Inhalt
Friedrich Wilhelm Georg Platow ist ein etwas kauziger aber sympathischer Eisenbahner, genauer Schrankenwärter, 57 Jahre alt. Als seine Strecke modernisiert und der Schrankenwärterposten überflüssig wird, soll er auf den ruhigen Posten an einer Nebenstrecke versetzt werden, während seinen Sohn die Delegierung zu einem Qualifizierungslehrgang erwartet. Doch Platow junior hat keine Lust dazu, und so entschließt sich der Vater, statt ihm dorthin zu fahren. Ausgerüstet mit dessen Papieren erlebt der dadurch um zwanzig Jahre Verjüngte auch privat eine zweite Jugend: Er verliebt sich, freilich hoffnungslos, in eine junge Frau, die, wie er, gerade dabei ist, sich in einer neuen Existenz zurechtzufinden. Der Schwindel fliegt zwar auf, aber Platow wird schließlich auf einem Großstadtbahnhof eingesetzt.
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Fritz Platow kann auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken. Auf den Kampf David gegen Goliath etwa, den er einst im Zirkus Cellini einging, als er es wagte, den „Tiger“ zu bezwingen, um seiner heutigen Gattin zu imponieren und ihrem Vater das Ja-Wort abzuringen. Und auf die Zeit der Nazi-Diktatur, als er sich weigerte, für das NS-Winterhilfswerk zu spenden, was ihm vierzehn Tage später die Einberufung an die Ostfront und letztlich die Kriegsgefangenschaft irgendwo in der Taiga eingebracht hat.
Seit 34 Jahren versieht Fritz Platow seinen verantwortungsvollen Dienst an der Schranke, nun macht die Elektrifizierung der Bahn und die Einführung der Elektronik die „Handarbeit“ an der vielbefahrenen Hauptstrecke überflüssig. Platow soll in ein Bahnwärterhäuschen an einem Nebengleis abgeschoben werden. Seines wird abgerissen, denn die Schranke wird „vollständig durcharomatisiert“: Die neue Zeit bricht sich Bahn...
Doch Fritz Platow will nicht aufs Abstellgleis, will sich nicht zur Ruhe setzen. Und es kommt ihm der Zufall zu Hilfe: Sein Sohn Georg, ebenfalls Eisenbahner, weigert sich, einen Qualifizierungslehrgang zu besuchen. So stehen Fritz, mit Georgs Papieren ausgestattet, nun sechs Wochen lang Vorlesungen und praktische Unterweisungen bevor, sechs Wochen internatsmäßige Unterbringung mit den anderen, im Durchschnitt zwanzig Jahre jüngeren Lehrgangsteilnehmern.
Und Fritz Platow kriegt die Kurve – mit Entschlossenheit und Erfahrung, und mit einer gehörigen Portion Bauernschläue. Am Ende demonstriert er seinem Dozenten Schildt und seinen Kollegen, darunter seinem Stubennachbarn Ditfurt und der herben Malvine, dass er das Prinzip der neuen elektronischen Schaltung begriffen hat – ausgerechnet mit einer kühnen Draisinenfahrt über das verzweigte Reichsbahn-Schienennetz...
Siegfried Kühns wunderbar ironisch-leichter Unterhaltungsfilm aus der Arbeitswelt „Das zweite Leben...“, auch bekannt unter dem Titel „Zug der Zeit“, gehört nicht zum Kanon der Defa-Produktionen, die man unbedingt gesehen haben muss. Aber der Neunzigminüter vereint vor der Kamera Roland Dressels eine erlesene Riege großartiger (Bühnen-) Schauspieler, genannt seien Carmen-Maja Antoni (als Kellnerin), Margit Bendokat (als Mädchen mit Tasse), Fred Delmare (als Platows Vater), Eberhard Esche, Winfried Glatzeder, Ruth Glöß und Rolf Hoppe (als Arzt, der eigentlich Schriftsteller werden wollte und keine Toten sehen kann), aber mit Hermann Beyer und Lothar Warneke auch zwei prominente Defa-Regiekollegen. Und für die Musik sorgt keine Geringere als „die“ DDR-Kultband Puhdys.
Pitt Herrmann