Der Galeerensträfling. 1. Teil
Der Galeerensträfling
L., Film-Kurier, Nr. 116, 19.10.1919
Nach Motiven Balzac"scher Romane hat Paul Wegener einen "phantastischen Film aus der Verbrecherwelt" verfaßt, die Geschichte zweier Galeerensträflinge, die aus ihrem schwimmenden Gefängnis fliehen und sobald sie in Freiheit sind, ihr früheres Verbrecherleben wieder aufnehmen. Man muß sagen, daß in der ganzen Art der Erzählung und der darin gewählten Gestalten etwas an Balzacs Erzählungsart erinnert. Arme adlige schöne Mädchen, Testamente, der arme Student in Paris, die Oper, der Polizeipräfekt, das Duell im Wäldchen, der Pensionstisch und eine durchgehende epische, fast gemütlich-beschauliche Art zu erzählen, geben diesem Film eine eigene Note. Wenn man dem Wesen des Film, mehr nach der epischen Seite hin Zugeständnisse macht und ihn gefilmten Roman sein läßt, so erfüllt dieser Film alle Ansprüche. Zuletzt sind die Titel vielleicht etwas zu umfangreich und die Handlung zu durchsichtig. Die Aufnahmen von den Galeerensträflingen sind von seltener Wucht und Schönheit. Die Regie von Rochus Gliese gab schöne Bilder und wahrte einen einheitlichen Stil. Die Bauten von Kurt Richter sind schon bei anderer Gelegenheit ausführlich gewürdigt worden. Frederic Fuglsang sorgte für scharfe kunstreiche Bilder. Die Hauptrolle spielte Paul Wegener. Schon äußerlich wie kein anderer für diese Rolle geschaffen, gab eine Figur brutal-verbrecherisch, den Typ eines alten Sträflings, der trotz aller Rücksichtslosigkeit ein weiches Herz für seinen Kameraden im Elend hat. Paul Wegeners Filmkunst sind große starke Gesten und ein Gesicht, dem er den mannigfaltigsten Ausdruck zu geben weiß. Den anderen Galeerensträfling spielte Ernst Deutsch, routiniert und für die Rolle geeignet, Lyda Salmonova mit zarten Bewegungen und wunderbarem Décolleté gab eine Balzacsche Frauenfigur. In den anderen Rollen waren Paul Hartmann, Else Berna, Sophie Pagay, Martin Lübbert, Jakob Tiedtke und Ernst Sturm beschäftigt und vervollständigten das erstklassige Ensemble. Der Film gefiel außerordentlich und gab zu lebhaften Beifallskundgebungen Anlaß.