Inhalt
Eine Frau unternimmt mit einem Ehepaar einen Ausflug in ein Jagdhaus in den Bergen. Die Freunde gehen abends noch ins Wirtshaus ins Tal, die Frau bleibt mit dem Hund zurück. Als das Ehepaar am nächsten Morgen nicht zurückgekehrt ist, macht sich die Frau auf den Weg ins Dorf – und entdeckt etwas Unvorstellbares: Eine unsichtbare Wand, hinter der es kein Leben mehr zu geben scheint, trennt sie vom Rest der Welt. Allein mit dem Hund, einer Katze und einer Kuh muss sie versuchen, im Wald zu überleben. Ihre Gedanken, Sorgen und Nöte hält sie in Aufzeichnungen fest, die vielleicht niemals jemand lesen wird.
Der 1963 erschienene Bestseller der österreichischen Autorin Marlen Haushofer begleitete und begeisterte Generationen von Lesern und wurde in 17 Sprachen übersetzt. Der österreichische Drehbuchautor und Regisseur Julian Roman Pölsler verfilmte das Buch im Salzkammergut. Dabei hielt er sich strikt an die Texte der Vorlage, die – Erzählung, Emanzipationsroman und Zivilisationskritik in einem – mit ihren Fragen nach dem Umgang mit der Natur und dem Selbst heute brandaktuell erscheinen. Martina Gedeck stellt den individuellen Wandlungsprozess einer Frau dar, die plötzlich in ein völlig anderes Leben gezwungen wird.
Quelle: 62. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Sie erinnert sich an das Vergangene mit Grauen, aber auch mit einem gewissen trotzigen Stolz. Nicht, weil sie Freude am Schreiben hätte. Das soll ihr vielmehr über die langen, dunklen Wintermonate hinweghelfen, denn es ist einsam geworden um die Frau, die mehrfach kurz davor war, ihren Verstand zu verlieren…
„Der Film erzählt vom individuellen Wandlungsprozess einer Frau, die durch ein unerklärbares Phänomen gezwungen wird, mit ihrem gewohnten Leben zu brechen und in einer fremden Welt ein völlig neues Leben zu führen“: Der auf einem Bergbauernhof über dem Paltental in der Steiermark geborene Autor und Regisseur Julian Roman Pölsler, dem wir u.a. die vielfach preisgekrönte Krimiserie um den Waldviertler Polizeiinspektor Simon Polt verdanken, hat fünfzig Jahre nach seinem Erscheinen Marlen Haushofers Roman „Die Wand“ verfilmt. Und das unter der Maxime, möglichst viel aus dem Roman zu übernehmen, diesen nur durch Streichen zu verändern und nichts hinzuzufügen. Weshalb er sich auch ein reißerisches Hollywood-Finale versagte.
Für die akustische Grenzziehung der unsichtbaren Wand fand Pölsler die Geräusche eines elektromagnetischen Feldes, für den idealen Partner in allen Seelen-Lagen der namenlosen Ich-Erzählerin seinen eigenen Vierbeiner Luchs – und für die Episodenrollen ausnahmslos Wiener „Burg“-Stars. Aber alles das sind Nebenschauplätze für die visuelle Umsetzung des mit dem Arthur Schnitzler-Preis ausgezeichneten Romans, der als Kultbuch der Frauenbewegung gilt und in über 20 Sprachen übersetzt vorliegt. Dabei ist die Gedankenwelt der österreichischen Schriftstellerin Marlen Haushofer (1920-1970) in ihrem fünften Werk, das Elke Heidenreich zu den zehn wichtigsten Büchern in ihrem Leben zählt, mit „Küchenphilosophie“ noch freundlich umschrieben.
Dementsprechend groß ist die Kitsch-Gefahr. Aber nicht bei Martina Gedeck! Sie erdet jenseits aller Hysterie eine Frau, die sich arrangiert hat mit dem Schrecken einer ungewissen Zukunft, weil sie in der ihr völlig fremden Natur aufgegangen, quasi mit ihr eins geworden ist. Notgedrungen Wild zur Strecke bringt, einem Kalb auf die Welt verhilft, Geborgenheit empfindet in einer zunächst nur als unwirtlich erfahrenen Fremde. Martina Gedeck trägt den Film durch ihre großartige, weil als ganz natürlich empfundene Leinwandpräsenz. Unterstützt von nicht weniger als neun Kameraleuten, die zusammen mit Julian Roman Pölsler für gut einhundert aufregende Kinominuten sorgen, wie sie nun wirklich nicht selbstverständlich sind in unseren in der Regel ästhetisch viel zu biederen TV-Koproduktionen.
Martina Gedeck im Studiocanal-Presseheft: „Ich habe die Wand immer als Rettung gesehen. Die Wand ist kein schönes Ereignis, aber es hilft der Frau, zum Leben zurück zu kommen und das ist notwendig, weil sie vorher nicht glücklich war. Die Wand steht für mich für eine tiefe Krise, eine Depression, eine Krankheit oder ähnliches – also auch für eine Chance, sich auf das Wesentliche zu besinnen, neue Prioritäten zu setzen und eine neue Lebendigkeit zu finden. Dann wird die eigentliche Berufung sichtbar, die man zuvor vielleicht nicht wahrgenommen hat.“
Pitt Herrmann