Der alte Fritz. 2. Ausklang
Der alte Fritz. 2. Ausklang
Unter des Autors Hans Torius Händen formt sich der "Ausklang" eines großen Lebens und einer sterbenden Zeit zum geschlossenen Drama. Keine Episödchen mehr, lose aneinandergereiht – sondern: zum Kunstwerk gestalteter Stoff. Ein rundes geschlossenes Ganze; vom Autor in flüssiger Diktion, in durchaus persönlichem, aus dem Charakter des Themas geschöpftem Stil geschrieben.
"Der ate Fritz" also ist nicht nur Aushängeschild für ein paar Tableaus aus fridericianischer Zeit. Es war dem Autor wirklich um Friedrich selbst zu tun, um den Menschen. Und es ist ihm ernst, bitter ernst mit diesem Menschen, diesem Manne Friedrich. Sein Charakterbild, seines Wesens Besonderheit und (vor allem) hinter den äußeren seine inneren Konturen aufzudecken, lebendig zu machen. Er hat sich dabei mit strengster Selbstkontrolle nur spezifisch filmischer Mittel bedient. Die Transposition alles dessen, was zum Porträt, zum Epos Friedrichs des Großen gehört, im Bildausdruck ist restlos gelungen. Bild fügt sich in Bild. Wesenszug in Wesenszug; und erzählt in von klarem, schwellendem Rhythmus durchströmter Folge, was über Friedrich zu sagen ist; schafft im Beschauer die leibhafte Vision des Charakters, des Genies. (...)
Spricht man von der Inszenierung dieses Filmwerkes, so muß man ein Wort über die Gesinnung aussagen, aus der heraus Gerhard Lamprecht es geschaffen hat. Es macht Gerhard Lamprechts Charakter alle Ehre, daß er sich durch die in diesem Stoff liegenden Lockungen zu billigen und billigsten Effekten nicht von der künstlerischen Aufgabe hat ablenken lassen, ein großartiges und geschlossenes Porträt des alternden Friedrichs zu geben, seinen Film ganz auf die Charakterstudie einzustellen. Selbstverständlich muß man sich bei einem Film "Der alte Fritz" von vornherein grundsätzlich darüber klar sein, daß die soldatisch-heldische Note aus einem Bilde, in dem sie sich in seltsamem Widerspruch mit seinen philosophischen und künstlerischen Neigungen mengte, nicht wegzudenken ist. (Gerade in diesem Punkt hatten wir beim ersten unsere Ausstellungen.) Friedrich, der Heerführer und Militär, kommt jetzt zu seinem Recht. Aber folgerichtig nur so weit, als es das Gesamtbild seines Wesens bedingt, nicht als Paradestück eines wohlfeilen Amüsier-Patriotismus. Auch die anderen tragischen Kurven seiner inneren Widersprüche sind unerbittlich herausgearbeitet und geben dem Film sein inneres dramatisches Leben. Wir erleben Friedrich als den Despoten, wir sehen ihn als von Menschen-Verachtung verzerrtes Gespenst, vor dem "die Kreaturen zittern", durch Sanssouci schleichen – wie wir ihn als den Landesvater sehen, dem sich die schlichte Müllerin gläubig nähert. Kurz: wir erleben diesen großartigsten, seltsamsten und innerlich widerspruchsvollsten aller genialen Menschen – Friedrich. Das ist ein Film, den der Regisseur "Verrufenen" jeden Augenblick vor sich und der Welt verantworten kann.
Auch die zahllosen Gestalten um Friedrich herum sind bis zur kleinsten Charge von Lamprecht zu überzeugendem Leben geformt. Kein noch so kleiner Auftritt ohne eine persönliche Nuance und ohne eine innere Notwendigkeit und Beziehung zum Ganzen. Es erübrigt sich, einzelne Namen zu nennen. Die Personen fließen mit der Szene zusammen, werden mit ihr und in ihr zum farbigen, atmenden Bild. Selten sah man in einem Film durchweg eine Bildgestaltung von dieser Vollkommenheit, von dieser Kultur. Es ist eine Welt durch ein Malerauge gesehen. Hier ist man dem Photographen Karl Hasselmann und dem Architekten Otto Moldenhauer die Nennung ihrer Namen als Mitschöpfer schuldig.