Menschen am Sonntag

Deutschland 1929/1930 Spielfilm

Menschen am Sonntag


n., Lichtbild-Bühne, Nr. 31, 5.2.1930

Ein Experiment! Ein Film ohne Schauspieler. Ein paar junge Menschen – ein Taxi-Chauffeur, ein Reisender, eine kleine Verkäuferin und ein anderes junges Ding – verleben draußen, vor den Toren Berlins, ihren Sonntag, ihren freien Tag. Getändel, Spielereien! Auch Ernsteres passiert! Eifersüchtelei! Schließlich Trennung. In Berlin. Ein Sommertag. Ein Frei-Tag. Ist das Berlin? Die Jugend Berlins? Unbedingt zuzugeben, daß der Film der Wirklichkeit ungeheuer nahekommt! Die Perspektive ist richtig. Nicht ganz überzeugend die Darstellung, die immerhin größere Aufgaben als das Personal sogenannter Reportage- oder Dokumente-Filme hat. Dem Publikum gefiel"s. Im höchsten Maße! Ein wahrer Applaus-Sturm ruft schließlich die Beteiligten auf die Bühne.

Das Manuskript schrieb Billie Wilder. Eine durchaus konstruierte und entwickelte – wenn auch durch keinerlei Komplikationen beschwerte – Handlung ist die Basis. Das Rein-Dokumentarische ähnlicher Filme ist durchaus vermieden. Es läßt sich über die Qualität des Manuskriptes kaum etwas sagen. Die Art des beabsichtigten Films schrieb von vornherein bestimmte Wege vor, so daß man schwer sagen kann, was Not, was Tugend ist. Der junge Reisende Wolfgang macht die Bekanntschaft der Christl, ihres Zeichens Statistin. Ein Sonntagsausflug ist bald verabredet. Von der Partie werden auch Erwin und Annie, gute Bekannte und Freunde Wolfgangs, sein. Allgemeines Treffen am Bahnhof Nikolassee. Aber Annie verschläft den Zug. Guter Rat ist jedoch nicht teuer. Christl hat eine Freundin mitgebracht, die blonde Brigitte. Man ist also komplett. Bald ist die lustige Gesellschaft im Wasser. Ein Koffer-Grammophon spielt. Verführerisches. Von der kleinen Konditorei. Die Sonne brennt. Mittag. Wolfgang wendet merklich seine Sympathien der kleinen Brigitte zu. Sie ist blond! Und unwahrscheinlich jung! Der dicke Erwin kann Christl nicht trösten. Lange sind Wolfgang und Brigitte verschwunden. Doch auch Brigittes Glück wird nicht dauern. Ein Sommertagsglück. Am nächsten Sonntag gehen die Jungens zum Fußball. Wolfgang wird kaum zum Rendezvous mit der kleinen Brigitte erscheinen.

Dies die äußeren Etappen des Films. Eigentlich unwesentlich. Das atmosphärische Kolorit entscheidet. Und in dieser Beziehung sind Siodmak und Ulmer, die den Film inszenierten, und dem Kameramann Schüftan Bilder von überraschender Lebendigkeit geglückt. Man darf sagen, daß landschaftlich reizvollere Bilder von der Umgebung Berlins nicht gedreht wurden. Nicht minder gut der Betrieb in der Großstadt. Erfreulich auch, daß der Kurzschnitt nur da, wo es sich darum handelte, Tempo und Bewegung zu charakterisieren, Verwendung fand. Herrlich einige stille Bilder von der schlafenden sonntäglichen City.

Die Jungen behaupten sich besser als die Mädchen. Das heißt darstellerisch. Wolfgang von Waltershausen ist spielsicherer hübscher Bursch, der sich seiner Aufgabe mit einer Eleganz entledigt, die fast an Routine grenzt. Sehr nett auch der dicke Erwin Splettstößer. Beide offensichtliche Begabungen. Sehr viel gehemmter und gemachter die Mädel. Sonst Brigitte Borchert und Christl Ehlers gute Köpfe. (Dabei kaum hübsch!) Es ist möglich, daß die Mädel, die sicherlich Instinkt und Intelligenz besitzen, zu besseren Leistungen disponiert sind. Alles in allem darf man den Beteiligten, vor allem Moritz Seeler, dem Leiter des Studios, für einen sehr interessanten Film danken.

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