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Vier Städte, vier Gepäckdiebstähle. Viermal Champions League, überall Fußballfieber…
Das episodische Geflecht nimmt seinen Anfang in Moskau, wo im Champions- League-Finale die Mannschaften von Galatasaray Istanbul und Deportivo La Coruña aufeinander treffen.
Als hier Kate, eine junge englische Kunsthändlerin, nach einer Taxifahrt Opfer eines Raubüberfalls wird, versucht die lebenslustige Rentnerin Elena, ihr aus der Patsche zu helfen. Gemeinsam gehen sie zur Polizeiwache, doch den Überfall anzuzeigen ist nicht einfach, sind die Polizeibeamten doch vollauf damit beschäftigt, angereiste Hooligans in Schach zu halten. Außerdem spricht niemand Englisch. Unterdessen führt Deportivo 1:0.
In Istanbul will derweil der deutsche Student Rokko in einem verrufenen Vorort einen Überfall fingieren, um sich bei der Polizei ein Protokoll für seine Versicherung zu erschwindeln. Doch er hat die Rechnung ohne den engagierten Taxifahrer Celal und in Unkenntnis der türkischen Polizeimethoden gemacht. In Moskau fällt der Ausgleich. Istanbul jubelt.
Zugleich wird im spanischen Wallfahrtsort Santiago de Compostela dem ungarischen Geschichtslehrer Gabor die Digitalkamera gestohlen. Der Dorfpolizist Barreira würde dem katholischen Pilger gern helfen, macht aber erst einmal Siesta. Ein Missverständnis jagt das andere. Als in Moskau der Ausgleich fällt, jubelt hier niemand.
Gleichzeitig will in Berlin ein französisches Straßenkünstlerpärchen einen Diebstahl vortäuschen, um das marode Konto aufzubessern. Bei ihrer Suche nach einem geeigneten Schauplatz geraten sie in den anatolisch geprägten Teil Kreuzbergs. Auch hier herrscht Fußballfieber. Es kommt zum Elfmeterschießen…
Quelle: 55. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Gleichzeitig kümmert sich der Berliner Student Rokko in Istanbul um die abschließende Finanzierung seiner Türkei-Reise. Wozu hat man eine Versicherung? Doch der authentisch schwäbelnde Taxifahrer Celal, den Rokko nach einem vorgetäuschten Überfall wild gestikulierend um Hilfe ruft, erweist sich als empfindliche Störung des ausgeklügelten Plans: Celal will den Räubern persönlich nachsetzen. Als Galatasaray in Moskau der Ausgleich gelingt, kommt Rokko zusehends ins Schwitzen, weil ihm die Beamten die Räuberpistole nicht abnehmen...
Zur selben Zeit hat der ungarische Geschichtslehrer Gabor nach langem Fußmarsch das Ziel des Jakob-Pilgerwegs, die Kathedrale von Santiago de Compostela, erreicht. Ausgerechnet im Angesicht der Puerta Santa wird ihm die Digitalkamera gestohlen, in der alle Stationen seiner beschwerlichen Tour dokumentiert sind. Doch der galizische Polizist Sargento Barreira bleibt gelassen: Der Platz vor der Kathedrale wird videoüberwacht. In Moskau geht das Spiel in die Verlängerung, und der Beamte nimmt sich immer noch Zeit für eine Siesta...
Währenddessen läuft es in Berlin gar nicht gut für Claude und Rachida, das französische Straßenkünstlerpärchen. Die Begeisterung des Publikums ist zwar groß, aber die Einnahmen bleiben spärlich. Als auch noch ihr Auto den Geist aufgibt, denken beide an einen fingierten Raubüberfall, um die Versicherung zu prellen. Sie machen sich in den Multikulti-Bezirk Kreuzberg auf. Und als in Moskau das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen muss, fährt eine Polizeistreife in Marzahn an einem sich heftig streitenden französischen Paar vorbei...
Hannes Stöhr („Berlin is in Germany“, „Odins Rache“) im Piffl-Presseheft über seinen dritten Spielfilm „One Day in Europe“: „Wie einen Film über Europa machen, über die unterschiedlichen Mentalitäten, über die Menschen? Welche Städte nehmen? Welche Symbole? In Berlin wohne ich, in Santiago de Compostela habe ich einige Zeit gelebt, in Istanbul habe ich gute Freunde. In Moskau war ich ein paar Mal, und die Stadt musste einfach dabei sein in einem Film über Europa. Fußball ist einfach, Fußball wird überall geschaut. Fußball als erzählerische Klammer, das hat für mich Poesie – außerdem ist das Realität, kein Hirngespinst. Jeder kennt die Situation: Man kommt irgendwo an, wird bestohlen oder findet sich sonst irgendwie wieder in einer schwierigen Lage. Schon muss man reden, kann die Landessprache nicht – schon wird’s kompliziert oder komisch. Vier einfache Geschichten sind daraus geworden. Ich wollte einen Film der kleinen Momente machen – über Augenblicke, die ich so oder so ähnlich erlebt habe. Dabei ging es mir immer um den europäischen Moment, das Aufeinandertreffen der verschiedenen europäischen Mentalitäten.“
Hannes Stöhrs Episodenstreifen ist zwar mit großem Erfolg im Wettbewerb der 55. Berlinale uraufgeführt worden, floppte aber an den Kinokassen. Dabei erzählt er warmherzig, neugierig und mit erfrischender Leichtigkeit von Begegnungen und Missverständnissen, vom Reisen, Ankommen und Aufbrechen – und von der Möglichkeit, sich nahe zu kommen. Auch wenn manches naturgemäß nur skizziert wird, an der Oberfläche verharrt.
Pitt Herrmann