Fabian oder Der Gang vor die Hunde

Deutschland 2019-2021 Spielfilm

Summary

Fabian - Going to the Dogs

Berlin, 1931. A milieu between sublets and the underworld, where brothels are artists’ studios, Nazis are yelling abuse in the streets and Babelsberg is dreaming of producing "psychological cinema". Life is surging, society is fermenting and corroding. As long as he still has a job, Jakob Fabian, who has a doctorate in German studies, writes advertising copy during the day and frequents the city’s more outlandish establishments with Stephan Labude at night. While his friend – who later confesses to having failed "in the subjects of life and profession" – is a go-getter when it comes to communism and sex, Fabian remains sober and distant. Without really believing in it, he is waiting for the “victory of decency”. His love for Cornelia is the only thing that makes him question his ironic fatalism. She becomes a ray of hope in his crumbling existence.

Despite all the parallels with today’s maligned world, bringing Erich Kästner’s deeply sad, autobiographical "Fabian" – one of the most important novels of the Weimar Republic – out of the shadows is a challenge. Dominik Graf masters it brilliantly. His style is finely pointed, cold-bloodedly brisk and yet quietly melancholic. A film like a slowly turning disco ball, about the connections between sexual intercourse and an empty fridge – and the disintegration of the dream of happiness.

Source: 71. Internationale Filmfestspiele Berlin (Catalogue)

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Heinz17herne
Heinz17herne
Berlin 2019. Mit der Kamera von Hanno Lentz betreten wir die Berliner U-Bahn-Station Heidelberger Platz, durchmessen das kathedralenartige Kreuzgewölbe des Architekten Wilhelm Leitgebel und landen beim Ausstieg im Jahr 1931. Der aus Sachsen stammende Germanist Jakob Fabian verdingt sich als Reklametexter in der Werbeabteilung einer Zigarettenfabrik. Ihm fehlt jeder Ehrgeiz, sich einen seiner Ausbildung adäquaten Job zu suchen. Viel lieber gibt er den kühl-distanzierten Beobachter des Berliner Nachtlebens und lässt sich beim Zug durch Unterweltkneipen, Bordelle und Künstlerateliers von seinem einstigen Kommilitonen und besten Freund Stephan Labude aushalten.

Der promovierte Literaturhistoriker kann sich ein luxuriöses Leben leisten: sein Vater, der so vielbeschäftigte wie wohlhabende Justizrat Labude, gibt selbst den Lebemann und tanzt am Ende der Weimarer Republik auf dem Vulkan, solange es noch möglich ist. Dabei ist der Millionärssohn, der am Lehrstuhl seines Professors gerade seine Habilitationsschrift über Gotthold Ephraim Lessing eingereicht hat, im Herzen ein Sozialrevolutionär, der wie die Kommunisten von einer klassenlosen Gesellschaft träumt. Als er kurz vor seiner Hochzeit von seiner Verlobten betrogen wird, stürzt er sich – zusammen mit Fabian – in zahlreiche Affären, so bei der lesbischen Baronin Ruth Reiter, die ein Etablissement zur Anbahnung von zwischenmenschlichen Beziehungen unterhält.

Fabian, den auch politisch mit Labude so gut wie nichts verbindet, hält sich bei Frauen wie der liebestollen Irene Moll bedeckt, bis er in einem Kabarett der selbstbewussten Cornelia Battenberg begegnet. Die promovierte Juristin, welche als Justiziarin einer Filmproduktionsfirma ihre Herkunft aus dem Arbeiterbezirk Wedding sorgsam verschleiert, erliegt seinem nachdrücklich-charmanten Werben schließlich, obwohl sie eigentlich zu Männern nur eine berufliche Verbindung sucht. Wie zum einflussreichen Produzenten Makart, von dem sie sich eine Hauptrolle in dessen nächstem Filmprojekt verspricht. Sie ist bereit, für die Karriere Makarts Geliebte zu werden. In den Babelsberger Ufa-Studios spricht sie – erfolgreich - mit einem sehr persönlichen Text Fabians vor.

Der ist inzwischen stellungslos geworden und reiht sich in die lange Schlange vor dem Arbeitsamt ein. „Man magert ab, nicht nur der Körper, auch der Kopp“ lässt ihn ein Einarmiger (Sönke Möhring) in die Zukunft blicken. Doch Fabian ist nicht davon überzeugt, dass Cornelias Arrangement mit ihrem Boss der gemeinsamen Existenzsicherung gilt und trennt sich von ihr. Wenig später wird er eines Morgens von der Polizei aus dem Bett geklingelt: Stephan Labude hat sich in der elterlichen Villa erschossen. Der Grund steht in einem Brief der Universität: danach ist seine Lessing-Arbeit aus Qualitätsgründen abgelehnt worden. Nichts davon ist wahr, erfährt Justizrat Labude (im Roman) bzw. Fabian (im Film) beim Professor: Der hat im Gegenteil Labudes Habilitationsschrift als herausragendes Werk in der Schriftenreihe der Universität publizieren wollen. Den Brief hat der wiss. Assistent Dr. Weckerlin verfasst. Nicht als talentloser Konkurrent, der sich am Begabten gerächt hat, wie es bei Kästner im Buche steht, sondern als Nationalsozialist am Kommunisten. Und weil die Hakenkreuzler inzwischen das Sagen haben, wird besagter Weckerlin nicht gefeuert, sondern der Professor muss anbiedernd von sich geben: „Alles ist für etwas gut, auch ein Opfer. Es muss ja aufwärts gehen.“

