Eolomea

DDR 1971/1972 Spielfilm

Bilder der Zukunft auf der Leinwand


Rolf Richter, Neues Deutschland, Berlin/DDR, 30.9.1972


(…) Autor Angel Wagenstein will in "Eolomea" neben dem Spiel mit der Technik ein philosophisches Problem diskutieren. Ihn interessiert, ob und wie die Besessenheit des Arztes, der ein neugefundenes Serum an sich selbst ausprobiert, in Zukunft erhalten bleibt. Er erfindet die Geschichte einer Gruppe junger Leute, die mit Unterstützung eines alten Gelehrten (Rolf Hoppe), aber ohne Wissen der Weltraumbehörde einen Flug ins All wagen. Die Handlung wird nicht ungeschickt vorgetragen. Wagenstein gruppiert die Ereignisse wie einen Kriminalfall. Die Reise geht den Signalen eines Sternes nach, die möglicherweise von lebenden Wesen herrühren. Würde diese Hypothese auf einem Irrtum beruhen, bedeutet dies bei der langen Dauer der Fahrt den Tod.

Die sich mit diesem Ereignis verknüpfende Diskussion berührt nicht nur das Problem, ob der Fortschritt menschlichen Wissens immer wieder des selbstlosen Einsatzes einzelner bedarf oder welche Verantwortung der Wissenschaftler vor seiner Zeit hat, sondern in groben Umrissen wird darüber hinaus nach dem Lebenssinn des Menschen in einer zukünftigen Gesellschaft gefragt. Aber diese Diskussion bleibt abstrakt, das Bild von einer künftigen Welt bekommt keine festen Umrisse. Warum wird die Fahrt zu jenem Stern nur durch eine List möglich? Wie steht es um den Spielraum der persönlichen Verantwortung? Wie haben sich die Verhältnisse der Menschen zueinander geändert? Alles Fragen, die zu einem großen Teil offenbleiben.


Die Entscheidungssituationen sind zu gradlinig. Die Charaktere unausgeprägt. In der Liebesgeschichte erscheint der Mann (Ivan Andonov) in der Pose des Eroberers, der entschlossen die Frau umwirbt. Sie, Vorsitzende des Forschungsrates (gespielt von Cox Habbema), hat kaum Gelegenheit, dieses doch in Zukunft antiquierte Verhältnis zu ironisieren. Im Verhalten der Menschen, in ihrem Geschmack, in den Gegebenheiten ihres Alltags trifft man zu häufig und ohne den notwendigen Witz auf gegenwärtige Klischeevorstellungen. Zu wenig wird unsere Phantasie angeregt und beansprucht, es gibt kaum Überraschungen. In den Details des Alltags findet sich zu wenig vom philosophischen Ausgangspunkt. Das ist auch ein Mangel der Regie. (…)

Es wäre ungerechtfertigt, von einem utopischen Film in jedem Falle das philosophische Gesellschaftsbild zu fordern. Es ist auch eine hellere, spielerische Variante denkbar, die die uns betreffenden Widersprüche auflöst und witzig mit den technischen Möglichkeiten umgeht. Günther Fischers Musik hatte viel von dieser Lockerheit. Erstaunlich, wie der junge Komponist den Erfordernissen des Mediums gerecht wird.

Die Spannweite des utopischen Films ist unerschöpflich und reicht vom heiteren Spaß bis zum großen Gesellschaftsbild, vom Kriminalfilm bis zur Alltagsgeschichte. Fast alles ist noch zu erproben. Es ist beabsichtigt, innerhalb der DEFA eine spezielle Gruppe zu bilden, die sich mit dem utopischen Film beschäftigt. An Interessenten für die Filme wird es nicht fehlen.

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