Fünf von der Jazzband
Fünf von der Jazzband
Viktoria! Das war ein Sieg. Das war eine Premiere. Dabei zu sein, wie tausend Menschen für ein Werk Feuer fangen, wie sie mit jeder Szene entzückter werden, ganz automatisch beim Ausspielen jedes Regietrumpfs zu klatschen beginnen und schließlich mit freudeglänzenden Augen auf die Straße treten, das ist schon beinahe ein Erlebnis. Nur von der Produktion her können wir beim Film der Krise zu Leibe gehen. Ein Abend wie der gestrige ist Ansporn dazu.
Es sei zuerst einmal die recht seltene Tatsache konstatiert, daß hier ein Film erheblich besser ist als das ihm zugrundeliegende Bühnenstück, das seinerzeit bei der Aufführung im Schauspielhaus einen recht faden Eindruck machte. Die Autoren Hermann Kosterlitz und Curt Alexander haben erkannt, daß der Stoff gehörig umgeformt werden mußte, um eine brauchbare Filmunterlage zu geben. Sie haben die Grundidee aufgegriffen, daß vier Jazz-Musiker durch Zufall zu einer Kollegin kommen, weil der Direktor sie nur in dem Glauben engagiert hat, daß das Mädel zu ihnen gehört. Ein rechter Ärger ist es mit der Kleinen, ihr musikalisches Verständnis reicht nicht einmal bis zum Paukeschlagen, und obendrein gefährdet sie die männliche Eintracht des Kleeblatts.
Die Autoren haben die Vorgänge in ihrem vorbildlich gebauten Drehbuch filmgerecht aufgelöst. Die Kleine, Angestellte einer Bühnenwerkstatt, tritt in Aktion, als sie auf der Spitze einer imposanten Leiter auf die Bühne kippt und mit ihrem Hinterteil gradwegs in der Pauke landet. Die Handlung wird dann weitergeführt, in einem Artisten-Hotel, in einem Amüsierbums mit internationalem Ringerwettstreit, in einem Knutschcafé, auf der Polizeiwache und sonst noch wo, überall Leben und Geschehen, überall stehen Darsteller, die aus winzigen Rollen in wenigen Metern Starleistungen machen. Womit wir bei dem Regisseur Erich Engel angelangt sind.
Was in hundert Kritiken geschrieben wurde, im "Film-Kurier" und anderswo, und was soviele Produzenten bis zum heutigen Tage nicht glauben wollten, wird hier an Hand eines hoffentlich überzeugenden Beispiels demonstriert. Nämlich daß ein Tonfilmregisseur Gefühl für das gesprochene Wort haben muß. Daß ihm das Ohr für jede Sprachnuance ebenso nottut wie der Blick für das Bild. Und daß Leute, die nur sehen und nicht hören können, eben nicht Tonfilmregie führen können.
Den großen Jubel während des Abends gibt es immer dann, wenn ein Satz, der sich im Manuskript bestimmt ganz gewöhnlich liest, plötzlich mit einer Betonung und mit einer Klangfarbe kommt, daß es wie ein elektrischer Schlag in das Hörzentrum der Leute im Parkett geht. Nur ganz große Schauspieler, und auch diese nicht immer, können diesen Ton selbst treffen. Da muß ein Regisseur formen und retuschieren. Und so kommen hier Nebenpersonen zu Erfolg, weil die Regie ihre Szenen nicht als nebensächliche Passagen dreht, sondern sie ebenso wichtig nimmt wie die Auftritte der Hauptdarstellerin. Nur auf diese Weise kann aus einem Stoff, der bei aller Nettigkeit doch schließlich nicht gerade aufregend ist, ein guter Film werden. (...)