Inhalt
Der 20-jährige Abram ist schwul – eigentlich nichts besonderes, aber in seinem Heimatdorf in Niederbayern wird er damit zum Außenseiter. Lange versucht Abram, den bösartigen Spott seiner Mitbürger zu überhören. Die als "Hure" verschriene Hannelore ist der einzige Mensch, der ihm Verständnis und Zuwendung entgegenbringt. Derweil steigern sich die Vorurteile der Dorfbewohner zu blankem Hass. Als sich herumspricht, dass Hannelore von Abram schwanger ist, eskaliert die Situation.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Nachdem er in Landshut eine Haftstrafe wegen Homosexualität verbüßt hat, kehrt Barbaras Sohn Abram ins Heimatdorf zurück. Der 20-Jährige sieht sich sogleich mit anklagenden Worten Marias konfrontiert, er habe ihren debilen Sohn verführt, weshalb er nun so sei, wie er ist. Abram, der nicht zu seiner Homosexualität steht, will vor allem sich selbst beweisen, dass er ein „richtiger Mann“ ist, als er mit dem Dienstmädchen Hannelore, die im Dorf allgemein als „Hure“ verunglimpft wird, anbändelt. Hinter der ist freilich der halbe Ort und insbesondere der Knecht Georg her, welcher sich als Alteingesessener gute Chancen ausrechnet, versteht er sich doch bestens mit den Honoratioren des Dorfes, allen voran mit dem Bürgermeister und seiner Gattin, dem Pfarrer und der Lehrerin. Denn bei Abram und seiner Mutter Barbara handelt es sich um Flüchtlinge, also um ortsfremde Zugereiste, was schwer ins Gewicht fällt.
Hannelore, auch eine Außenseiterin im Dorf, gesteht Abram, von ihm ein Kind zu erwarten und verlangt von ihm, dass er sie sogleich heiratet. Er beantwortet ihren hilflosen Erpressungsversuch mit einem Wutanfall, bei dem er sie im Affekt ersticht. Nachdem die Metzgerin Abram angezeigt hat, wird auf seine Ergreifung eine hohe Belohnung ausgesetzt. Es beginnt eine regelrechte Menschenjagd, an der sich alle beteiligen – von der Magd Zenta bis hin zum alten ehemaligen Knecht Hiasl...
Martin Sperr hat mit „Jagdszenen aus Niederbayern“ den Auftakt einer „Bayrischen Trilogie“ geschrieben, uraufgeführt am 25. Mai 1966 am Theater Bremen, es folgten 1968 „Landshuter Erzählungen“ und 1971 „Münchner Kindl“ (später umbenannt in „Münchner Freiheit“). Sperr spielt in der Filmadaption von Peter Fleischmann die Hauptrolle des Mechanikers Abram selbst u. a. an der Seite von Angela Winkler und Hanna Schygulla, die in ihren ersten Rollen in einem abendfüllenden Spielfilm Akzente setzten in einem Ensemble, das aus Profis und Laien vor der Kamera Alain Derobes besteht.
Beim Kinostart sorgte der Film für reichlich böses Blut vor allem in Niederbayern: So tumb, ausländer- und schwulenfeindlich seien die Bauern gar nicht, wie Sperr und Fleischmann sie, so der Vorwurf, in denunziatorischer Absicht hinstellten. Auf dem Dorf haben es gesellschaftliche Außenseiter besonders schwer, denn eine weitgehende Anonymität wie in der Großstadt ist rund um den Kirchturm nicht möglich. Andererseits hat sich Abram dem kaum jüngeren Ernst, der in der Bühnenversion Rovo heißt, homoerotisch genähert, was seinerzeit auch in München zum Skandal gereicht hätte. Während das Themenbündel Krieg und Kriegsfolgen, Heimat und Fremde im Bühnenstück eine größere Rolle spielt, geht es im Film verstärkt um die (Außenseiter-) Rolle der Frau in einer männerdominierten und darin von der katholischen Kirche bestärkten Dorfgemeinschaft.
Pitt Herrmann