Ehe im Schatten
Kurt Maetzig im Gespräch mit Günter Agde
K. M.: Zur Zeit, als ich noch den "Augenzeugen" leitete, aber gleichzeitig einer der Direktoren der DEFA war (ich war ja bis in "Die Buntkarierten"-Zeit künstlerischer Direktor der DEFA), bekam ich natürlich alles, was an Filmprojekten auftauchte, zu lesen. Da kamen mir die wenigen Seiten einer Filmnovelle von Hans Schweikart in die Hände. Sie bezogen sich auf den Doppelselbstmord des Schauspielers Joachim Gottschalk und seiner Frau, den er als Freund aus nächster Nähe miterlebt hatte. Das beeindruckte mich tief. Ich habe dann nach dieser Novelle das Drehbuch geschrieben.
G. A.: Hatten Sie während der Drehbucharbeit Kontakt mit Schweikart?
K. M.: Nein, wir haben nur ein paar Briefe miteinander gewechselt, aber nichts weiter. Ich weiß, daß er mit dem Film einverstanden war, denn ich war später mit dem Film in München. Der Film ist in München nicht öffentlich aufgeführt worden, soweit ich mich entsinne, aber wohl in Kreisen von Künstlern in geschlossenen Vorstellungen. Und Schweikart hat sich sehr positiv darüber geäußert.
G. A.: Und als das Drehbuch fertig war, sind Sie gleich in die Produktion hineingegangen ohne größere Pausen?
K. M.: Ja, das Buch wurde im Winter 46/47 geschrieben. Es folgte ja alles ungeheuer schnell aufeinander. Wenn man denkt, daß zu Anfang des Jahres 46 erst der erste "Augenzeuge" gedreht wurde, ich aber Ende 46 schon an diesem Buch arbeitete, denn Anfang 47 sollte die Produktion beginnen. Da wurde ich zwischendurch sehr krank und bekam eine doppelseitige Lungenentzündung. (...)
G. A.: Es gibt in Ihrem Archiv Teile einer Korrespondenz mit Axel Eggebrecht, der ja ein erfahrener Drehbuchschreiber war. War der zeitweilig an der Arbeit beteiligt, oder wollte er gern?
K. M.: Ich glaube, das war so: Eggebrecht und Günther Weisenborn waren miteinander bekannt und hatten in der Anfangsphase der DEFA Kontakte mit der DEFA. Weisenborn kam aus dem illegalen Kampf. Er stand uns sehr nahe. Und so kam auch Axel Eggebrecht dazu. Eggebrecht war ja damals am Nordwestdeutschen Rundfunk in Hamburg, und wie man sich erinnert, waren Kulturredaktionen in westlichen Sendestationen vielfältig von fortschrittlichen demokratischen Leuten besetzt. Wir blieben dann in Kontakt miteinander und tauschten Gedanken über Projekte und Möglichkeiten aus. (...)
K. M.: Ich hatte großes Glück, daß mir sehr erfahrene Leute zur Seite standen. Ich war ja sehr unerfahren in der SpielfiImregie. Friedl Behn-Grund war der Kameramann und Otto Erdmann der FiImarchitekt, und von beiden und ganz besonders von Otto Erdmann habe ich gleich bei der ersten Arbeit eine Menge gelernt. Ich habe Dinge gelernt, die manchmal später vergessen worden sind und die man selten in Filmen mit solcher Konsequenz angewandt hat. Erdmann entwickelte den Inszenierungsplan zusammen mit dem Regisseur, dem Kameramann. Nach den Erfordernissen der Szenen, nach der Art, wie die Szene aufgefaßt wurde.
(…)
© Günter Agde