Die Nacht der lebenden Loser
Die Nacht der lebenden Loser
Rüdiger Suchsland, film-dienst, Nr. 22, 28.10.2004
"Philip, Mädchen helfen gegen Morgenlatten." Einer der ersten Dialogsätze des Films markiert bereits Geschmack und Subtilitätsgrad des Humors in dieser Mischung aus Teenie-Komödie und Zombie-Horror-Parodie, die zugleich in vielem nahtlos an die Welle der "Paukerfilme" der 1960er-Jahre anknüpft. Wie in anderen schnell und billig produzierten "Klamotten" für ein durch "Erkan & Stefan" (fd 34 198), "Harte Jungs" (fd 34 180) und "Autobahnraser" (fd 36 388) kino-sozialisiertes jugendliches Publikum ist auch in "Die Nacht der lebenden Loser" die stilistische Latte in keinerlei Hinsicht hoch gelegt – vielmehr feiern die bekannten Witz-Stereotypen von "Opas Kino" einmal mehr fröhliche Urständ. Die Geschichte handelt von drei unterschiedlichen Freunden, von denen Philip Fleischhakker im Mittelpunkt steht, ängstlich und unter der Fuchtel überbesorgter, autoritärer Eltern. In ihrer Klasse sind die drei als uncoole "Nerds" verschrien. Eines Nachts werden sie durch Zufall und missglückte Vodoo-Rituale ("Euer Pentagramm hat sechs Zacken, damit könnt ihr höchstens den Zentralrat der Juden beschwören") in Zombies verwandelt. Aus der Leichenhalle fliehen sie und brauchen eine Weile, um ihren neuen Zustand zu realisieren. Daraufhin genießen sie eine Weile die Vorteile ihrer Lage und drehen den Spieß der Klassenverhältnisse um; schmerzresistent und bärenstark leisten sie dem Oberquälgeist erfolgreich Widerstand, gewinnen ein Rugby-Spiel, können ohne Folgen trinken und werden zu neuen Klassenhelden. Plötzlich stellt sich auch der Erfolg bei den begehrten Mädchen ein. Doch zugleich zeigen sich die Nachteile der Zombie-Existenz. Der Hunger auf rohes Menschenfleisch kann zwar noch mit einem ungebratenen Steak zum Frühstück halbwegs unter Kontrolle gehalten werden; doch insbesondere bei Konrad, dem uncoolsten und intellektuellsten der drei, der in der Vergangenheit immer wieder Opfer zahlreicher Quälereien und Demütigungen wurde, dominiert zunehmend die Lust auf Rache. Auge um Auge zahlt er seinen Peinigern alles zurück. Schließlich verspeist er den Sportlehrer, einen von den Schülern "Stalin" genannten Kryptofaschisten, der heimlich schwule Sado-Maso- Rituale bevorzugt. Zunehmend wird auch die Tatsache zum Problem, dass die drei Teenie-Zombies bei lebendigem Leib verfaulen. Einzelne Körperteile fallen ihnen vom Leib: eine Hand oder ein Ohr bei Konrad, ein Hoden bei Philip, gerade als er mit der begehrtesten Blondine der Schule seinen ersten Sex haben möchte. Mit Heftklammern wird alles wieder "vertackert". Innerhalb von 36 Stunden müssen die drei mit einem Gegenmittel versorgt werden, um nicht endgültig der Unterwelt anheim zu fallen. Hier schlägt nun die Stunde der hübschen Gothic- Braut Rebecca. Sie ist nicht nur Philips Nachbarin, Sandkastengespielin und heimlich in ihn verliebt; sie besitzt auch das Zauberbuch Nekronomikon, in dem ein Gegenmittel aufgelistet ist, und im entscheidenden Augenblick das rettende Tröpflein Jungfrauenblut, um dem Gebräu den letzten Schliff zu geben.
Mag sein, dass eine solche Geschichte bei Teilen des anvisierten Zielpublikums tatsächlich ankommt; und dass Sex-Fixiertheit und Pennälerscherze in der Natur eines Films für Pennäler liegen, sei geschenkt. Trotzdem nervt die frauen- und schwulenfeindliche Grundhaltung dieses reinen Jungen-Films, der das weibliche Geschlecht mit wenigen Ausnahmen als willig und notgeil schildert, jederzeit bereit, sich vom sozial und sportlich Erfolgreichsten "flachlegen" zu lassen. Vielleicht braucht ein Deutschland in Depression und Krise ja eine solche Flucht in Humor-Hysterie, jedenfalls sind auch schlechte Filme Ausdruck einer bestimmten Geisteshaltung, und auch Teenie- Komödien hat man schon subtiler gesehen. Regisseur Matthias Dinter inszeniert solide, wenn auch ohne eher störenden Einfallsreichtum. Bemerkenswert ist die unüblich freundliche Darstellung der Gothic-Szene, eine überraschende Wiederaufwertung. Handwerklich ist der Film weitgehend fehlerfrei, allenfalls auffallend schlecht beleuchtet, während die Musik arg niveaulos daherkommt. Tino Mewes, Thomas Schmieder und Collien Fernandes zeigen dafür im Rahmen der Möglichkeiten ansprechende Darstellerleistungen. Womöglich könnte man das Zombietum noch irgendwie als Metapher auf die Pubertät interpretieren – was aber diesem Film nun wirklich zu viel Ehre antun würde.