Prinzessin

Deutschland 2005/2006 Spielfilm

Prinzessin

Eine Mädchengang in der Kölner Vorstadt



Von Rudolf Worschech, epd Film, Nr. 10, 2007

Morgen muss Yvonne in den Knast, für ein halbes Jahr. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sie in der Straßenbahn plötzlich ein anderes Mädchen ins Gesicht schlägt. Vielleicht hat ihr aber auch einfach nur deren Aussehen nicht gefallen. Schon die erste Sequenz setzt den Ton dieses Films. Vier Mädchen sind unterwegs in einem Vorort von Köln, die 18-jährige, aus Russland stammende Spätaussiedlerin Katharina, die ganz junge, vielleicht 12-jährige Mandy und ihre Schwester Jenny, die nicht so viel redet und wenn doch, dann ziemlich krankes Zeugs.

Eine solche Gang hat man selten gesehen in einem deutschen Film. Yvonne und Katharina leben noch bei ihren Eltern, und so wie Brigitte Grosskopf die Gruppendynamik der vier präzise schildert, so widmet sie sich gerade bei Katharina auch den Eltern und der Szene russischstämmiger Emigranten. Aber simple Schuldige sucht der Film an keiner Stelle.

Es ist die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester, und wie Vorboten eines bösen Endes knallen die Böller. Und die Aktionen der vier haben irgendwie kein Ziel. Katharina schlägt Özlem zusammen, die "Schlampe", die zu einer anderen Gang gehört; die vier hängen im "Flirt Club" ab und auf langweiligen Partys herum; eine Lesbe, die Yvonne hilft, wird ausgenommen. "Prinzessin" spielt vornehmlich draußen, ist ein Straßenfilm, voller Aggressionen, verbaler wie physischer.

Einmal sind sie auf einer Feier auf der Dachterrasse eines Hochhauses, doch der Blick über die Peripherie von Köln hat nichts Erhebendes. Auch die Konsequenz und den Stilwillen, mit der dieser Film Räume in Szene setzt, hat man selten gesehen. "Prinzessin" spielt in der Tristesse der Unterführungen und S-Bahn-Stationen, der Trostlosigkeit der Häuserschluchten und Plätze. Dem entgegengesetzt sind die engen, sterilen Wohnungen der Eltern. Eine Gegend ohne Zuhause.

Yvonne hängt völlig in der Luft, ihre Mutter hat sie schon ausquartiert, weil sie ins Gefängnis muss. Dorthin wird sie aber nicht gehen, sondern den finalen Showdown suchen. Am Ende hat "Prinzessin" sogar etwas von einem Gangsterfilm. Aber auch das ist konsequent in einem Film, der wie aus einem Guss ist.

Beeindruckender Debütfilm um vier Mädchen aus der Kölner Vorstadt, die herumlungern und die Gewalt suchen. Eine präzise Milieustudie - und doch fühlt man sich ein bisschen an die selbstbewussten Heroinen aus den Filmen eines Russ Meyer erinnert.

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