Abbuzze!
Abbuzze! Der Badesalz-Film
Hans Messias, film-dienst, Nr. 3, 30.01.1996
Tja, Komik ist so eine Sache, Hessisch die andere. Und wenn beide zusammenkommen, dann kann das ganz, ganz fürchterlich werden. Nichts gegen die Familie Hesselbach, die unbestritten Fernseh-Verdienste hat, schon eher was gegen den "Blauen Bock", der sich Kalauerbabbelnd und Äppelwoi-fröhlich in deutsche Wohnzimmer zwängte. Nun hat das Kabarettisten-Duo "Badesalz" (Gerd Knebel, Henni Nachtsheim) zur erneuten Hessen-Offensive geblasen. Was auf der Kleinkunst-Bühne für ein handverlesenes Publikum noch recht witzig sein kann, stößt im Kino rasch an seine Grenzen. Gags und Witze - zumeist der geschmacklosen Art - werden munter abgefackelt, als müßte auch noch der dümmste Witz heute an den Mann gebracht werden, weil seine Erfinder seinem Haltbarkeitsdatum nicht trauen. Als Rahmenhandlung dient die - zugegeben - beklemmende Geschichte des Versicherungsvertreters Erich, der in einem anonymen Wohn-Hochhaus im Fahrstuhl eingesperrt ist. An seiner Seite ein garstiges Faktotum, das ihn auf die durch die Umstände gegebenen Möglichkeiten seiner Person reduziert. Das ist eine Idee, aber noch lange kein tragfähiger Film. Um diese Idee hat "Badesalz" Geschichten gesponnen, die nur ganz lose, ganz am Rande, oft gar nicht mit der Ausgangssituation verbunden sind. So lernt man ein erwachsenes Findelkind kennen, das bei seiner Pflegefamilie wie die Made im Speck lebt und der jungen, üppig ausgestatteten Mutter an die Wäsche will; wird mit einem Muttersöhnchen vertraut, der seine Klassenkameraden zu Blutwurst verkocht; hat das zweifelhafte Vergnügen, eine Wohnung demolierende Altrocker kennenzulernen, die sich als Angestellte eines Wachdienstes entpuppen; sieht einen Bauern-Stadel im Piercing-Fieber; Proleten im Fitness-Studio; bescheuerte Hausmeister und vieles andere mehr.
Das alles mag das sein, was man sich in den 90er Jahren unter "Proletkult" vorzustellen hat. Tom Gerhardt ("Voll Normaaal", fd 31 072) oder Helge Schneider ("00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter", fd 31 134) haben vorgemacht, daß es offensichtlich einen Bedarf an minimalistischer Komik gibt, die sich auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen gibt, und der häufig der Beigeschmack des Denunziatorischen anhaftet. Es ist unbestritten, daß "Badesalz" mit der Verzerrung von Proleten und Unkultur diese anprangern wollen, ebenso unbestritten dürfte jedoch auch sein, daß diese Schüsse nach hinten losgehen können. Piercing und Rülpsen sind nun mal eben mindestens so geil wie Body Building, je nach dem, welcher Adressat die Botschaft erhält. Fatal wird es allerdings, wenn ausländerfeindliche Vorurteile zum Zwecke der vermeintlichen Aufklärung in Sketche gegossen werden, wenn der Grieche seinen Abfall-Auflauf als typisches Landesgericht ausgibt und der Türke in seinem Döner tote Ratten serviert. Hier sind die Grenzen des guten Geschmacks dann wirklich überschritten.
Ein Film ist das Ganze ja auch noch. Also zur Filmkritik: Die Bilder sind nicht verwackelt und auch ausgeleuchtet. Was will man mehr!