Wolfgang Petersen
Wolfgang Petersen, geboren am 14. März 1941 in Emden und aufgewachsen in Hamburg, versucht sich bereits während der Schulzeit als Filmemacher und inszeniert erste 8mm-Filme. 1960 bekommt der gerade mal 19-jährige eine Stelle am Jungen Theater in Hamburg, wo er vier Jahre lang als Regie-Assistent und Schauspieler tätig ist. Zur gleichen Zeit besucht Petersen die Hamburger Schauspielschule, an der er 1963 einen Abschluss erlangt.
Ein 1965 begonnenes Studium der Theaterwissenschaften bricht er nach nur einem Jahr ab, um an der neu gegründeten Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) Regie zu studieren. Nachdem sein Abschlussfilm "Ich werde dich töten, Wolf" (1971) im ARD-Fernsehen ausgestrahlt wird, arbeitet Petersen in den folgenden Jahren häufig fürs Fernsehen. Für den NDR inszeniert er Episoden der erfolgreichen Krimi-Reihe "Tatort", während er für den WDR ambitionierte Fernsehspiele wie "Smog" (1973) realisiert.
Mit "Einer von uns beiden" gibt Petersen 1974 sein Debüt als Kinoregisseur. Die Hauptrollen in dem Psychothriller spielen Klaus Schwarzkopf und Jürgen Prochnow, mit denen er im Lauf seiner Karriere immer wieder zusammenarbeitet. Das Psychodrama über einen Professor, der von einem Studenten erpresst wird, erhält beim Deutschen Filmpreis 1974 ein Filmband in Gold.
1977 sorgt Petersen mit zwei Arbeiten für großes Aufsehen bei Kritik und Publikum: Mit dem "Tatort" "Reifezeugnis", in dem die blutjunge Nastassja Kinski eine verführte Schülerin spielt, und mit dem Fernsehfilm "Die Konsequenz", der sich mit dem damaligen Tabuthema Homosexualität befasst. Dem konservativen Bayerischen Rundfunk ist der Film zu provokant, und er greift zu einer brachialen Form der Zensur: Während der laufenden TV-Ausstrahlung schaltet er sich aus der Übertragung aus.
Im Jahr 1978 gründet Petersen, der gelegentlich auch Werbespots dreht, gemeinsam mit Michael Bittins die Produktionsfirma Radiant-Film, die einige seiner Filme produziert. 1980 erhält Petersen von dem Produzenten Günter Rohrbach, Chef der Bavaria Film, das Angebot, einen aufwändigen Film über den U-Boot-Krieg im 2. Weltkrieg zu inszenieren: "Das Boot" wird zu einem immensen Erfolg an den Kinokassen, ist bei der Kritik jedoch aufgrund der Darstellung des U-Boot-Krieges zunächst umstritten. Der Film wird mit einem Filmband in Silber und einem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. In den USA avanciert das intensive Drama zum bis dahin erfolgreichsten fremdsprachigen Film aller Zeiten und erhält sechs Oscar-Nominierungen. Eine über fünfstündige TV-Fassung, die eine detailliertere Handlungsentwicklung zulässt, wird 1985 mit einem Emmy und dem TV-Preis der British Film Academy ausgezeichnet.
Nach diesem überragenden internationalen Erfolg wird Petersen die Regie bei dem Fantasy-Epos "Die unendliche Geschichte" (1984) anvertraut. Mit einem Budget von über 50 Millionen D-Mark ist die Verfilmung des Michal-Ende-Bestsellers die bis dahin teuerste deutsche Nachkriegsproduktion – aber allein an den Kinokassen spielt der Film über 120 Millionen D-Mark ein und beschert Petersen einen weiteren Hit. Als nahe liegende Konsequenz bekommt er als nächstes eine Anfrage aus Hollywood: 1984 übernimmt Petersen die Regie der Hollywood-Produktion "Enemy Mine". Drei Jahre später zieht er ins kalifornische Santa Monica, einen Vorort von Los Angeles, wo er gemeinsam mit Gail Katz eine amerikanische Produktionsfirma gründet. Nach dem wenig erfolgreichen Thriller "Shattered" ("Tod im Spiegel", 1991) landet er 1993 mit dem Clint-Eastwood-Thriller "In the Line of Fire" seinen ersten großen Hollywood-Hit. Seinen Ruf als präziser und effizienter Regie-Handwerker und versierter Action-Regisseur kann er in den kommenden Jahren mit dem von George A. Romero inspirierten Viren-Thriller "Outbreak" (1995) sowie dem Actionfilm "Air Force One" (1997) weiter festigen – Petersen steigt in die erste Liga der Hollywood-Regisseure auf.
Mit "A Perfect Storm" ("Der Sturm", 2000) kehrt Petersen gewissermaßen zu seinen "Anfängen" zurück – nicht wenige Kritiker fühlen sich von der Geschichte über ein Fischerboot in schwerer Seenot an "Das Boot" erinnert. Auch dieser Film ist ein herausragender Kassenerfolg. Anders Petersens folgende Arbeiten: sowohl das Historiendrama "Troy" ("Troja", 2004) mit Brad Pitt, als auch der Katastrophenfilm "Poseidon" (2006) bleiben hinter den Erwartungen zurück.
Danach dauert es fast zehn Jahre, bis Wolfgang Petersen ein neues Filmprojekt angeht – und zwar erstmals seit rund 30 Jahren wieder in Deutschland: Die Gaunerkomödie "Vier gegen die Bank" (2016), ein Remake seines Fernsehfilms von 1976, erzählt von vier ungleichen Männern, die von einem Bankdirektor hereingelegt wurden; da sie auf legalem Weg keine Chance auf Schadenersatz haben, beschließen sie, die Bank zu überfallen. Für die Hauptrollen kann Petersen ein wahres Star-Ensemble gewinnen: Til Schweiger, Alexandra Maria Lara, Matthias Schweighöfer, Michael Herbig und Jan Josef Liefers. "Vier gegen die Bank" startet zu Weihnachten 2016 in den deutschen Kinos.
Das Remake sollte sein letzter Film werden. Am 12. August 2022 stirbt Petersen mit 81 Jahren in seiner kalifornischen Wahlheimat.