Hasenherz

DDR 1986/1987 Spielfilm

Inhalt

Nichts ärgert die schüchterne Janni mehr, als wenn sie immer wieder für einen Jungen gehalten wird. Da passiert es ihr auch noch, daß ein Regisseur ausgerechnet sie für die Rolle des Prinzen in einem Märchenfilm aussucht! Erst macht Janni dann auch alles falsch, um die Rolle wieder los zu werden. Aber bei den Dreharbeiten freundet sie sich immer mehr damit an: Sie muß viel Mut aufbringen, um die Situation zu meistern. Auch in der Wirklichkeit geht es drunter und drüber: Jannis neue Freundin Sabine hält sie für einen Jungen und verliebt sich in sie, und Janni selbst verliebt sich in Sabines großen Bruder, der sie auch für einen Jungen hält.

Quelle: Kinderfilm online

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Schwimmunterricht mit der Schulklasse. Die Jungs unter der Dusche machen sich einen Scherz mit einem ausgestopften Mädchen-Badeanzug. Das zielt gegen Jeanette, von allen nur Janni genannt. Denn der durchaus hübschen, aber kleinen und vergleichsweise schmächtigen Dreizehnjährigen fehlt, was etwa ihre Klassenkameradin Birgit in den Augen der Jungs so begehrenswert macht: weibliche Rundungen.

Auch in den Augen des sportlichen, ungemein gut aussehenden Michael, weshalb Janni, die ihn anhimmelt, keine Chance hat. Wer sich nicht wohlfühlt in seiner Haut, der ist auch nicht gut drauf – und wird von den anderen entsprechend angemacht (das Wort Mobbing gabs Ende der 1980er Jahre noch nicht). Als Janni im Deutschunterricht ihr Lieblingsgedicht vorträgt, es stammt zur durchaus positiven Überraschung der Lehrerin von Heinrich Heine, zirkuliert hinter ihrem Rücken eine Spottzeichnung, in der Birgit die vergebliche Liebe Jannis zu Michael durch den Kakao zieht.

Janni ist verzweifelt – und dann auch das noch: Der Defa-Regisseur Berger und sein Assistent Hupe suchen für die Märchenproduktion „Prinz Hasenherz“ den Titeldarsteller – und meinen ihn ausgerechnet in Janni gefunden zu haben. Weil sie das Mädchen für einen Jungen halten. Doch Berger bleibt bei seiner Auffassung, gewinnt Jannis alleinerziehende Mutter für das Experiment – und sollte Recht behalten: Obwohl Janni bei den Probeaufnahmen in Babelsberg konsequent das Gegenteil von dem macht, das ihr vom Regisseur vorgegeben wird, was den Kameramann schier in den Wahnsinn treibt, kann er sich keine bessere Besetzung für einen zarten, fast zerbrechlichen und überaus ängstlichen Prinzen vorstellen.

„Die Hauptbeschäftigung beim Film ist Warten“ weiß ein Komparse, als es in den Babelsberger Defa-Studios zur Sache geht. Janni hat in der Schule erzählt, dass sie eine Prinzessin spielt. Was nur für die erste Probe mit der Kostümbildnerin (Heide Kipp) gilt, danach hat sie mit immer größerer Begeisterung das Prinzenkostüm getragen. Denn Janni findet nach anfänglichen Problemen, die auch der Defa-Kinderbetreuerin (Renate Heymer) manche Sorgenfalten bescheren, am Set die Anerkennung, die ihr unter Schulkameraden fehlt, nachdem sie sich die Worte des Regisseurs Berger zu Herzen nimmt: „Nur wer sich überwindet, wächst über sich hinaus.“ Sie lernt, mit riesigen, aber äußerst friedlichen Doggen umzugehen und keine Angst vor einem großen, aber schon etwas betagten und lammfrommen Pferd zu haben.

Als sie auf dem Heimweg einem Mädchen nach einem Fahrradunfall hilft, lernt sie Sabine kennen. Welche sich sogleich in diesen schmucken Jungen verliebt und ihm nicht von der Seite weicht. Was Janni sich nur gefallen lässt, um in Sebastians Nähe sein zu können, hat sie sich doch gleich bei der ersten kurzen Begegnung in Sabines Bruder verliebt. Der gehört zu einer jungen Fechtergruppe und führt sie in den Sport ein, was ihr bei den Dreharbeiten nützt: denn ihr Prinz Hasenherz soll reiten, fechten und kämpfen lernen, kurz: ein rechter Held werden, um den bösen feuerspeienden Drachen besiegen zu können.

