Inhalt
Werner Rameil, Direktor eines großen Firma, erhält einen dramatischen Anruf von seiner Geliebten Ingrid: Ihr gemeinsames Baby wurde ermordet! Als Rameil in Ingrids Wohnung eintrifft, hat man die junge Frau sowie den Arzt Dr. Heinz bereits als Tatverdächtige verhaftet. Doch der einflussreiche Rameil unternimmt nichts, um seiner Freundin zu helfen – er fürchtet um seinen Ruf und seine Ehe. Obwohl Briefe in ihrer Wohnung darauf hindeuten, dass Ingrid einen unbekannten Geliebten hat, bleibt sie die Hauptverdächtige. Für den Pflichtverteidiger Dr. Fox beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um vor Beginn des Gerichtsverfahrens Licht in die Affäre zu bringen.
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„Der letzte Zeuge“, 1961 in Cannes im Wettbewerb gelaufen und leer ausgegangen, ist ein dezidiert sozialkritischer Film, der in psychologischen Porträts wie in dramatischen Szenen beleuchtet, welche Vorurteile die westdeutsche Gesellschaft hervorbringt, die zu schlampigen Recherchen der Behörden führen. Erst das Engagement eines Einzelkämpfers vermag die Kette aus Ignoranz und Gewohnheit zu durchbrechen. Andererseits: 1960 begannen erste zaghafte Versuche einer Reform der Strafprozessordnung besonders im Hinblick auf Formen eines modernen Strafvollzugs.
Staudte findet drastische Bilder etwa für die Vorurteile der Geschworenen beim Betrachten der Fotos einer leicht bekleideten, wohl proportionierten Ingrid Bernhardy oder die Voreingenommenheit des Untersuchungsrichters, welcher die Angeklagte mit haltlosen Verleumdungen überzieht – und das in einem öffentlichen Verfahren. Oder für die unmenschlichen Zustände in den Gefängnissen, wo Untersuchungshäftlinge wie Schwerverbrecher behandelt werden, obwohl für sie bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt: Der junge Arzt Dr. Heinz Stephan hat nach dreimonatiger U-Haft seinen Arbeitsplatz in einem Krankenhaus verloren. Schließlich für die unsäglich-reißerische Stimmungsmache in der Boulevardpresse, die jeden Morgen neu mit dicken Schlagzeilen um Käufer buhlt.
Die Kritik hat den gut einhundertminütigen Film, der am 30. August 1965 im ZDF erstausgestrahlt worden ist, nicht geliebt – gemessen an Staudtes sozialkritischen Defa-Meisterwerken wie „Die Mörder sind unter uns“, „Rotation“ und „Der Untertan“ fehle es an Biss. „Bestenfalls ein bescheidener Kriminalfilm“ hieß es in der Presse nach der Vorführung in Cannes. Und: die Charaktere seien auch gegenüber seinen ersten West-Filmen „Rosen für den Staatsanwalt“ und „Kirmes“ zu einfach gestrickt, die Sozialkritik wachse nicht aus der Handlung, weshalb sie aufgepfropft wirke. Immerhin gab es beim Deutschen Filmpreis 1961 zwei Filmbänder in Gold – für Hanns Lothar für die beste männliche Nebenrolle als Rechtsanwalt Dr. Fox und für Blandine Ebinger für die beste weibliche Nebenrolle als Ingrids Gymnastiklehrerin.
Pitt Herrmann