dass seine Gefühle erwidert werden, wenn ihn Wärme umgibt, Liebe, Geborgenheit, wenn er Zuspruch findet, Verständnis, dann entfalten sich seine schöpferischen Fähigkeiten, dann wachsen ihm Flügel. Fehlt das alles, dann stürzt er ab.“ Heiner Carow zeichnet zudem, sozusagen zwischen den Zeilen, ein realistisches Bild des DDR-Alltags, das man so im Szenarium vergeblich sucht. Etwa das Schulsaufsatz-Zitat „Westautos fahren schneller. Aber sie haben den Kapitalismus“ oder den Ausspruch eines Klassenkameraden: „Meine Schwester ist verknallt in einen Griechen von drüben.“

Eine Szene, die zumindest beim westlichen Publikum blankes Entsetzen hervorruft, steht allerdings auch im „dialog“-Band des Henschelverlags: Ein Kamerad von Mathias muss sich vor versammelter Klasse samt Lehrerin und einem Volkspolizisten selbstbezichtigen. Eine solche Selbstanklagepraxis erinnert nicht nur an den mittelalterlichen Pranger, sondern in fataler Weise an faschistische Praktiken.

Die Versuche, einen neuen sozialistischen Menschen zu erziehen, sind mit solchen Maßnahmen zum Scheitern verurteilt. Was auch für andere gesellschaftlich relevante Bereiche gilt. Das beherzte Duo aus dem Schriftsteller Schlesinger und dem Filmemacher Carow nimmt kein Blatt vor den Mund – und legt Mathias’ Vater deutliche Worte in denselben. So wünscht sich der Redakteur des SED-Parteiorgans endlich ’mal „ein anständiges Interview“, und neben einem ansprechenden, modernen Layout „Artikel, die die Leute einfach zum Lesen zwingen“. Das haben die beim ND bis heute nicht geschafft...

Der „Jugendfilm“ startete erst am 3. Oktober 1975 in den DDR-Kinos und wurde am 12. April 1977 vom Fernsehen der DDR erstausgestrahlt. Bundesdeutscher Kinostart war der 16. März 1979.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Director

Assistant director

Screenplay

Script editor

Director of photography

Lighting design

Production design

Set construction

Costume design

Editing

Cast

Unit production manager

Original distributor

Duration:
2491 m, 91 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 04.09.1975, Karl-Marx-Stadt, Europa 70

Titles

  • Originaltitel (DD) Ikarus

Versions

Original

Duration:
2491 m, 91 min
Format:
35mm
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 04.09.1975, Karl-Marx-Stadt, Europa 70