Als ihre Oma (Gisela Morgen) zu Besuch kommt mit einem reichhaltigen Lebensmittelpaket vom Lande, überrascht Janni sie im Prinzenkostüm. Und Sabine gleich mit. Doch bei turbulenten Außendreharbeiten im Park von Sanssouci, wo der Requisiteurin (Susanne Schwab) ein weißes Kaninchen ausbüxt, wird offenbar, dass Janni ein Mädchen ist – zum Entsetzen der neuen Freundin wie zur Schadenfreude ihres Bruders. An dem der Märchenprinz nach wie vor brennend interessiert ist, zumal Birgit und Michael nun fest zusammen sind. Nach einer überraschenden Geburtstagsfete im mittelalterlichen Set des Märkischen Museums fühlt sich Janni in ihrer neuen Film-Familie pudelwohl. Allerdings rückt der Drehschluss näher und damit die Rückkehr in den ungeliebten Schulalltag. Der sehr einfühlsame Regisseur Berger, inzwischen so etwas wie ein Vaterersatz geworden, macht ihr Mut: Mit der Langhaarperücke der Maskenbildnerin (Constanze Roeder) sorgt Janni für anerkennende Blicke der Klassenkameraden, mit einem feschen neuen Hut für entsprechende Reaktionen auf der Straße.

Janni lädt alle zur Filmpremiere ein – und alle kommen, sind begeistert, selbst Sabine. Nur der wichtigste fehlt: Sebastian. Den muss sich Janni auf dem Rücken von Jonas einfangen, der sich plötzlich als gar nicht so klappriger alter Zosse herausstellt...

Gunter Friedrich gelang mit „Hasenherz“ ein großer Wurf, der beiderseits des Eisernen Vorhangs mit Lob und Auszeichnungen überschüttet wurde. Nach der Pankower Uraufführung gabs bei der 38. Berlinale 1988 den Preis der Unicef sowie den Preis der Kinder-Jury und im gleichen Jahr beim 6. Kinderfilmfestival in Essen die Auszeichnung „Blauer Elefant“. Beim 6. Nationalen Festival „Goldener Spatz“ für Kinderfilme der DDR gab es 1989 in Gera den Sonderpreis des Oberbürgermeisters sowie den Preis „Der Findling“ der ZAG Filmklubs beim Ministerium für Kultur der DDR.

„Hasenherz“ macht jungen Mädchen Mut, zu ihrem Geschlecht und zu ihrem Körper zu stehen, auch wenn er nicht gleich auf den ersten Blick den Normen entspricht, die eine zunehmend kommerzialisierte Gesellschaft meint aufstellen zu müssen. Ende der 1980er Jahre war man in der DDR glücklicherweise noch weit von amerikanischen Verhältnissen entfernt, wo bereits Kleinkinder in Casting-Shows und auf Lolita getrimmt auf Catwalks geschickt werden von verantwortungslosen ehrgeizigen Eltern.

„Hasenherz“ stärkt das Selbstbewusstsein junger pubertierender Mädchen – und, ja, auch gleichaltriger Jungen mit ähnlichen Schwierigkeiten, sich beim Blick in den Spiegel nicht immer an anderen zu messen, sondern ganz den eigenen Stärken zu vertrauen. Wer im Schwimmbad beim Startsprung ins Becken platscht wie eine schwangere Ente, kann in der Klasse mit einem Liebesgedicht Heinrich Heines punkten, wenn zunächst auch nur bei der Lehrerin. Der Familienfilm spricht auch Eltern, Lehrer und Erzieher an, lieber zwei- oder dreimal hinzusehen. Und das ganz ohne gehobenen moralischen Zeigefinger, sondern mit einer überragend präsenten Bettina Hohensee in der Titelrolle an der Seite eines großartigen Ensembles.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • Berlin-Ost
Länge:
2135 m, 78 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 13.12.1987, Berlin, Colosseum

Titel

  • Originaltitel (DD) Hasenherz

Fassungen

Original

Länge:
2135 m, 78 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 13.12.1987, Berlin, Colosseum