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Wolfgang Schmidt arbeitet als Werbezeichner – obwohl er als Zeichner nicht viel taugt. Dafür ist er überaus wortgewandt, was ihm gleich mehrere Ämter im Haus der Werbung eingebracht hat. Als man einen neuen Mitarbeiter für die Verwaltung sucht, machen sowohl Schmidts Akte, als auch sein souveränes Schweigen mächtig Eindruck. In Wahrheit ist Schmidt plötzlich so still, weil er kurz zuvor zwei Schneidezähne verloren hat. So wird er befördert, obwohl ihm der neue Job gar nicht behagt. Aber alles, was er sich einfallen lässt, um seine eigene Karriere zu beenden, entpuppt sich als unverhoffter Erfolg und bringt Schmidt immer weiter voran. Erst als man ihn zum Generaldirektor macht, erkennt man schließlich Schmidts mangelnde Kompetenz. Er wird, sehr zu seiner Freude, degradiert. In der Kollegin Bessy findet er eine Lebenspartnerin, und am Ende bekommt er auch eine Stelle, die bestens zu seinem Redetalent passt: Als Führer bei Stadtrundfahrten.
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„Werbung für den Wartburg ist ein Hohn“ lässt sich Reinhard Lakomy vernehmen, „willst du einen kaufen, kriegt ihn erst dein Sohn.“ Solcherart sind die deftigen Scherze, die nicht nur zum Erstaunen des Erfurter Publikums die Zensur passiert haben. Denn auch höchst populäre Adlershofer Fernsehstars wie der Sportreporter Heinz Florian Oertel (Hans-Joachim Hanisch als H.F. Floertel) und „Kino-Eule“ Renate Holland-Moritz (Brigitte Krause als R. Ribnitz-Damgarten) werden von den Johannisthaler Defa-Leuten satirisch aufs Korn genommen.
Deshalb darf auch folgender Warnhinweis nicht fehlen: „Dargestellte Betriebe und Institutionen sind nicht identisch mit irgendwelchen Betrieben und Institutionen der DDR. Die geschilderten Ereignisse konnten sich allenfalls im Bereich des Filmwesens abspielen.“
„Werbung in jeder Färbung“: Im Berliner „Haus der Werbung“ herrscht Hochbetrieb, als Siegfried Huster, Leiter der Zentralstelle für leichte Druckerzeugnisse, bei der Direktorin Kühn erscheint und ihr eröffnet, auf der Suche nach einem Nachfolger für sie zu sein. Dass seine Wahl ausgerechnet auf den schwatzhaften Werbezeichner und BFC Dynamo-Stadionsprecher Wolfgang Schmidt fällt, hat mit dessen unfallbedingt fehlenden Schneidezähnen und seiner Angst vor dem auch als Fußball-Torwart aktiven Zahnarzt Dr. Jonas zu tun: Der wortgewandte „große Schweiger“ verstummt plötzlich und macht seinem ursprünglich ironisch gemeinten Spitznamen alle Ehre.
Vom hier Bleurop genannten Blumendienst täglich mit „Blumen in Aspik“ (in Klarsichtfolie) als Dank für eine entsprechende Werbekampagne versorgt kann Schmidt bei Cilly punkten, der neuen, aus Leipzig gekommenen Sekretärin, die angeblich mit einem in Afrika als Leichtathletik-Trainer tätigen Speerwerfer verlobt ist – seit nunmehr fünf Jahren. Wie auch gleichermaßen bei den Chefs einschließlich des Kraftfahrers Dietmar Freiherr von Fredersdorff-Lützenheim, dem blaublütigen Betriebs-Gewerkschafts-Leiter (BGL).
Als er, über Moskau versteht sich, nach San Francisco fliegt, um sich bei der Konkurrenz umzuschauen, wird seine Frachtkiste mit der des Meeraner Puppenspielers Eberhard Kurz auf dem Weg nach Tokio verwechselt. Was den Umsatz von Sandmännchen, Pittiplatsch & Co im kapitalistischen Westen in ungeahnte Höhen treibt – und Wolfgang Schmidt endgültig aufsteigen lässt samt Luxus-Dienstwagen Wolga. Dabei hat er doch alles getan, um in seinen alten, beschaulichen Job zurückzukehren und sogar einen Psychiater konsultiert.
Nach der auch noch erfolgreichen Anti-Werbe-Kampagne „Weiße Woche“, die ihm sogar eine Einladung in die Nachrichtensendung Aktuelle Kamera eingebracht hat, legt sich Wolfgang Schmidt auf die Schienen. Doch die Dampflok rattert übers benachbarte Gleis an ihm vorbei, sodass „fünf Jährchen später“, einem Happy End nichts mehr im Weg steht: mit drei kleinen Matrosen und dem vierten Kind in Cillys Bauch ist das Familienglück des neuen hauptstädtischen Fremdenführers perfekt!
Die turbulente, völlig überdrehte Komödie „Nelken in Aspik“ bekam bereits beim Kinostart negative Kritiken. So schrieb Fred Gehler in der DDR-Wochenzeitung „Sonntag“ (vom 7. November 1976): „Der Witz erwächst nicht aus einer stabilen Komödienkonstellation, sondern muß mühevoll immer wieder aus Nebensächlichkeiten erzeugt werden. Die Anstrengung ist spürbar. (…) Unsicherheiten in der Charakterisierungskunst komischer Helden, in einer logischen und präzisen Fabelführung führten zu einer nicht empfehlenswerten Methode, allzu viele stilistische Zutaten zu verrühren, billigste Klamaukeinlagen decken bessere Einfälle zu, überall Stückwerk aus der Komik-Werkstatt.“ Selbst Klaus Lippert ätzte im nun wirklich nicht kritischen „Filmspiegel“ (22/1976): „Enttäuschend dagegen einige, nicht einmal klamottige Szenen mit den sonst bewährten Spaßmachern Cohrs, Lierck, Stückrath.“
„Mir liegt am Herzen, mit den Mitteln des Komischen Entwicklungsprobleme der Gegenwart aufzudecken und zu zeigen, daß ihre Widersprüche bei uns lösbar sind“ gab Günter Reisch, von Heinz Müller zu seiner neuen Komödie befragt, zu Protokoll („filmspiegel“ vom 11. Februar 1976). Gedacht als unbeschwerter Heidenspaß im Vorfeld des IX. Parteitags der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) wurde „Nelken im Aspik“ zum Rohrkrepierer: Im Zuge der Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 verließen auch Armin Mueller-Stahl und Eva-Maria Hagen mit zahlreichen weiteren Kulturschaffenden die DDR, später auch Winfried Glatzeder, sodass der Film im Babelsberger Giftschrank landete. Seine TV-Erstausstrahlung erfolgte erst nach der Wende am 1. Mai 1994 im Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB).
Pitt Herrmann