Ladislao Vajda
Ladislao Vajda (gebürtig: László Vajda) wurde am 18. August 1906 in Budapest im heutigen Ungarn geboren, das damals zur K.u.K. Monarchie Österreich-Ungarn gehörte. Sein Vater war der Drehbuchautor, Theaterregisseur und Dramaturg Ladislaus Vajda. Der Vater lebte und arbeitete ab 1927 in Berlin, wo auch Ladislao Vajda in den 1930er Jahren den Einstieg ins Filmgeschäft fand – allerdings nicht als Autor, sondern als Schnittmeister. So zeichnete er unter anderem bei mehreren Filmen von Victor Janson (z.B. "Der Bettelstudent", 1930, "Die Frau von der man spricht", 1931, "Es war einmal ein Walzer", 1932) für den Schnitt verantwortlich.
Sein Regiedebüt gab Ladislao Vajda 1932 in England mit dem Musical "Where Is This Lady" (Co-Regie: Victor Hanbury). 1933 verließ er Deutschland dauerhaft, aus Abscheu vor dem Nazi-Regime. Er drehte mehrere Filme in Ungarn, vereinzelt aber auch in England. Nachdem der ungarische Machthaber Miklós Horthy sich immer mehr den Nazis annäherte, zog Vajda 1939 nach Italien. Dort drehte er drei Filme, darunter das Historiendrama "Giuliano de' Medici" ("Todfeinde", IT 1941), das wegen seiner kritischen Anspielungen auf die Mussolini-Diktatur verboten wurde. Nach einer "Bereinigung" durch die Zensur wurde der Film ohne Nennung Vajdas neu aufgeführt.
1942 siedelte Vajda nach Spanien über, wo er seine künstlerisch produktivste und erfolgreichste Schaffensphase hatte. Einige seiner spanischen Produktionen liefen auf den Festivals in Cannes, Venedig und Berlin. Sein spirituelles Drama "Marcelino pan y vino" ("Das Geheimnis des Marcellino", ES 1955), über einen Waisenjungen, der im 18. Jahrhundert in einem Kloster aufwächst, wurde bei der Berlinale 1955 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. Bei der Berlinale 1956 erhielt sein urbanes Sozialdrama "Mi tío Jacinto" ("Mein Freund Enrico", ES 1956), über den Comeback-Versuch eines abgehalfterten Toreros, ebenfalls einen Silbernen Bären.
Auch Vajdas berühmtester Film wurde 1958 im Wettbewerb der Berlinale gezeigt: Das Kriminaldrama "Es geschah am hellichten Tag" (CH/ES), nach dem Roman von Friedrich Dürrenmatt. Der Film entstand als spanisch-schweizerische Co-Produktion vollständig in der Schweiz und wurde in deutscher Sprache gedreht. Heinz Rühmann spielte darin einen Kommissar, der auf eigene Faust einem Kindermörder auf die Spur kommen will und zu diesem Zweck ein kleines Mädchen als Lockvogel benutzt. Der Film bekam hervorragende Kritiken und wurde in Spanien beim Sant Jordi de Cinematografía, einem der wichtigsten spanischen Filmpreise, in drei Kategorien ausgezeichnet: als Bester Film, für die Beste Regie und für das Beste Drehbuch (Vajda und Hans Jacoby). Längst gilt "Es geschah am hellichten Tag" als Klassiker des deutschsprachigen Kinos.
Nach diesem großen Erfolg drehte Vajda vier Filme in Deutschland, zwei davon mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle. Die Tragikomödie "Ein Mann geht durch die Wand" (1959) zeigte Rühmann in einer Paraderolle als drangsalierten Kleinbürger, der plötzlich durch Wände gehen kann. Der Film wurde 1960 mit dem Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet. In "Der Lügner" (1961) spielte Rühmann einen allein erziehenden Vater, der seiner kleinen Tochter ein abenteuerliches Leben vorflunkert.
Deutlich ernster war das Drama "Die Schatten werden länger" (CH/DE 1961). Es erzählt von einer idealistischen Erzieherin, die eine Jugendliche aus den Fängen eines Zuhälters befreien will, für den sie einst selbst arbeiten musste. Beim Deutschen Filmpreis 1962 wurde die Darstellerin der Jugendlichen, Loni von Friedl, mit dem Filmband in Gold als Beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet. Auch die Siegfried-Lenz-Verfilmung "Das Feuerschiff" (1963), über einen beinharten Kapitän, der unwissentlich drei Gangster als Schiffbrüchige an Bord nimmt, wurde beim Deutschen Filmpreis geehrt: Mit dem Filmband in Silber als Bester Film und mit dem Filmband in Gold für den Besten Nachwuchsschauspieler (Michael Hinz).
Seine letzten beiden Filme drehte Vajda wieder in Spanien: die frivole Komödie "Ein fast anständiges Mädchen" (DE/ES 1963), über die turbulente Geschäftsreise eines Firmendirektors und seiner Sekretärin (Liselotte Pulver) nach Spanien; und das romantische Drama "La dama de Beirut" (ES/FR/IT 1965), über eine ehrgeizige Sängerin, die durch ein vermeintliches Engagement in die Fänge eines Zuhälterpärchens gerät. Allerding konnte Ladislao Vajda "La dama de Beirut" nicht mehr selbst fertigstellen: Noch während der Dreharbeiten starb er am 25. März 1965 in Barcelona an den Folgen eines Herzanfalls.