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Der Film erzählt die heiter-melancholische Geschichte eines Bäckerlehrlings und seines grantigen Meisters, dessen Geschäft in Zeiten technischer Modernisierung und Rationalisierung sowie der Ausbreitung großer Verteiler-Betriebe in Schwierigkeiten gerät. Die egoistischen Selbstverwirklichungspläne der Bäckersöhne treiben den kleinen Familienbetrieb schließlich in den Ruin.
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Meister Baum, allein und zermürbt an seiner Brotstraße, wütend auf die zerstörerische Konkurrenz des Supermarktes, fegt dessen Regale leer. Werner kommt zurück und muss sich entscheiden – zwischen Beruf und Freundin, zwischen Brot und Liebe. Denn auch der Bäcker lebt nicht nur vom Brot allein...
Der seinerzeit junge und noch wenig bekannte Schweizer Regisseur Erwin Keusch eröffnete mit seinem Kino-Erstling „Das Brot des Bäckers“ die Duisburger Filmwoche 1977 und landete einen großen Erfolg beim Publikum wie bei der Kritik. Ein Stoff aus der Arbeitswelt, aber auch ein Film vom Erwachsenwerden in der Provinz, von erster Liebe und vom Existenzkampf des Handwerks, das seinen goldenen Boden allmählich verliert und dem heute die SB-Aufbackläden das Wasser abgraben.
„Der Brot des Bäckers“ ist ein kleiner, ein unspektakulärer Film, eher für das Bildschirm-Format als die große Kino-Leinwand gedreht. Aber hervorragend besetzt u.a. mit Bernd Tauber, Günter Lamprecht, Manfred Seipold, Silvia Reize und Anita Lochner. Der Film stellt Fragen, die auch heute noch – und wieder – ganz aktuell sind: Ist die gute handwerkliche Leistung noch gefragt, ist der Kunde bereit, für sie mehr auf den Tisch zu legen? Er lässt sie am Ende offen, gibt aber Hinweise: Georg Baum, der alte Handwerksmeister, wird seine großen Anlagen (Brot- und Brötchenstraße) verkaufen, um sich ganz auf Spezialitäten zu konzentrieren.
Erwin Keuschs Film gibt einen nach wie vor hochinteressanten Einblick: Er stellt den handwerklichen Meisterbetrieb der Brotfabrik gegenüber, beleuchtet die Schwierigkeiten, die dem selbständigen Meister selbst von seiner eigenen Wareneinkaufsgenossenschaft gemacht werden. Und richtet den Blick auf die Menschen, vom Meister über den Gesellen bis hin zum Lehrling und zur Verkäuferin. Auf ihre Probleme, angesichts der ungewöhnlichen Arbeitszeit Kontakt unter Gleichaltrigen zu finden.
Aber auch auf die positiven Seiten einer weithin selbstbestimmten, nicht entfremdeten Arbeit. Werners Kollege etwa hat seine aufreibende Tätigkeit als Konditor aufgegeben und steht nun in einer Pizzeria hinter der Theke. Er hat mehr Zeit für sich und für die Liebe – aber der erlernte Beruf ist zum Job geworden. Meister Baum zeigt Werner dagegen, dass Berufung dazugehört, auch wenn es Rückschläge selbst in der eigenen Familie gibt: Die Söhne des Meisters gehen aufs Gymnasium bzw. bereits auf die Universität und denken gar nicht daran, einmal den väterlichen Betrieb zu übernehmen.
Exemplarisch eine Szene im Auto des studierenden Sohnes: Baum ist in einen Supermarkt eingebrochen und hat in einer sinnlosen Gewaltaktion die Regale mit Brot und Kuchen aus der Fabrik verwüstet. Er muss mit Verurteilung und Strafe rechnen, aber Werner, inzwischen in der Stadt beschäftigt, will „seinem“ Meister aushelfen: Seine Entscheidung zwischen Berufungs-Beruf und dem Leben in der Stadt an der Seite seiner ehrgeizigen, fordernden Freundin Margot, ist eine zwischen Brot und Liebe – und sie bleibt am Ende offen.
Pitt Herrmann