Der Tangospieler

DDR Schweiz BR Deutschland 1990 Spielfilm

Tangospieler


Wilhelm Roth, epd Film, Nr. 4, April 1991

Christoph Heins Roman "Der Tangospieler" erschien im Frühjahr 1989. Ein bitteres Buch, das dem Leser signalisierte, dass es so mit dem Staat DDR nicht weitergehen konnte. Erzählt wird der Fall des Historikers Dallow, der bei einem Kabarettabend als Klavierspieler einspringt und wegen eines angeblich subversiven Textes (zusammen mit den anderen Beteiligten) seinen Job verliert und für knapp zwei Jahre in den Knast wandert. Der Roman beginnt mit seiner Haftentlassung im Frühjahr 1968. Dallow schottet sich, zynisch geworden, von der Gesellschaft ab, auch vom Prager Frühling in diesem Jahr will er nichts wissen. Er lebt von Gelegenheitsarbeiten. Am Ende aber nimmt er seinen Platz im Institut wieder ein, sein Nachfolger ist gerade wegen einer unvorsichtigen Äußerung zum Einmarsch der DDR-Truppen in die Tschechoslowakei gefeuert worden.

Roland Gräfs Film hält sich recht genau an den Roman. Trotzdem wollte sich bei mir die Erregung, die das Buch auslöste, nie einstellen. Das liegt einmal an den normalen Verlusten bei der Übertragung eines Stoffs von dem einen Medium ins andere. Die innere Rede des Romans, die ihm seine Intensität und Dichte gibt, muss im Film fehlen, der dadurch oft recht dünn wirkt. Nur die von Hein übernommenen Dialoge behalten auch im Film ihre Kraft. Michael Gwisdek schließlich ist ein sehr authentisch wirkender Hauptdarsteller, man merkt, daß ihm diese Geschichte nicht fremd ist.

Der eigentliche Grund für mein Unbehagen am Film liegt an seiner Unentschlossenheit, sogar Mutlosigkeit. Der Film ist schon 1989 vor der "Wende" genehmigt worden, er sieht beinahe so aus, als sei er auch damals gedreht worden. Er hat eine Distanziertheit, auch Milde, die ihm die Schärfe des Romans nehmen. Roland Gräf, der Günter de Bruyns Erzählung "Märkische Forschungen" 1981 wunderbar ironisch verfilmt hat, fehlt der Sarkasmus, um Hein gerecht werden zu können. Ihm fehlt auch die Radikalität, mit der Kurt Maetzig 1965 in "Das Kaninchen bin ich" einen ähnlichen Fall von Justizskandal auf die Leinwand brachte. Aber Maetzig hatte damals ein anderes Ziel als Gräf heute: Ihm ging es um die mögliche Veränderung des Staates DDR, Gräf geht es nur noch um den Rückblick.

Auf mich macht der Film "Der Tangospieler" den Eindruck einer großen Befangenheit, als könne man mit dem Unrechtsstaat DDR künstlerisch noch nicht richtig umgehen. Vielleicht ist gerade dies die Wahrheit Roland Gräfs.


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