Für Jakob Fabian ist Welt vor die Hunde gegangen, er kehrt zu seinen Eltern nach Dresden zurück und hofft auf eine Redakteursstelle bei der örtlichen Zeitung. Cornelia lächelt inzwischen als neuer Stern am Kino-Himmel aus allen Illustrierten. Mit ihr verabredet er sich in ihrem Berliner Stammafé, doch sie wartet dort vergeblich: Fabian wollte nicht mit der Zeit schwimmen. Dass er überhaupt nicht schwimmen kann, wird ihm letztlich zum Verhängnis…

„Fabian“ ist Erich Kästners Meisterwerk. Es wurde vor seinem Erscheinen 1931 verändert, gekürzt und mit dem Untertitel „Die Geschichte eines Moralisten“ veröffentlicht. Ursprünglich hatte der junge Kästner für seinem ersten Roman den Titel „Der Gang vor die Hunde“ vorgesehen. Die vom Herausgeber Sven Hanuschek 2013 wiederhergestellte Fassung des Ursprungstextes diente als Vorlage für die mit 176 Minuten keinesfalls zu lange, teilweise auf Super 8 im früher üblichen, heute sehr intensiv erscheinenden Kino-Format 4:3 gedrehte und mit historischem Schwarz-Weiß-Material ergänzte Leinwandadaption Dominik Grafs.

Die in Kästners so scharfsinnig-sachlichen wie frech-satirischen Großstadtroman erheblich eingegriffen hat, um die Vergangenheit (Dominik Hermanns als „Der Gezeichnete“ aus dem Ersten Weltkrieg) mit der Gegenwart (Sönke Möhring als arbeitsloser „Einarmiger“, Aufmarsch der Braunhemden) und der Zukunft (Stolpersteine auf dem Bürgersteig, finale Bücherverbrennung) zu verbinden, was nicht immer so nahtlos gelingt wie in der Eingangsszene am Heidelberger Platz. Der Regisseur arbeitet mit Zwischentiteln wie im Stummfilm und mit gleich mehreren Versionen der heutigen Split-Screen-Technik, die man durchaus als bewusste Verfremdungs-Effekte wahrnimmt: Graf wollte weder einen historisierenden Kostümschinken noch konventionelles Erzählkino.

Pitt Herrmann

Credits

Director

Director of photography

Editing

Cast

Producer

All Credits

Director

Assistant director

Script supervisor

Director of photography

Camera operator

Assistant camera

Lighting design

Production design

Set design

Property master

Stand-by props

Editing

Assistant editor

Sound

Sound assistant

Audio mixing

Cast

Producer

Line producer

Unit production manager

Production coordinator

Post-production

Shoot

    • 30.07.2019 - September 2019: Görlitz, Malschwitz, Bautzen, Kleinmachnow, Berlin und Brandenburg
Duration:
186 min
Format:
DCP
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 05.03.2021, 204457, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Screening:

Voraufführung (DE): 01.03.2021 - 05.03.2021, IFF Berlin - Industry Event - Wettbewerb, VoD;
Uraufführung (DE): 10.06.2021, Berlin, IFF Summer Special - Wettbewerb, Freiluftkino Museumsinsel;
Kinostart (DE): 05.08.2021

Titles

  • Originaltitel (DE) Fabian oder Der Gang vor die Hunde
  • Arbeitstitel (DE) Fabian - Der Gang vor die Hunde
  • Weiterer Titel (eng) Fabian - Going to the Dogs

Versions

Original

Duration:
186 min
Format:
DCP
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 05.03.2021, 204457, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Screening:

Voraufführung (DE): 01.03.2021 - 05.03.2021, IFF Berlin - Industry Event - Wettbewerb, VoD;
Uraufführung (DE): 10.06.2021, Berlin, IFF Summer Special - Wettbewerb, Freiluftkino Museumsinsel;
Kinostart (DE): 05.08.2021

Awards

Bayerischer Filmpreis 2022
  • Bester Darsteller (ex aequo >Lieber Thomas<)
  • Beste Regie
Günter Rohrbach Filmpreis 2021
  • Preis des Saarländischen Rundfunks
  • Darsteller*innen-Preis
  • Günter Rohrbach Filmpreis
Deutscher Filmpreis 2021
  • Lola, Beste Kamera / Bildgestaltung
  • Lola, Bester Schnitt
  • Lola in Silber, Bester Spielfilm
Filmfestival Türkei Deutschland 2021
  • Preis für den besten Spielfilm
FBW 2021
  • Prädikat: besonders wertvoll