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Pink ist eine junge, erfolgreiche Dichterin. Sie schreibt böse Liebesgedichte, die sie überall in Deutschland live vorträgt. Die Fans liegen ihr zu Füßen. Auch in der Liebe hat sie scheinbar Erfolg. Drei Männer machen sich Hoffnungen, sie zu heiraten. Pink entscheidet sich systematisch, aber falsch. Ihre Entscheidungen trifft sie mit dem Taschenrechner. Ihre Beziehungen regelt sie per SMS. Und Konflikte löst sie, wenn es sein muss, mit vorgehaltener Pistole. Trotz genauer Prüfung wählt sie zwei Mal genau den falschen Mann. Erst beim dritten findet sie ihr Glück
Drei Hochzeiten. Drei Jahreszeiten. Das moderne Märchen von einer, die auszieht, das Lieben zu lernen.
Rudolf Thome, Tagebucheintrag vom 10. Januar 2009: "Ich finde, dass "Pink", der mir immer noch sehr gefällt, wie ein Film von einem anderen Planeten ist. Wer sich nicht auf diese Art des Erzählens, der Löcher in der Erzählung und des Humors, der sich darin verbirgt, einlassen kann, hat keine Chance, den Film zu verstehen und zu lieben." (www.moana.de)
Quelle: 59. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Ersterer steckt zwar voll im Berufsstress zwischen Berlin, Frankfurt/Main und Tokio, findet aber dennoch die Zeit, einen Blumenladen um seinen respektablen Bestand an roten Rosen zu bringen. Mit denen er nun schon geraume Zeit an der Seite von Georg, der eitle Verlagsmensch musste sich noch neue Schuhe kaufen, weshalb im besagten Blumengeschäft nur zweiter Sieger blieb, und Balthasar, der es im letzten Moment aus seiner dörflichen Idylle in die Weltstadt geschafft hat, auf Pink und das gemeinsame Abendessen im Restaurant „Heaven’s Gate“ wartet. Denn Susi Bauer, so der bürgerliche Name des Objekts allseitiger ganz handfester Begierde, lässt sich Zeit mit ihrem Bad in der Menge.
Um dann, der Himmel konnte bei diesen ganz und gar unheiligen drei Königen nicht länger warten, diesen zu verkünden, dass Gott zu ihr gesprochen hat beim ersten Kirchgang seit langem: Dem promiskuitiven Treiben müsse ein abruptes Ende gesetzt werden! Gesagt, getan. Wie ein Schulmädchen sitzt Pink über ihren Hausaufgaben, den Taschenrechner stets in Griffweite. Bei ihrer Checkliste, welche sie ganz buchhalterisch-nüchtern durchgeht, stehen finanzielle Dinge wie Vermögen und Einkommen an oberster Stelle.
Weshalb Carlito, der freilich auch sportlich ganz vorn liegt, weil er am eifrigsten und phantasievollsten gebaggert hat, den Zuschlag erhält. Geheiratet wird selbstverständlich in der Kirche: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“ Doch schon nach drei Monaten malt Pink „Tschau“ auf den Küchenschrank und hinterlässt auch noch weitere Spuren in der Luxuswohnung hoch über den Hauptstadt-Dächern: „Keine Lust allein zu sein.“
Dem vielbeschäftigten Unternehmer, der sich daraufhin - warum auch immer - in seinem Büro erhängt, folgt alsbald, nun nicht mehr kirchlich, „ihr“ Verlagsmensch Georg, der Pink noch beim Hochzeitsessen versprechen muss, sich nicht umzubringen - im Fall des Falles. Georg ist übrigens eine warme Empfehlung ihrer Psychotherapeutin Lilli Berg, deren Lover er drei Jahre lang war. Seither mag sie es nur noch lesbisch, und Pink gefällt es an der Seite der aparten Frau. Was sie aber nicht daran hindert, aus heiterem Himmel einen Schlussstrich zu ziehen: „Schön mit dir zu sein, aber ich liege doch lieber mit einem Mann im Bett.“
Die Hochzeitsreise geht in exotische Gefilde zur nicht weniger exotischen Autorin Silver, mit der Georg naturgemäß ’was hatte. Doch Pink platzt erst der Kragen, als sich ihr frisch Angetrauter in Bordellen herumtreibt statt im trauten Heim und ihr auch noch einen Tripper andreht: Sie schmeißt Georg mit vorgehaltener Waffe aus seiner Wohnung. Bleibt also das idyllische Landleben an der Seite Balthazars, und beim Ostereisersuchen im weitläufigen Nutzgarten vervollkommnet sich das Glück: Pink ist schwanger. Aber auch unvorsichtig beim Baumschnitt...
Alle guten Dinge sind drei: Rudolf Thome erzählt mit „Pink“ ein modernes Märchen mit den Mitteln der kitschigen Daily Soaps, die leider inzwischen nicht nur die privaten Fernsehkanäle verstopfen. Dabei jongliert der sich bisweilen so kompromisslos gebende Autorenfilmer („Du hast gesagt, daß Du mich liebst“) souverän auf der Bühne des Kommerz-Unterhaltungsgenres, das er nur leichter Ironie unterzieht: Es geht atemlos schnell zur Sache, Themen werden immer nur kurz angeschnitten, Konflikte nur behauptet, es kommt nicht auf die Plausibilität einer Handlung, sondern allein auf deren Bebilderung an. Die auf völlige Austauschbarkeit angelegten Figuren werden nur mit wenigen charakteristischen Merkmalen ausgestattet, für die Entwicklung von Persönlichkeiten reicht der Fernsehspiel-Zeitrahmen nicht.
Rudolf Thome also kann auch anders, was er freilich mit Streifen wie „Paradiso“, „Just Married“ sowie „Rot und Blau“ mehrfach gezeigt hat, sämtlich Low-Budget-Produktionen mit der ARD-Vermarktungsgesellschaft Degeto. Denen hat er nun mit „Pink“, erstausgestrahlt am 1. November 2009 in der ARD, die Krone aufgesetzt.
Aber auch Hannah Herzsprung kann anders, und wie! Nach der verschlossenen, unberechenbaren und (selbst-) zerstörerischen Jenny in „Vier Minuten“ und der RAF-Terroristin Susanne Albrecht in „Der Baader Meinhof Komplex“ gibt sie mit großer Selbstverständlichkeit eine junge, einerseits reichlich naive, andererseits aber durchaus selbstbewusste junge Frau („Wenn mein Papa mich sehen könnte, wäre er stolz auf seine Tochter“), die genau weiß, was sie will. Und dennoch erst einige Anläufe braucht, bis sie zum Leben auf dem Lande Zugang findet, das Rudolf Thome bereits seit geraumer Zeit genießt – sechzig Kilometer von Berlin entfernt.
Pitt Herrmann