Meine Stunde Null

DDR 1969/1970 Spielfilm

Inhalt

Deutschland 1943. Der Berliner Arbeiter Klaus Hartung wird während des Zweiten Weltkriegs als Soldat an die Ostfront geschickt. Dort fällt er bei einem Spährundgang einer russischen Patrouille in die Hände. In der Gefangenschaft reift in Hartung die Einsicht, dass er sich aktiv für das Ende des Krieges einsetzen muss. Er erklärt sich bereit, gemeinsam mit zwei russischen Soldaten einen deutschen Offizier zu entführen. Im Verlauf ihrer abenteuerlichen Mission entwickelt sich zwischen den einst verfeindeten Männern eine aufrichtige Freundschaft.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ostfront, 1943. Gruppenfoto in einem kleinen russischen Dorf vor einer orthodoxen Kirche am Kübelwagen. Der Gefreite Kurt Hartung, Autoschlosser aus Berlin-Mitte, hat sich höchst ungern vom Alexanderplatz in die Schützengräben des Zweiten Weltkriegs befehlen lassen, aber was wäre die Alternative gewesen? Nach der verheerenden Niederlage von Stalingrad befindet sich die Wehrmacht auf dem Rückzug, aber einige Offiziere wie Major Steckbeck (der Regisseur Kurt Jung-Alsen in seiner einzigen großen Kinorolle) geben die Parole aus, die Sowjetarmee sei gerade durch den Kampf der 6. Armee bis zur letzten Patrone entscheidend geschwächt worden.

Als eine „Nähmaschine“, so wird das russische Doppeldecker-Flugzeug Polikarpow Po-2 aufgrund des Motorengeräusches genannt, über dem Dorf eine Bombe abwirft, befiehlt Steckbeck aus einer Laune heraus Hartung, der so etwas noch nie gemacht hat, den Blindgänger zu entschärfen. Zwei Kameraden (Ralph Boettner und Ernst-Georg Schwill) begleiten ihn durch ein Waldstück bis zu einer Sandgrube, in welcher die Bombe schadlos explodieren kann. Weil durch den Druck aber ein Fenster in der Schreibstube zu Bruch geht, lässt der perfide Offizier eine „Heldentod“-Nachricht an Hartungs Eltern verfassen.

Voreilig, denn wenig später meldet der scheinbar Verstorbene vorschriftsmäßig Vollzug. Was Steckbeck nicht versöhnlich stimmt: er schickt Hartung an der Seite des Ostpreußen Blumhagen auf Spähtrupp an die Front. Beide versichern sich gegenseitig, nicht zu Helden geboren zu sein und nach Möglichkeit abhauen zu wollen. Als sie unter Feindbeschuss geraten, wird Letzterer erschossen und Hartung gefangen genommen. Oberleutnant Netrebin und Angehörige des Nationalkomitees Freies Deutschland versuchen, den unpolitischen Gefreiten für eine wahnwitzig erscheinende Aktion zu gewinnen: ein Stabsoffizier der Wehrmacht soll entführt werden, damit dieser der Roten Armee Hinweise auf die weiteren Pläne der Deutschen verrät.

„Mein Krieg ist es nicht“ bekundet Hartung, es sei aber auch nicht der Krieg seiner Kameraden. Dennoch gelingt es Netrebin, den gefangenen Deutschen zu überzeugen, dass es für alle Seiten von Vorteil ist, wenn der Krieg so schnell wie möglich beendet wird und die Verluste so gering wie möglich gehalten werden. Nachdem er in einem Propagandafilm zur Stärkung der Moral der eigenen Truppe gesehen hat, dass die Rote Armee keineswegs geschlagen ist, willigt Hartung ein, das Himmelfahrtskommando zusammen mit Oberleutnant Gornin, einem Deutschlehrer aus Leningrad, und dem jungen, hitzköpfigen Sergeant Mitja als Aufpasser zu wagen.

Zunächst lässt sich der Plan gut an: Hartung kann zu Diegenhardt und Meyer, die lebende Schweine und bereits verarbeitete Fleischprodukte zum Regiment fahren, in den Laster steigen. Mit dem Stabs-Zahlmeister Schäfer gelingt es, zumindest einen Hauptmann festzusetzen und bei Mitja zurückzulassen. Ziel aber bleibt die Entführung von Major Steckbeck - und bei der Umsetzung kommen dem unverfrorenen Draufgänger Hartung und dem besonnenen Gornin eine Reihe von Zufällen zu Hilfe, mehrfach auch „Feindbeschuss“. So beobachten sie, wie der Wachmann Wilhelmi eine Kiste Wein aus Wehrmachtsbeständen beiseiteschafft. Er wird ihnen nach geglücktem Coup, Steckbeck feiert gerade seine Beförderung zum Oberstleutnant, ohne Ausweiskontrolle die Schranke der Bataillonskommandantur öffnen…

„Meine Stunde Null“, am 28. April 1970 parallel in den benachbarten Ost-Berliner Kinopalästen Kosmos und International uraufgeführt, lebt allein von der augenzwinkernden Komik Manfred Krugs: Sein Gefreiter Kurt Hartung ist von Schwejkschem Gemüt, verhält sich aber, wenn Mut und Durchsetzungsvermögen gefragt sind, alles andere als brav. Während die DDR-Kritik sich weniger begeistert zeigte über einen „Hoppla-jetzt-komm-ich“-Typen auf Totalvision-Breitwand, der locker-flockig durch Bombentrichter robbt, und über einen Oberst, der mitten im Bombenhagel unverdrossen klassische Musik auf dem Flügel spielt, verkauften die Bezirksfilmdirektionen nach dem Kinostart am 1. Mai 1970 eine halbe Million Karten allein bis zu den Sommerferien.

Friedrich Salow in der populären DDR-Illustrierten „Filmspiegel“ (11/1970): „Grundsätzlich geht es doch wohl um das Problem, ob die historische Realität gewahrt bleibt, gleichzeitig wohl auch darum, ob der Film den Gefühlen der Millionen Bürger unserer Republik Rechnung trägt, die mit dem Krieg die verschiedenartigsten, im letzten aber erschütternde Erlebnisse und Erinnerungen verbinden.“ Klaus Wischnewski, zu DDR-Zeiten Kritiker der Fachzeitschrift „Film und Fernsehen“, hält den Versuch Jo Haslers, den Zweiten Weltkrieg heiter-ironisch zu erzählen, für gescheitert und zählt „Meine Stunde Null“ zu den „unerlaubt schwachen Arbeiten“ der Defa zu Beginn der 1970er Jahre (in: „Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg“, Berlin 1994).

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
91 min
Format:
35mm, 1:2,35 (Totalvision)
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 28.04.1970, Berlin, International / Kosmos

Titel

  • Originaltitel (DD) Meine Stunde Null

Fassungen

Original

Länge:
91 min
Format:
35mm, 1:2,35 (Totalvision)
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 28.04.1970, Berlin, International / Kosmos