Inhalt
Die DDR, Ende der siebziger Jahre. Die Sängerin Solo Sunny tingelt mit ihrer Band durch die Provinz. Trotz aller beruflichen und privaten Rückschläge sowie der Schwierigkeiten, ihre Träume mit den Lebensrealitäten in der DDR in Einklang zu bringen, versucht Sunny, die Hoffnung nicht aufzugeben.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Sunny ist sich ihrer tristen Situation bewusst, lässt sich dadurch aber nicht ihre Träume kaputtmachen. Träume vom großen Starauftritt mit einem anspruchsvollen, nur für sie komponierten und getexteten Programm. Mit Zähigkeit verfolgt sie dieses Ziel – und scheitert gleich beim ersten öffentlichen Auftritt, weil das (männliche) Publikum allenfalls Interesse für ihre Beine und ihren Busen zeigt. Sunny lernt jedoch den Diplom-Philosophen und Hobbymusiker Ralph kennen, der in einer Art Boheme im Ost-Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg lebt und an einer Arbeit über den Tod schreibt, seinen Lebensunterhalt jedoch mit kleineren Veröffentlichungen verdienen muss. Durch ihn taucht Sunny, die bisher nur mit Leuten wie ihrer Arbeitskollegin Christine zusammen war, deren kleinbürgerliche Vorstellungen sich in einer modernen Wohnung in der Trabantenstadt Marzahn und einem Trabi erschöpfen, in eine für sie völlig neue, großartige Welt ein. Vor allem aber sieht sie die Chance, der Provinz-Tingelei zu entkommen. Mit Ralph als Texter, Gatte und Vater eines gemeinsamen Kindes lohnt es sich, völlig neu zu beginnen.
Doch der Philosoph, sehr klischeehaft inmitten altehrwürdiger Folianten in der Studierstube beim Auflegen altindischer Musik abgelichtet, widersetzt sich dem hartnäckigen Einbruch in seine bescheidene Junggesellenfreiheit und die Beziehung bricht auseinander – mit Knalleffekten, die Konrad Wolfs eher leisen Film beinahe kippen. Sunny, die Individualistin, scheitert auch innerhalb des Unterhaltungskollektivs. Nachdem sie den Abbruch eines Gastspiels provoziert hat, landet sie kurzerhand auf der Straße. Aufgelesen von ihrem „Schatten“, dem Taxifahrer Harry, unternimmt Sunny einen letzten Versuch, ins kleinbürgerliche DDR-Normaldasein zurückzukehren. Aber Harrys Welt ist nicht die ihre, und geliebt hat sie ihn ohnehin nicht. Sunny ist am Ende – aber nicht der Film. Der startet durch – mit ihrem Neuanfang. Sunny stellt sich selbstbewusst wie eh und je einer jungen Amateurband als Solosängerin vor. Das ist ihr Metier, da ist sie am besten aufgehoben. Angeschlagen zwar, aber nicht zerbrochen. Und nach den Erfahrungen fest davon überzeugt, ihr Leben nur so zu leben, wie sie es für richtig hält. Ob dieser erneute Versuch von Erfolg gekrönt ist?
Mit seinem letzten Spielfilm „Solo Sunny“ hat Konrad Wolf alle Normen des DDR-Staates über den Haufen geworfen. Sunny passt aber auch in keine der Schablonen eines staatlichen Unterhaltungskünstlers. Der offene Schluss und Konrad Wolfs deutliche Parteinahme für seine Protagonistin mit all’ ihren Ungereimtheiten, ihrer Selbstgerechtigkeit und ihren Fehlern musste bei den SED-Genossen der Kultusbehörden sauer aufstoßen. Denn Sunny kehrt weder an ihren früheren Arbeitsplatz als Verkäuferin zurück noch ist sie bereit, ihre Karriere in einem Ost-Berliner Nachtclub fortzusetzen. Auch die differenziert-kritische Zeichnung des Prenzlberger Bohemiens Ralph ist nicht im Sinne der Partei der Werktätigen: Er ist alles andere als ein materialistisch-dialektisch geschulter Hochschulkader im Dienst der Arbeiterklasse, der die Lehren von Marx und Engels im Kopf und das Bildnis Erich Honeckers über dem Sofa hängen hat. Kein Wunder also, dass Renate Krößner, die bei der 30. Berlinale im Februar 1980 mit dem „Silbernen Bären“ als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde, ihr „Edelmetall“ wieder verlor: Die Statue wurde bei ihrer Einreise in den Ostteil der Stadt vom DDR-Zoll beschlagnahmt – aufgrund der Devisenbestimmungen des SED-Regimes. Doch der Berlinale-Erfolg, dem der Kinostart am 10. April 1980 in der Bundesrepublik folgte, ließ sich nicht verheimlichen – und es bildeten sich rasch so lange Besucherschlangen wie vor einem „Exquisit“-Laden mit „Salamander“-Schuhen aus ansonsten für den Export bestimmter DDR-Produktion. Allein im größten Kino der Hauptstadt, im „International“, lief er 15 Wochen lang en suite. Am Ende hatte er fünf Millionen Besucher im Kino vor der Erstausstrahlung am 6. September 1982 im Fernsehen der DDR.
Pitt Herrmann