Biografie
Rudolf Werner Kipp, geboren am 26. August 1919 in Eichwalde, entwickelte bereits als Jugendlicher eine große Begeisterung für das Medium Film. Mit seinem Freund Jan Thilo Haux (der später Chefkameramann des NDR wurde) war er stolzer Besitzer einer Filmkamera und eines Vorführgeräts; in der Schule organisierte er Filmvorführungen, zuhause sammelte er Filmstreifen, mit denen er erste Schnittversuche unternahm. Nach dem Abitur arbeitete Kipp zunächst als kaufmännischer Volontär bei einer Firma für chirurgische Instrumente in Berlin. Mit seinem selbst produzierten Film "Schönes Deutschland" bewarb er sich Anfang 1939 für eine Stelle als Bildassistent-Anwärter bei der Tobis-Filmkunst – und wurde prompt eingestellt. Bei der Tobis sammelte er zunächst als Trickkamera-Assistent praktische Erfahrungen, bevor er zum 1. Assistent von Tobis-Kameramännern wie Bruno Mondi und Fritz Arno Wagner avancierte. Neben diesen Tätigkeiten besuchte Kipp Kurse in Fotooptik und Fotochemie und nahm Unterricht an der Berliner Regie- und Schauspielschule 'Hans Schulze'.
1940 wurde Kipp zum Kriegsdienst eingezogen. Im April 1941 ließ er sich zur Propaganda-Kompanie versetzen, um dort seine Filmarbeit fortzusetzen. Zunächst als Schnittmeister, später als Filmberichterstatter kam er mit der Propaganda-Kompanie unter anderem nach Griechenland, Italien, Frankreich und Holland. Sein Team, bei dem er als Kameramann fungierte, bestand aus dem Fotografen Fritz Kempe und dem "Wortberichterstatter" Martin S. Svoboda. Zugleich erhielt Kipp die Erlaubnis für wiederholte Arbeitsurlaube, die er nutzte, um für die Tobis sowie ab September 1942 als freischaffender Kameramann und Filmproduzent zu arbeiten. Gemeinsam mit Jan Thilo Haux und Heinrich Klemme gründete er die "Herstellungsgruppe Atlantis", mit der das Trio vor allem Beiträge für das Ufa-Magazin und die Deutsche Wochenschau realisierte.
Nach dem Kriegsende und kurzer Kriegsgefangenschaft rief Kipp eine Jugendfilmbetreuung für Flüchtlinge ins Leben; als Kameramann arbeitete er für die Kulturverwaltung Hamburg, für den NWDR produzierte er Schulfunk-Hörspiele. Ab März 1946 arbeitete Kipp, der nie NSDAP-Mitglied war, als Kameramann für die britisch-amerikanische Wochenschau "Welt im Film"; nach Gründung der "Neuen Deutschen Wochenschau" war er auch für diese tätig.
Gemeinsam mit Günther Sawatzki und Heinrich Klemme gründete Kipp im März 1948 die Deutsche Dokumentarfilm GmbH in Hamburg. Mit ihr drehte er für die British Film Section mehrere kurze und mittellange Dokumentarfilme, darunter "Lebensadern" (1948), der 1948 als erster deutscher Film nach Kriegsende bei den Filmfestspielen in Venedig aufgeführt wurde. Auf dem Festival in Venedig wurde im Jahr darauf auch sein mittellanger Dokumentarfilm "Die Bergung der New York" (1949) gezeigt und mit dem "2. Preis" ausgezeichnet; der mittellange Dokumentarfilm "Asylrecht" (1949), über die Ankunft und die häufige Zurückweisung von Flüchtlingen aus der Ostzone erhielt eine Sonderauszeichnung.
Trotz solcher Erfolge geriet die Deutsche Dokumentarfilmgesellschaft 1950 in finanzielle Schwierigkeiten, da nach der Gründung der beiden deutschen Staaten die British Film Section als Hauptauftraggeber wegfiel. Ende 1950 wurde die Firma aufgelöst. In der Folgezeit arbeitete Kipp fürs Fernsehen, wo sein Freund Martin S. Svoboda die Tagesschau aufbaute. Neben aktuellen Aufnahmen reiste Kipp 1952 gemeinsam mit Jürgen Roland nach Helsinki und berichtete von den Olympischen Spielen.
Parallel dazu gründete er im Jahr 1950 die Rudolf W. Kipp Filmproduktion (R.K.F.), mit der er in den kommenden Jahrzehnten über 100 Filme realisierte. Zu den bekanntesten Werken gehört der 25-minütige Unterrichtsfilm "Jungens in den Flegeljahren" (1955), bei dem Kipp mit Elementen des Spielfilms versuchte, "typische" Verhaltensweisen Jugendlicher während der Pubertät filmisch darzustellen. Inhaltlich deckten die Filme der R.K.F. jedoch ein weites Spektrum ab, um die Wirtschaftlichkeit der Firma zu sichern. So produzierte Kipp neben traditionellen Dokumentar-, Unterrichts- und Kulturfilmen auch Werbefilme, unter anderem für VW, Nescafé, Ruhrkohle, Nivea und Doornkat.
Ab Anfang der 1960er Jahre drehte Kipp für den Erdölkonzern Esso mehrere, teils preisgekrönte Industriefilme, darunter "Stunden des Öls" (1962), "Bis ans Ende der Welt" (1965) und "Lybien – Sand und Öl" (1966). Dabei gelang es ihm immer wieder, dokumentarische Qualitäten auf dezente Weise mit den gewünschten Werbeeffekten zu vermischen. Im Bereich Lehr- und Unterrichtsfilm stellte Kipp im Auftrag des Instituts für Film und Bild (FWU) und des Instituts für den Wissenschaftlichen Film (IWF) rund ein Dutzend Filme her, darunter "Der Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft 1945-1948" (1979) und "Die Entstehung der beiden deutschen Staaten" (1980). Im Fernsehbereich waren vor allem der NWDR, der NDR und später das ZDF bedeutende Auftraggeber der R.K.F., für die man Fernsehfilme, Kulturdokumentationen und Reiseberichte produzierte.
Neben seinem eigenen filmischen Schaffen bewahrte Rudolf W. Kipp sich zeitlebens seine Leidenschaft für die Werke anderer Filmemacher: Ab den 1930er Jahren hatte er Filmkopien gesammelt und in einem eigenen Filmbunker gelagert, darunter eine Vielzahl seltener Dokumentar- und Spielfilme. Sein riesiges Archiv umfasste außerdem Drehbücher, Fotos und Schriftwechsel.
Am 15. Januar 1990 starb Rudolf Werner Kipp in Hamburg.