Darsteller, Regie, Drehbuch, Produzent
Bern, Schweiz

Biografie

Milo Rau wurde am 25. Januar 1977 in Bern, Schweiz, geboren. Er studierte Soziologie, Germanistik und Romanistik in Paris, Zürich und Berlin; zu seinen Lehrern gehörten Tzvetan Todorov und Pierre Bourdieu. Seit dem Jahr 2000 ist Rau als Autor und Regisseur tätig, in erster Linie fürs Theater. Er schrieb und inszenierte zahlreiche Theaterstücke, schreibt aber auch Bücher, veranstaltet Kunstaktionen und inszeniert Kinofilme. 2007 gründete er für die Produktion und Auswertung seiner künstlerischen Arbeiten die Theater- und Filmproduktionsgesellschaft IIPM – International Institute of Political Murder, die er seitdem leitet.

Als Regisseur arbeitete Rau unter anderem an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin, dem Théâtre des Amandiers in Paris, der Beursschouwburg Brüssel und den Münchner Kammerspielen. Mit seinen Produktionen war er bei namhaften internationalen Festivals zu sehen, so etwa beim Berliner Theatertreffen, dem Festival d'Avignon, der Biennale Venedig, den Wiener Festwochen und dem Brüsseler Kunstenfestivaldesarts. Zahlreiche seiner Stücke tourten durch die ganze Welt. Neben seinen eigenen Werken inszenierte er auch Stücke anderer Autoren, zum Beispiel "Five Easy Pieces" in den Berliner Sophiensälen 2016 und "Die 120 Tage von Sodom" am Schauspielhaus Zürich 2017. 

Für sein künstlerisches Schaffen hat Rau eine Reihe an Auszeichnungen erhalten, so etwa den renommierten ITI-Preis des Welttheatertages 2016 (als jüngster Künstler nach Frank Castorf und Pina Bausch) und den 3sat-Preis 2017. Ebenfalls 2017 wurde er bei einer Umfrage der Deutschen Bühne zum "Schauspielregisseur des Jahres" gewählt. 2018 erhielt er den Europäischen Theaterpreis für sein Lebenswerk (!); 2019 war er "Associated Artist" der European Association of Theatre and Performance (EASTAP). Im gleichen Jahr erhielt er die Ehrendoktorwürde der Lund University Malmö (Schweden). Für sein schriftstellerisches Werk wurde Rau unter anderem mit Hörspielpreis der Kriegsblinden (2014), dem Peter Weiss Preis (2017) und dem Gerty-Spies-Literaturpreis ausgezeichnet (2020).

Raus Arbeiten sind fast durchweg von einer politischen Haltung geprägt – so auch seine Filme: In "Die letzten Tage der Ceausescus" (CH/DE 2010), einer Filmfassung seiner viel gerühmten, experimentellen Bühneninszenierung, ging es in Form eines Reenactments um die Verurteilung des Ehepaars Ceausescu und die Hinrichtung am ersten Weihnachtstag 1989. In "Die Moskauer Prozesse" (2014) stellten russische Künstler, Kuratoren, Aktivisten und Musiker wie die Mitglieder der Band "Pussy Riot" ihre eigenen Gerichtsverhandlungen nach, die wegen ihrer obrigkeitskritischen Haltung gegen sie geführt wurden. Ebenfalls in einer Mischung aus Dokumentarfilm und Dokumentartheater befasste "Das Kongo Tribunal" (DE/CH 2017) sich mit den Auswirkungen des schier endlosen Bürgerkrieges im Ostkongo. Auch dieser Film basierte auf einem (30-stündigen) Bühnenprojekt, welches der Londoner Guardian als "das ambitionierteste politische Theaterprojekt, das je inszeniert wurde" bezeichnete. Beim Zürcher Filmpreis wurde "Das Kongo Tribunal" als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet; beim Deutschen Filmpreis und beim Schweizer Filmpreis war er ebenfalls als Bester Dokumentarfilm nominiert.

Neben seiner Bühnen- und Filmarbeit war Rau als Dozent für Regie, Kulturtheorie und Soziale Plastik an diversen Universitäten und Kunsthochschulen tätig. 2017 hatte er die Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik inne. Seit demselben Jahr gehört er neben Elke Heidenreich, Rüdiger Safranski und Martin Ebel zum Expertenteam der Fernsehsendung "Literaturclub". 

Zur Spielzeit 2018/19 wurde Rau Intendant des Niederländischen Theater Gent (NTGent), Belgien. Sein erklärtes Ziel ist es, dort ein auf internationale Tourneen spezialisiertes "globales Volkstheater" zu schaffen. 2020 verlieh die Universität Gent ihm die Ehrendoktorwürde. 2020 erhielt er für sein künstlerisches Gesamtwerk die renommierte Münsteraner Poetikdozentur. Die Filmfassung seines Stücks "Orestes in Mossul" eröffnete im September 2020 das Niederländische Theaterfestival; parallel dazu erschien Raus Buch "Why Theatre?", für das er 100 führende Intellektuelle und Künstler aus aller Welt bat, diese Frage zu beantworten.

Ende 2020 startete Raus Film "Das neue Evangelium", auf Grund der Corona-Pandemie nur als Video-on-Demand-Angebot, in dem er dokumentiert, wie er mit Geflüchteten aus Afrika, die in Süditalien als Landarbeiter ausgebeutet werden, ein Passionsspiel inszeniert. In diesem Rahmen ging Rau der Frage nach, was Jesus wohl im 21. Jahrhundert predigen und wie er sich politisch und humanistisch positionieren würde.

FILMOGRAFIE

2019/2020
  • Regie
  • Drehbuch
2014-2017
  • Regie
  • Drehbuch
2013/2014
  • Regie
  • Drehbuch
  • Co-Produzent