Männer
Männer
Joe Hill, film-dienst, Nr.4, 18.02.1986
Komödien geraten hierzulande oftmals zum Beginn aller Schrecken: plumpe, einfallslose Witzeleien treten an die Stelle durchdachter Ironie. Deshalb registriert man es um so erfreuter, wenn ein häufig abgewandeltes Thema mit leichter Hand aufbereitet und serviert wird. Anderen wäre diese heitere Studie über zwei Männer zum schrillen Kampfgeschrei geraten, doch Doris Dörrie erliegt dieser Gefahr nicht: In ihren Blickwinkel geraten zwei anfänglich unterschiedliche Männer. Da ist der erfolgsverwöhnte dynamische Julius, der eine ansehnliche Frau, zwei vorlaute Kinder und ein stattliches Haus sein eigen nennt, was ihn aber nicht davon abhält, seine Liebschaften zu pflegen. In die existentielle Krise gerät er, als er am Hochzeitstag, es ist sein zwölfter, erfährt, daß auch seine Frau es mit der Treue nicht mehr so genau nimmt.
Was ihm billig schien, darf seiner Frau nicht recht sein: In seiner gockelhaften Eitelkeit verletzt, erwägt er die sofortige Trennung, entschließt sich aber, erst einmal den Nebenbuhler kennenzulernen. Dieser, Stefan, scheint ihm ein beruflicher Versager; er lebt in den Tag hinein, müht sich hin und wieder als Zeichner, ist verliebt in seine Spielereien mit Frauen und ferngesteuerten Autos und befindet sich ebenfalls in einer Krise. Julius erschleicht sich Stefans Vertrauen, zieht in die Wohngemeinschaft des Nebenbuhlers ein und beginnt langsam, den Konkurrenten um die Gunst der Ehefrau umzupolen, indem er in Stefan beruflichen Aufsteiger-Ehrgeiz weckt. Das Spiel gelingt: der Aufsteiger Stefan, seiner wilden Haarpracht beraubt, in einen eleganten Anzug gesteckt, mit dem obligatorischen Aktenkoffer ausgestattet, Abziehbild seines Konkurrenten, wird für Paula uninteressant, weil sie nun mit ihm das erlebt, was ihr Julius zwölf Jahre geboten hat.
Man täte diesem Film Unrecht, wenn man ihn ihm lediglich die liebevolle, ironische Schilderung des Hahnenkampfes zweier Männer um dieselbe Frau sähe. Doris Dörrie ironisiert nicht nur das saturierte Bürgertum der Generation der Vierzigjährigen, sie glossiert auch die Typen aus der Großstadtszene, die nach dem lautstarken Protest der 60er Jahre innerlich zu stillen Alternativen verkamen, in sogenannte „Beziehungskisten“ eingebunden, voll auf ihre eigenen Probleme ausgerichtet, die sich darin zu erschöpfen scheinen, wie man am besten die leere Zeit mit wenig Aufwand totschlägt. Mitleidlos legt sie die Psyche dieser Männer offen, nicht ohne ihnen eine gewisse Sympathie entgegenzubringen. Ihr kindlich-kindisches Verhalten wird auf den Arm genommen, durch den Kakao gezogen, und letztendlich wird gezeigt, daß heute dem Schein mehr Wert beigemessen wird als dem wahren Sein. Nicht von ungefähr verdient Julius als „art director“, zuständig für Verpackungen diverser Markenprodukte, sein Geld, und nicht von ungefähr wird Stefan für Paula uninteressant, als er, mit den Attributen der Aufsteigergeneration ausstaffiert, seinen Weg nach oben antritt, während seine neuen Chefs die entgegengesetzte Entwicklung nehmen. Wenn es dieser Geschichte auch am Tempo anderer Komödien mangelt und optische Offenbarungen fehlen, zeigt dieser Film doch beachtenswerte Qualitäten, weil sehr sorgfältig, auch im Dialog, gearbeitet wurde.